Nordlandgeschichten
„Elf Tage lang war er der Fährte seines fliehenden Volkes gefolgt, und diese Verfolgung war selbst nichts anderes als eine Flucht gewesen. Denn hinter ihm kamen – das wußte er mit Sicherheit – die gefürchteten Russen. Sie schleppten sich mühselig durch das sumpfige Tiefland und über die schroffen Wasserscheiden und wurden nur von einem Gedanken geleitet: sein ganzes Volk zu vernichten.“
(Jack London, Zitat aus der Geschichte: Negore, der Feigling)
Die berühmten Nordlandgeschichten von Jack London, hier in einer ungekürzten Neuauausgabe – in der kongenialen Übersetzung von Erwin Magnus.
Negore, der Feigling
Negore, als „Feigling“ verspottet, folgt seinem fliehenden Stamm durch die gefährliche Wildnis Alaskas, während russische Soldaten sie verfolgen. Um die Ehre wiederherzustellen und die Liebe von Oona, der Tochter des tapferen Kinoos, zu gewinnen, täuscht Negore die Russen und führt sie in eine tödliche Falle in den Bergen. Trotz einer tödlichen Verwundung kämpft er tapfer und gewinnt Oonas Respekt und Zuneigung im letzten Augenblick seines Lebens.
Der König und sein Schamane
Thomas Stevens, ein erfahrener und weit gereister Mann, erzählt von seiner Zeit im abgelegenen Dorf Tattarat, wo er mit seinem Begleiter Moosu, einem Indianer, gestrandet war. Sie nutzen ihre Kenntnisse und Tricks, um sich aus der Notlage zu befreien und schließlich das Dorf zu beherrschen, wobei sie die Einheimischen mit selbstgebrautem Schnaps und Schamanenzaubern manipulieren. Doch als Machtkämpfe zwischen Stevens und Moosu ausbrechen, flieht Stevens mit Moosu, während die Dorfbewohner mit ihren Ressourcen, den fetten Hunden, in der Hungersnot zurückbleiben.
Das Wort der Männer
Lawrence Pentfield und Corry Hutchinson, beide Goldminenbesitzer und Millionäre, beschließen, durch Würfeln zu entscheiden, wer von ihnen nach Hause reisen darf, während der andere bei der Mine bleibt. Corry gewinnt und reist nach San Francisco, um sich um einige persönliche Angelegenheiten von Lawrence zu kümmern, während Lawrence die Mine weiter betreibt. Ein Missverständnis über eine Zeitungsmeldung führt dazu, dass Lawrence glaubt, Corry habe Mabel Holmes, seine Verlobte, geheiratet, woraufhin er in einer Mischung aus Trotz und Verzweiflung eine Indianerfrau heiratet, nur um später herauszufinden, dass es sich bei der verheirateten Frau in den Berichten tatsächlich um Corrys eigene Verlobte handelte, und dass Mabel immer noch auf ihn gewartet hatte.
Der Gott seiner Väter
Nam-Bok, der Lügner
Nam-Bok, ein Inuit, kehrt nach vielen Jahren zu seinem Volk zurück und erzählt von seinen Abenteuern in der Welt der Weißen. Seine Geschichten werden jedoch von seinem Volk als Lügen abgetan, was Fragen über Wahrheit und Wahrnehmung in verschiedenen Kulturen aufwirft.
Der Bund der Alten
Imber, ein alter Eingeborener, stellt sich in Dawson dem Gericht und gesteht die Tötung vieler weißer Männer, Frauen und Kinder, um sein Volk vor der schädlichen Einwirkung der Weißen zu schützen. Er berichtet, wie die weißen Männer Krankheiten und Schwäche brachten und seine jungen Leute fortzogen, was sein Volk schwächte und dezimierte. Schließlich erklärt er, dass er, als letzter Überlebender seines Stammes, nach Dawson gekommen ist, um sich dem Gesetz zu stellen, da er sieht, dass der Kampf gegen die Weißen und ihre Gesetze hoffnungslos ist.
Jan, der Unverbesserliche
Jan kämpft grimmig und wild gegen seine Kameraden, die ihn aufhängen wollen, weil er einen Mord begangen hat. Trotz der verzweifelten und brutalen Auseinandersetzung schaffen sie es, ihn zu überwältigen und bereiten seine Hinrichtung vor. Als sie gerade dabei sind, Jan zu hängen, erscheint das vermeintliche Opfer, John Gordon.
Die große Frage
Karen Sayther kam im Frühling nach Dawson, strahlte wie eine Sonne und zog nach einem Monat wieder ab, was die Männer des frauenarmen Ortes verwirrte und die Frage aufwarf, warum sie überhaupt gekommen war. Durch eine zufällige Begegnung mit einem ihrer Schlittenführer erfuhr man, dass sie nach einem Mann namens David Payne suchte, was die Neugier der Bewohner weckte. Als sie Payne schließlich fand, stellte sich heraus, dass er inzwischen mit einer Indianerin zusammenlebte
Liwan, die Schöne
Nordlandgeschichten – Leben und Werke von Autor Jack London
Jack London, amerikanischer Schriftsteller, geboren am 12. Januar 1876 in San Francisco, ist bekannt für seine lebhaften und abenteuerlichen Erzählungen aus den unwirtlichen und rauen Gegenden des Nordens. Seine Nordlandgeschichten, darunter bekannte Werke wie „The Call of the Wild“ und „White Fang“, sind tief verwurzelt in seinen eigenen Erfahrungen während des Klondike-Goldrausches am Ende des 19. Jahrhunderts.
Leben und Hintergrund
London wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und musste bereits früh zum Lebensunterhalt seiner Familie beitragen. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser frühen Herausforderungen entwickelte er eine tiefe Liebe zum Lesen und Schreiben. Diese Leidenschaft führte ihn schließlich nach Alaska und in den Yukon, wo er selbst als Goldsucher tätig war. Die Erfahrungen, die er während dieser Zeit sammelte, prägten viele seiner späteren Werke.
Themen und Stil
Jack Londons Schreibstil ist direkt und ungeschminkt, mit einem starken Fokus auf die Darstellung physischer Konflikte und psychologischer Spannungen. Er erforscht tiefgründige Themen wie Überleben, Natur versus Zivilisation und den grundlegenden Instinkt von Lebewesen, sich anzupassen und zu überleben. Londons Faszination für die Natur und seine kritische Auseinandersetzung mit der menschlichen Existenz kommen in seinen Nordlandgeschichten besonders deutlich zum Ausdruck.
Vermächtnis
Jack London starb jung, am 22. November 1916, doch sein literarisches Erbe lebt weiter. Seine Nordlandgeschichten haben nicht nur Generationen von Lesern und Schriftstellern beeinflusst, sondern auch den Blick auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur maßgeblich geprägt. Londons Werke bleiben ein unverzichtbarer Teil der amerikanischen Literatur und Kulturgeschichte, die die harsche Schönheit und die unerbittlichen Herausforderungen des Lebens im Norden eindrucksvoll einfangen.
Nordlandgeschichten – Buch
Dieses Buch enthält die folgenden Geschichten:
Negore, der Feigling
Der König und sein Schamane
Das Wort der Männer
Der Gott seiner Väter
Das Vorrecht des Priesters
Die Weisheit der Reise
Nam-Bok, der Lügner
Der Bund der Alten
Jan, der Unverbesserliche
Die große Frage
Liwan, die Schöne
Jack London.
Nordlandgeschichten.
Übersetzt von Erwin Magnus.
Durchgesehener Neusatz, diese Ausgabe folgt: Ullstein Verlag, Frankfurt am Main, 1981.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024