Heinrich Mann - Der Atem

Der Atem

Die Träumerin atmet schwach, aber gelassen, ihr Gesicht bleibt verklärt. »Siehst du, daher mein gestörter Atem, meine Mühen, ihn zu ordnen. (…)
Mein versagender Atem quittierte für ein Leben, das vielleicht mißverstanden war. (…)«

(Zitat S. 249 in diesem Buch)

Heinrich Manns letzter vollendeter, großer Roman „Der Atem“ erschien zuerst 1949. Hier als Taschenbuch-Neuausgabe. „Eine Parabel privaten Schicksals schneidet sich mit einer Parabel der Weltpolitik. Es entsteht der voll stimmige Organismus eines Kunstwerkes, das selbst zu atmen scheint.“ (Volker Ebersbach)

Der Atem – Zusammenfassung

„Der Atem“ ist ein Roman von Heinrich Mann, der 1913 veröffentlicht wurde. Der Roman gehört zur sogenannten „Königliche Hoheit“-Trilogie, zu der auch „Die kleine Stadt“ und „Die Jugend des Königs Henri Quatre“ zählen. Heinrich Mann, ein bedeutender deutscher Schriftsteller und der ältere Bruder von Thomas Mann, setzt sich in diesem Werk mit sozialen und politischen Themen auseinander und beleuchtet die Auswirkungen der gesellschaftlichen Umstände auf den Einzelnen.

Die Geschichte dreht sich um das Leben des Protagonisten, eines jungen Arztes namens Dr. Heinrich Birsner, der sich im Laufe des Romans mit seinen eigenen Idealen, der Realität seiner Umwelt und den Erwartungen der Gesellschaft konfrontiert sieht. Dr. Birsner ist ein Idealist, der nach sozialer Gerechtigkeit strebt und versucht, den Menschen in seiner Umgebung zu helfen. Er hat eine Vision von einem besseren, gerechteren Leben für alle Menschen und ist fest entschlossen, seinen Teil dazu beizutragen.

Dr. Birsner steht vor der Herausforderung, seine beruflichen und persönlichen Ideale in einer Welt zu verwirklichen, die von Klassendenken, Korruption und Machtstreben geprägt ist. Der Roman beginnt mit seiner Ankunft in der fiktiven Stadt Heerwegen, wo er eine Stelle als Arzt antritt. Schon bald wird er jedoch mit den dunklen Seiten der Stadt konfrontiert: Armut, Krankheit und soziale Ungerechtigkeit. Trotz seiner Bemühungen, das Leben der Menschen zu verbessern, stößt er auf Widerstand und Gleichgültigkeit seitens der Obrigkeit und der wohlhabenden Bürger.

Im Laufe des Romans wird Dr. Birsner zunehmend desillusioniert. Seine romantische Vorstellung von der Möglichkeit einer umfassenden gesellschaftlichen Veränderung weicht einer ernüchternden Erkenntnis der Härte und Komplexität des Lebens. Die Beziehung zu seiner Verlobten Elisabeth, die ihn in seinen Idealen unterstützt, jedoch gleichzeitig auch ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse hat, stellt eine weitere Herausforderung dar.

Ein zentraler Aspekt des Romans ist die Darstellung der Spannungen zwischen Individuum und Gesellschaft. Dr. Birsners Kampf für soziale Gerechtigkeit und seine persönlichen Opfer spiegeln die Konflikte wider, die viele Menschen in einer sich wandelnden Welt erleben. Heinrich Mann nutzt die Figur des Dr. Birsner, um die Probleme und Zwänge seiner Zeit zu beleuchten und die Frage zu stellen, inwieweit ein Einzelner wirklich in der Lage ist, die Gesellschaft zu verändern.

„Der Atem“ ist nicht nur ein Roman über individuelle Kämpfe und soziale Ungerechtigkeit, sondern auch eine scharfsinnige Analyse der gesellschaftlichen Strukturen und ihrer Auswirkungen auf das menschliche Leben. Heinrich Mann zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie Macht und Korruption die besten Absichten untergraben und wie schwer es ist, in einer ungerechten Welt gerecht zu handeln. Der Roman endet mit einer resignativen Note, die jedoch auch Raum für Hoffnung lässt, dass die Bemühungen eines Einzelnen nicht vollkommen vergeblich sind.

