Heinrich Mann: Ein Zeitalter wird besichtigt.

Ein Zeitalter wird besichtigt

„Auf ebendieselbe Weise hat der große Essayist sich vollendet in … einer Autobiographie als Kritik des erlebten Zeitalters von unbeschreiblich strengem und heiterem Glanz … Ja, ich bin überzeugt, daß die deutschen Schullesebücher des einundzwanzigsten Jahrhundert Proben aus diesem Buch als Muster führen werden.“

(Thomas Mann, Brief über das Hinscheiden meines Bruders Heinrich, 1950)

Heinrich Manns Lebenserinnerungen „Ein Zeitalter wird besichtigt“ wurden nicht nur von seinem Bruder Thomas hochgelobt, sondern zählen bis heute zu den beliebtesten und meistgelesenen Büchern des Autors. Hier als vollständige Taschenbuch-Neuausgabe.

„Ein Zeitalter wird besichtigt“ – Zusammenfassung

Taxis to Hell – and Back – Into the Jaws of Death, von Robert F. Sargent, CPhoM, USCG. Originalbeschreibung: „Amerikanische Invasoren springen von der Rampe eines Landungsbootes der Küstenwache, um die letzten gefährlichen Meter zum Strand der Normandie zu waten. Feindfeuer wird einige von ihnen niederstrecken. Ihr „Taxi“ wird sich vom Strand zurückziehen und zu den Truppentransportern der Küstenwache zurückrasen, um weitere Passagiere zu holen.“

Heinrich Manns „Ein Zeitalter wird besichtigt“ ist eine faszinierende autobiografische Arbeit, in der der Autor nicht nur sein eigenes Leben reflektiert, sondern auch die politischen und kulturellen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts kritisch betrachtet. Die Memoiren bieten einen tiefen Einblick in Manns Gedankenwelt, sein literarisches Schaffen und seine Auseinandersetzung mit den bedeutenden Ereignissen seiner Zeit.

Das Werk, das posthum im Jahr 1945 veröffentlicht wurde, umfasst einen Zeitraum von etwa fünf Jahrzehnten, beginnend mit Manns Kindheit und Jugend in Lübeck bis hin zu seinen Erfahrungen im Exil während des Zweiten Weltkriegs. Dabei zeichnet Mann nicht nur ein persönliches Porträt seiner Familie und seiner intellektuellen Entwicklung, sondern auch ein eindrucksvolles Bild der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen, die er miterlebte.

In „Ein Zeitalter wird besichtigt“ beschreibt Mann seine frühen Jahre in einer konservativen, bürgerlichen Familie, die von strengen Wertvorstellungen geprägt war. Er reflektiert über seine schwierige Beziehung zu seinem Vater, dem Lübecker Senator Thomas Johann Heinrich Mann, und seine enge Bindung an seinen Bruder Thomas Mann, der ebenfalls ein renommierter Schriftsteller wurde.

Ein zentrales Thema in Manns Memoiren ist seine intellektuelle und künstlerische Entwicklung. Er beschreibt seine ersten literarischen Versuche, seine Auseinandersetzung mit den Werken großer Denker und Schriftsteller seiner Zeit und seinen Weg zur eigenen literarischen Stimme. Dabei gibt er Einblicke in seinen Schreibprozess, seine Ideen und Motivationen und die Herausforderungen, mit denen er als Schriftsteller konfrontiert war.

Besonders fesselnd sind Manns Beschreibungen der politischen Ereignisse und gesellschaftlichen Veränderungen seiner Zeit. Er reflektiert über den Ersten Weltkrieg und seine Folgen, die Weimarer Republik und den Aufstieg des Nationalsozialismus. Mann analysiert die politischen Strömungen seiner Zeit, kritisiert den aufkommenden Faschismus und warnt vor den Gefahren des Totalitarismus.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von „Ein Zeitalter wird besichtigt“ ist Manns Exilerfahrung während des Zweiten Weltkriegs. Er beschreibt seine Emigration aus Deutschland, seine Zeit in Frankreich und den USA und seine Bemühungen, im Exil weiterhin literarisch tätig zu sein. Dabei reflektiert er über die Herausforderungen des Exils, die Sehnsucht nach der Heimat und seine Hoffnungen für eine bessere Zukunft.

Skizzen und Porträts historischer Persönlichkeiten

In „Ein Zeitalter wird besichtigt“ präsentiert Heinrich Mann eine Vielzahl von Skizzen und Porträts, die lebendige Einblicke in die historischen Persönlichkeiten und Ereignisse seiner Zeit geben. Diese Skizzen und Porträts dienen dazu, das breite Spektrum der politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Landschaft Europas zu beleuchten.

