Die Herrin des Großen Hauses
„Freude und Furcht kämpften in diesem Augenblick in Dick Forrest, – Freude über das herrliche Tier, das durch die Syringenhecken geschritten kam; Furcht, daß der Hengst die junge Frau geweckt haben könnte, deren Antlitz ihn aus dem runden Rahmen an der Wand anlächelte. Er warf einen hastigen Blick über den sechzig Meter breiten Hof nach dem langen, schattenhaften, vorspringenden Flügel, wo ihre Zimmer lagen. Die Jalousien ihrer Schlafveranda waren herabgelassen und regten sich nicht. Wieder wieherte der Hengst, aber nichts regte sich, außer einer Schar wilder Kanarienvögel, die sich, wie ein grüngoldenes Lichtsprühen bei Sonnenaufgang, von den Blumen und Büschen des Hofes hoben.“
Zitat aus: Die Herrin des Großen Hauses
„Die Herrin des großen Hauses“ – Zusammenfassung / Inhaltsangabe
„Die Herrin des großen Hauses“ ist ein Roman von Jack London, der 1916 veröffentlicht wurde. Die Geschichte (Originaltitel: The Little Lady of the Big House) entfaltet sich um die Figur Dick Forrest, einen erfolgreichen und gut organisierten Mann, der jedoch als Workaholic sein persönliches Leben vernachlässigt. Dick ist verheiratet mit Paula, der titelgebenden Herrin des großen Hauses, einer unabhängigen und mutigen Frau, die von ihrem Ehemann emotional vernachlässigt wird.
Das große Haus, in dem das Paar lebt, ist ein ständiger Treffpunkt für Gäste und Freunde, was zu verschiedenen zwischenmenschlichen Dynamiken führt. Unter den Gästen ist Graham Evan, ein abenteuerlustiger Weltreisender, der eine tiefe und leidenschaftliche Liebe zu Paula entwickelt. Obwohl Paula anfangs zögert, wächst ihre Zuneigung zu Graham, während sie in ihrer eintönigen Ehe immer unglücklicher wird.
Die Beziehung zwischen Paula und Graham entwickelt sich langsam und ist von Anfang an mit Herausforderungen und emotionaler Spannung beladen. Der Konflikt spitzt sich zu, als Dick, getrieben von Stolz und seiner eigenen Moralvorstellung, ihre Affäre entdeckt, aber zunächst nicht eingreift.
Die zunehmende Verbindung zwischen Paula und Graham führt schließlich zu einem tragischen Höhepunkt. Paula, zerrissen zwischen den beiden Männern und ihren eigenen Gefühlen, sieht keinen Ausweg mehr und nimmt sich das Leben. Ihr Tod hinterlässt eine tiefe Leere bei beiden Männern, die trotz ihrer Unterschiede durch ihre Liebe zu Paula miteinander verbunden sind.
„Die Herrin des großen Hauses“ – Hintergrund
Jack Londons Roman „Die Herrin des großen Hauses“ ist zwar keine Autobiografie, aber seine Biografin Clarice Stasz stellt fest, dass das Buch erheblich von Londons Leben mit seiner zweiten Frau Charmian inspiriert ist und als „psychologisch valide Spiegelung der Ereignisse während des Winters 1912-1913“ gesehen werden kann.
Die Figur Paula weist Ähnlichkeiten mit Charmian auf, einschließlich Schlaflosigkeit und Unfähigkeit, Kinder zu bekommen. Stasz identifiziert auch die Figur Evan Graham als Zusammensetzung aus zwei realen Personen, Laurie Smith und Allan Dunn, basierend auf dem Lesen von Charmians Tagebuch.
Selbst Nebenfiguren haben reale Vorbilder:
Forrests Diener Oh My erinnert an Londons Diener Nakata, und der langbärtige Hobo-Philosoph Aaron Hancock basiert auf Frank Strawn-Hamilton, einem langfristigen Gast auf Londons Ranch. Der Bildhauer Haakan Frolich erscheint als „Bildhauer Froelig“, und der Maler Xavier Martinez erscheint unter seinem eigenen Namen.
„Die Herrin des großen Hauses“ – Rezeption und Kritik
Jack London selbst beschrieb den Roman als „von Anfang bis Ende voller Sex“, in dem keine sexuellen Abenteuer tatsächlich erreicht werden oder auch nur annähernd erreicht werden, und in dem dennoch „alles Wesentliche von Sex, gepaart mit Stärke“ enthalten ist. Ein Rezensent kritisierte den Roman wegen seiner „Erotomanie“.
Clarice Stasz merkt an, dass „Little Lady“ in Londons Zeit aufgrund seiner überschwänglichen sexuellen Bildsprache und seiner detaillierten Darstellung der Versuchung zum Ehebruch die Leser aufbrachte. Moderne Kritiker hingegen spotten über die viktorianische Ziererei und Sentimentalität des Romans und seine unrealistischen Charaktere. Beide Ansichten seien korrekt — der Roman sei 1915, als er erschien, zu sexuell für die Leser gewesen und für die Leser nach den sexuell freizügigen Zwanzigern nicht sexuell genug.
Kevin Starr gibt in einer negativen Bewertung an, dass der Roman eine Art „Testament der kalifornischen Möglichkeiten“ darstelle. Londons Ranchleben, das 1909 ernsthaft begann, wurde als Moratorium gegen das Chaos konzipiert. Sein letztes literarisches Werk sei jedoch von Wahnsinn und Verfall geprägt. Kunst und Ranchleben verschmolzen in Londons letztem Werk, ohne sich gegenseitig zu stützen.
Die Herrin des Großen Hauses – Buch
Jack London.
Die Herrin des Großen Hauses
Übersetzt von Erwin Magnus.
Durchgesehener Neusatz, diese Ausgabe folgt dem Erstdruck:
Universitas Deutsche Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin 1929.
Originaltitel: The Little Lady of the Big House, Macmillan und Co., New York 1915.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
Produktdetails
EAN: 9783965422919
ISBN: 396542291X
Übersetzt von Erwin Magnus. Paperback.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
März 2020 – 164 Seiten
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