Zusammengefasst ist „Der Atem“ ein tiefgründiges Werk, das die Schwierigkeiten und Herausforderungen beleuchtet, mit denen Idealisten in einer komplexen und oft feindseligen Welt konfrontiert sind. Es fordert die Leser dazu auf, über die Möglichkeit und die Grenzen des individuellen Einflusses auf die Gesellschaft nachzudenken und die Bedeutung von Mut und Entschlossenheit im Angesicht von Widrigkeiten zu erkennen.

Der Atem – Heinrich Mann

heinrich-mannHeinrich Mann, geboren am 27. März 1871 in Lübeck und gestorben am 11. März 1950 in Santa Monica, Kalifornien, war ein bedeutender deutscher Schriftsteller und der ältere Bruder des Nobelpreisträgers Thomas Mann. Heinrich Mann zählt zu den wichtigsten Vertretern der literarischen Moderne und ist bekannt für seine scharfsinnigen gesellschaftskritischen Werke, die sich mit den politischen und sozialen Missständen seiner Zeit auseinandersetzen.

Heinrich Mann wuchs in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie auf. Sein Vater, Thomas Johann Heinrich Mann, war Kaufmann und Senator in Lübeck, während seine Mutter, Júlia da Silva-Bruhns, einer deutsch-brasilianischen Familie entstammte. Die privilegierte, aber strenge und konservative Erziehung prägte Heinrich Manns frühen Lebensweg und seine späteren Werke, in denen er sich häufig kritisch mit den bürgerlichen Werten auseinandersetzte.

Nach dem Tod seines Vaters 1891 begann Heinrich Mann eine Ausbildung zum Buchhändler in Dresden und später eine Tätigkeit beim S. Fischer Verlag in Berlin. In dieser Zeit kam er in Kontakt mit der literarischen Szene der Hauptstadt und begann selbst zu schreiben. Sein literarisches Debüt gab er 1894 mit dem Roman In einer Familie, der jedoch wenig Beachtung fand.

Seinen literarischen Durchbruch erzielte Heinrich Mann 1900 mit dem Roman Im Schlaraffenland, einer scharfen Satire auf die Berliner Gesellschaft. Der Roman wurde von der Kritik positiv aufgenommen und etablierte Heinrich Mann als einen bedeutenden Schriftsteller seiner Zeit. Weitere erfolgreiche Werke folgten, darunter Professor Unrat (1905), der 1930 als Film Der blaue Engel mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle weltberühmt wurde.

Ein zentrales Thema in Heinrich Manns Werk ist die Auseinandersetzung mit Autorität und Machtstrukturen. In Romanen wie Der Untertan (1918) und Die Armen (1917) beleuchtet er die Mechanismen der Unterwerfung und die Rolle des Individuums in einer autoritären Gesellschaft. Diese Werke sind nicht nur literarische Meisterwerke, sondern auch wichtige zeitgeschichtliche Dokumente, die die politischen und sozialen Verhältnisse im Deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik kritisch hinterfragen.

Heinrich Mann war ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus und wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ins Exil gezwungen. Er lebte zunächst in Frankreich, wo er sich aktiv am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligte, und emigrierte 1940 in die USA. In der Emigration setzte Heinrich Mann seine schriftstellerische Arbeit fort und engagierte sich politisch. Er war Mitglied verschiedener Exilorganisationen und schrieb zahlreiche Artikel und Essays gegen den Nationalsozialismus.

Sein Spätwerk umfasst unter anderem die beiden Romane über den französischen König Henri Quatre, Die Jugend des Königs Henri Quatre (1935) und Die Vollendung des Königs Henri Quatre (1938), in denen er seine Ideale von Humanität und Toleranz zum Ausdruck bringt. Diese historischen Romane zeichnen sich durch ihre detaillierte Recherche und die lebendige Darstellung der historischen Figuren und Ereignisse aus.

Heinrich Manns Leben war geprägt von einem tiefen Engagement für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechte. Sein Werk spiegelt seine Überzeugung wider, dass Literatur einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Veränderung der Gesellschaft leisten kann. Trotz der Widrigkeiten, die er in seinem Leben erfuhr, blieb Heinrich Mann seinen Idealen treu und hinterließ ein beeindruckendes literarisches Erbe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Heinrich Mann nicht mehr nach Deutschland zurück. Er starb am 11. März 1950 in Santa Monica, Kalifornien. Sein Tod markierte das Ende eines bedeutenden Schriftstellerlebens, dessen Werk bis heute nichts von seiner Aktualität und Relevanz verloren hat. Heinrich Mann bleibt eine zentrale Figur der deutschen Literaturgeschichte, deren kritische und humanistische Stimme auch in der Gegenwart Gehör findet.