Eine der bemerkenswertesten Skizzen ist die Darstellung von Kapitän Langsdorf, dem Kommandanten des deutschen „Westentaschenschlachtschiffs“ Admiral Graf Spee, der sich am 19. Dezember 1939 in Buenos Aires selbst erschießt. Dieses Ereignis wirft ein Licht auf die Verzweiflung und das Ende einer Ära, während Deutschland im Zweiten Weltkrieg verstrickt ist.

Heinrich und Thomas Mann

Ein weiteres markantes Porträt ist „Mein Bruder“, eine Hommage an Thomas Mann, den berühmten Schriftsteller und Bruder von Heinrich Mann.

Diese Darstellung würdigt die Beziehung zwischen den beiden Brüdern und reflektiert die Anerkennung und Bewunderung, die Heinrich für Thomas empfand.

Des Weiteren skizziert Heinrich Mann die politische Landschaft der Weimarer Republik und die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland.

Er beschreibt den „kranken, von niemandem geschonten“ Reichspräsidenten Ebert sowie den „Raufbold“ und „Wagehals“ Bismarck, der den Literaten und „Streithengst“ Ferdinand Lassalle empfängt.

Zusätzlich werden auch persönliche Beziehungen und kulturelle Ereignisse porträtiert, wie die Treffen mit dem geliebten Freund Arthur Schnitzler oder die Auftritte von Tilla Durieux in Berlin. Diese Porträts vermitteln ein Gefühl für die intellektuelle und künstlerische Atmosphäre der Zeit, in der Heinrich Mann lebte.

Insgesamt bieten die Skizzen und Porträts in „Ein Zeitalter wird besichtigt“ eine facettenreiche Darstellung der historischen und kulturellen Landschaft Europas während des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie ermöglichen dem Leser einen tiefen Einblick in die Menschen und Ereignisse, die das Zeitalter geprägt haben, und ergänzen so Heinrich Manns persönliche Erinnerungen und Reflexionen.

Häufige Fragen

Was ist „Ein Zeitalter wird besichtigt“ und wann wurde es veröffentlicht?

„Ein Zeitalter wird besichtigt“ sind die Memoiren von Heinrich Mann, geschrieben zwischen 1943 und dem 23. Juni 1944 im kalifornischen Exil und im März 1946 erstmals in Stockholm veröffentlicht.

Welchen Zeitraum decken die Memoiren ab?

Die Memoiren behandeln die Geschichte Europas von der Französischen Revolution bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs und der absehbaren Zertrümmerung des Großdeutschen Reiches.

Welche Themen werden in „Ein Zeitalter wird besichtigt“ behandelt?

Heinrich Mann analysiert in seinen Memoiren politische und gesellschaftliche Ereignisse, beginnend mit der Französischen Revolution über das „umfängliche Phänomen“ Napoléon bis hin zum wilhelminischen Deutschland. Besonders detailliert beschäftigt er sich mit der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus, bis er es schließlich mit dem D-Day enden lässt.

Welche Staaten werden in den Memoiren charakterisiert?

Mann beschreibt in seinen Memoiren 19 Staaten, darunter unter anderem die Weimarer Republik, das nationalsozialistische Deutschland, die Sowjetunion, das Britische Commonwealth und Frankreich.

Wie datiert Heinrich Mann Anfang und Ende des behandelten Zeitalters?

Mann datiert den Beginn des Zeitalters mit dem Ausbruch der Französischen Revolution am 4. August 1789 und das Ende mit dem Tag des D-Day am 6. Juni 1944.

Welche Skizzen und Porträts werden in „Ein Zeitalter wird besichtigt“ präsentiert?

Heinrich Mann fügt seinen Memoiren einige novellistische Skizzen hinzu, darunter Porträts von Personen wie Kapitän Langsdorf, seinem Bruder Thomas Mann, Arthur Schnitzler und Max Liebermann, um nur einige zu nennen.

Wer ist „Jx“ und welche Rolle spielt er in „Ein Zeitalter wird besichtigt“?

„Jx“ ist ein fiktiver Zuschauer, den Heinrich Mann einführt, um seine Memoiren zu präsentieren. Obwohl Jx sich vornimmt, sich nur in Maßen einzumischen, gelingt es ihm oft nicht, genügend Abstand zu den Ereignissen zu halten. Trotzdem kann er in den meisten Fällen klar zwischen Freunden und Feinden unterscheiden.

Welche Freunde werden von Heinrich Mann in seinen Memoiren erwähnt?