Die häufigsten Fragen

1. Was ist Der Atem von Heinrich Mann? Der Atem ist der letzte Roman von Heinrich Mann, geschrieben im kalifornischen Exil von 1946 bis zum 25. Oktober 1947 und veröffentlicht 1949.

2. Worum geht es in Der Atem? Der Roman erzählt die letzten zwei Tage im Leben der Kobalt, einer verarmten, früher für die Kommunisten agierenden Dame. Die Synarchisten wollen sie in Nizza ermorden, aber sie überlebt mehrere Attentate und stirbt letztlich an ihrer Krankheit. In Monte Carlo sprengt sie noch die Bank im Casino.

3. Wer ist die Hauptfigur des Romans? Die Hauptfigur ist Lydia Kowalsky, geborene Gräfin von Traun, alias die Kobalt, alias Madame la Comtesse de Trône.

4. Welche wichtigen Nebenfiguren gibt es? Zu den wichtigen Nebenfiguren gehören:

  • Princesse de Vigne (Marie-Lou), die Schwester der Kobalt
  • Baron Kowalsky, der verstorbene Gatte der Kobalt
  • Léon Jammes, politischer Agent
  • Fernand, Jugendfreund der Kobalt
  • Mr. Leslie Simmons Krapotnikoff (alias Jonathan Swift, alias Rabelais)
  • Yvonne Vogt, Bäckereibesitzerin
  • Frédéric Conard, Direktor der Handelsbank in Nizza
  • Estelle Conard, Gattin Frédérics
  • Vertugas, kommunistischer Arbeiter und ehemaliger Kampfgenosse der Kobalt

5. Welche Genres deckt der Roman ab? Der Atem kann als deutliche Zeitkritik mit utopischem Touch, als Krimi oder als Liebesgeschichte gelesen werden.

6. Was ist Synarchismus und wie spielt er im Roman eine Rolle? Synarchismus bezeichnet die gemeinsame Beherrschung aller Nationen durch ihre verbündeten Trusts, die keine nationalen Grenzen kennen. Im Roman sind die Synarchisten die Hauptfeinde der Kobalt und versuchen, sie zu ermorden.

7. Welche Liebesgeschichten werden im Roman erzählt? Drei Episoden aus dem Leben der Kobalt werden hervorgehoben:

  • Ihre Jugendliebe zu Fernand
  • Ihre enge Beziehung zu Yvonne Vogt
  • Ihre letzte Liebe zu Frédéric Conard

8. Wie endet der Roman? Die Kobalt stirbt an ihrer Krankheit, nachdem sie in Monte Carlo die Bank gesprengt hat. Ihre Freunde defilieren an ihrem Sterbebett, und Léon Jammes erschießt den Synarchisten-Präsidenten Laplace de Revers, bevor er mit Vertugas nach Moskau flieht.

9. Welche Zitate sind besonders bemerkenswert? Einige bemerkenswerte Zitate aus dem Roman sind:

  • „Tote haben gar nichts, auch den Tod nicht.“
  • „Heiter war alles, weil ich heiter war.“
  • „Begraben werden vom Glück ist auch ein Ende.“
  • „Die Ehren der Welt nicht anstreben ist Hochmut.“

10. Wie wurde der Roman von Heinrich Mann selbst und von der Kritik aufgenommen? Heinrich Mann schrieb in Briefen an Karl Lemke, dass Der Atem ein „problematischer Roman“ sei, der ihn beim Wiederlesen rührte. Thomas Mann lobte die grandiose Übertriebenheit und die realistische Abenteuerlichkeit der politischen Intrige. Kritiker wie Ebersbach und Koopmann sahen Parallelen zum Existentialismus und sprachen von einer Spiegelung der Exilsituation Heinrich Manns im Alter.

Der Atem – Buch

Heinrich Mann - Der AtemHeinrich Mann.
Der Atem.
Erstdruck: Bermann-Fischer / Querido Verlag, Amsterdam, 1949.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt: Aufbau Verlag, Berlin 1968.

Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen, Juni 2021.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

Buch-ISBN: 9783965424319

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