Heinrich Mann erinnert sich liebevoll an verschiedene Freunde, darunter Albert Steinrück, einen gelernten Sprecher, den tschechoslowakischen Staatsgründer Thomas Garrick Masaryk und den Künstler Ernst Barlach. Auch Künstler wie Max Reinhardt und Anatole France werden von Mann respektvoll erwähnt.

Wie äußert sich Heinrich Mann über Persönlichkeiten, die er bewundert?

Mann äußert sich respektvoll über Persönlichkeiten wie Giacomo Puccini, Dostojewski und Tolstoi. Er bezeichnet Die Kreutzersonate als ein Wunder des Zeitalters und betrachtet die Oktoberrevolution als Verwirklichung einer hundertjährigen Literatur. Auch Bismarck wird von Mann als eine konservative Wohltat Europas gelobt.

Welche Feinde werden von Heinrich Mann in seinen Memoiren kritisiert?

Heinrich Mann äußert besonders starke Abneigung gegenüber Wilhelm II. und Adolf Hitler. Gegenüber Wilhelm II. kritisiert er dessen egozentrische Herrschaftsweise und Verhalten während der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Hitler hingegen bezeichnet Mann mit einer Vielzahl von schmähenden Beinamen und wirft ihm vor, Deutschland in den Untergang zu führen.

Was sind einige bemerkenswerte Bonmots und Zitate aus „Ein Zeitalter wird besichtigt“?

Heinrich Mann präsentiert in seinen Memoiren verschiedene Bonmots und Zitate, die seine Gedanken und Meinungen illustrieren. Einige dieser Zitate beinhalten tiefgründige Einsichten, wie „Wer weder liest noch lernt, ist bestimmt, auf dem Punkt zu scheitern, wie die vor ihm“, sowie treffende Beobachtungen über politische Ereignisse und gesellschaftliche Phänomene.

Blitzkrieg – ist das Eingeständnis, man könnte nur mit einem Tag Vorsprung an das Ziel kommen, dann nie wieder.

Aus: „Ein Zeitalter wird besichtigt“

Totaler Krieg – heißt deutlich, daß die lebenden Nationen niemals wirklich besiegt sind: man muß sie umbringen

Aus: „Ein Zeitalter wird besichtigt“

Die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg: Wer überschwenglich haßt, zerstört sich selbst.

Aus: „Ein Zeitalter wird besichtigt“

Wer die Vernunft leugnet, muß nirgends genau sein.

Aus: „Ein Zeitalter wird besichtigt“

Wie wurde „Ein Zeitalter wird besichtigt“ von der Rezeption aufgenommen?

Die Memoiren wurden sowohl von Thomas Mann als auch von anderen Kritikern positiv aufgenommen. Sie lobten die literarische Qualität und die tiefgründigen Einsichten von Heinrich Mann. Einige kritische Stimmen wiesen jedoch darauf hin, dass die Memoiren nicht immer objektiv seien und dass Manns polemischer Stil gelegentlich zu ungenauen Darstellungen führe.

„Ein Zeitalter wird besichtigt“ – Buch

Aus dem Inhalt:

Erstes Kapitel. Das Lebensgefühl.
Zweites Kapitel. Die Sowjetunion.
Drittes Kapitel. Großbritannien.
Viertes Kapitel. Deutschland gegen alle.
Fünftes Kapitel. Eine Nation überfallen, heißt hinter ihr zurück sein.
Sechstes Kapitel. Es wird Zeit.
Siebentes Kapitel. Fortsetzung der Autobiographie.
Achtes Kapitel. Die Gefährten.
Neuntes Kapitel. Liebe.
Zehntes Kapitel. Deutschland hat seine Niederlage schlecht getragen.
Elftes Kapitel. Die deutsche Republik.
Zwölftes Kapitel. Hitler, oder der Fluch des Glückes.
Dreizehntes Kapitel. Frankreich (Das zweite Geburtsland des Europäers…).

Vierzehntes Kapitel. Frankreich (Was noch übrig ist…).
Fünfzehntes Kapitel. Abschied von Europa.
Sechzehntes Kapitel. Alles in allem.
Siebzehntes Kapitel. Die Ehre des Zeitalters.
Achtzehntes Kapitel. Die menschliche Verwandlung.
Neunzehntes Kapitel. Letzter Aspekt und Dank.

Heinrich Mann: Ein Zeitalter wird besichtigt.Heinrich Mann.
Ein Zeitalter wird besichtigt.
Erstdruck: Neuer Verlag, Stockholm 1946.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt: Aufbau Verlag, Berlin 1947.
Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen, Juni 2021.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel „Die besten Bücher von Heinrich Mann“

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 02. Juni 2024