Friedrich Nietzsche – Der Tanz über dem Abgrund. Eine Biografie
„Kein einziger Mensch wagt sich nahe und voll in den innern Kreis dieses Geschickes, immer spricht, immer kämpft, immer leidet Nietzsche für sich allein. Er redet zu niemandem, und niemand antwortet ihm. Und was noch furchtbarer ist: niemand hört ihm zu.“
Ein biografisches Meisterwerk: Die Lebensbeschreibung Nietzsches im berühmten, romanhaft-lebendigen Stil Stefan Zweigs verfasst.
Friedrich Nietzsche – Biografie
Friedrich Wilhelm Nietzsche, geboren am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen, Sachsen-Anhalt, gestorben am 25. August 1900 in Weimar, war ein deutscher Philosoph, Kulturkritiker und klassischer Philologe. Seine Schriften und Ideen haben die westliche Philosophie und Geistesgeschichte tiefgreifend beeinflusst und polarisieren bis heute. Bekannt für seine scharfsinnige Kritik an Religion, Moral und der westlichen Kultur, hat Nietzsche zahlreiche bedeutende Werke verfasst, die sowohl bewundert als auch kontrovers diskutiert werden.
Frühes Leben und Bildung
Friedrich Nietzsche wurde in eine lutherische Pfarrersfamilie geboren. Sein Vater, Carl Ludwig Nietzsche, war Pastor und starb, als Friedrich erst fünf Jahre alt war. Seine Mutter, Franziska Nietzsche, zog daraufhin mit Friedrich und seiner Schwester Elisabeth nach Naumburg.
- Schulbildung: Nietzsche besuchte das renommierte Internat Schulpforta, wo er eine klassische Ausbildung genoss und sich früh für Philologie und Philosophie interessierte.
- Universitätsstudium: 1864 begann er ein Studium der klassischen Philologie an der Universität Bonn, wechselte aber bald darauf an die Universität Leipzig. Dort traf er auf den Philologen Friedrich Wilhelm Ritschl, der Nietzsches Talent erkannte und förderte.
Frühe akademische Karriere
Bereits mit 24 Jahren erhielt Nietzsche eine Professur für klassische Philologie an der Universität Basel, eine ungewöhnlich frühe Berufung, die seine außergewöhnlichen Fähigkeiten unterstrich. Während seiner Zeit in Basel veröffentlichte er mehrere philologische Werke und hielt Vorlesungen über griechische Literatur und Philosophie.
- Einfluss von Arthur Schopenhauer: In Leipzig hatte Nietzsche Schopenhauers Werk Die Welt als Wille und Vorstellung entdeckt, das einen nachhaltigen Einfluss auf sein Denken hatte.
- Beziehung zu Richard Wagner: In Basel lernte Nietzsche den Komponisten Richard Wagner kennen und entwickelte eine enge Freundschaft zu ihm und seiner Frau Cosima. Diese Beziehung prägte Nietzsches frühe Schriften stark.
Philosophische Werke und Ideen
Nietzsche begann, seine philosophischen Ideen in Form von Schriften zu veröffentlichen, die sich von seiner philologischen Arbeit absetzten. Seine ersten bedeutenden Werke entstanden in dieser Zeit:
- Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik (1872): In diesem Werk untersuchte Nietzsche die griechische Tragödie und führte die Begriffe des Apollinischen und des Dionysischen ein.
- Unzeitgemäße Betrachtungen (1873-1876): Eine Sammlung von vier Essays, in denen Nietzsche zeitgenössische kulturelle und historische Themen kritisch beleuchtet.
Gesundheitliche Probleme und Rückzug aus der Universität
In den späten 1870er Jahren verschlechterte sich Nietzsches Gesundheit dramatisch. Er litt unter starken Kopfschmerzen, Magenproblemen und Sehschwierigkeiten, die ihn schließlich zwangen, seine Professur aufzugeben.
- Rückzug aus dem akademischen Leben: 1879 trat Nietzsche aus gesundheitlichen Gründen von seiner Position in Basel zurück und lebte fortan als freier Schriftsteller in verschiedenen europäischen Städten, darunter Sils-Maria in der Schweiz und Turin in Italien.
- Philosophische Schaffensperiode: Trotz seiner gesundheitlichen Probleme setzte Nietzsche sein philosophisches Werk fort und veröffentlichte eine Reihe von einflussreichen Büchern.
Reife Werke
In den 1880er Jahren veröffentlichte Nietzsche seine bekanntesten und einflussreichsten Werke, die seine reifen philosophischen Ideen darstellen:
- Menschliches, Allzumenschliches (1878-1880): Eine Sammlung von Aphorismen, die seine Abkehr von Schopenhauers Pessimismus und Wagners Romantik markieren.
- Also sprach Zarathustra (1883-1885): Eines seiner zentralen Werke, in dem Nietzsche die Idee des Übermenschen und die ewige Wiederkehr des Gleichen entwickelt. Das Werk ist in einem poetischen, prophetischen Stil geschrieben.
- Jenseits von Gut und Böse (1886): Eine Fortsetzung und Erweiterung der Gedanken aus Also sprach Zarathustra, in der Nietzsche die Moral und Werte der westlichen Kultur kritisiert.
- Zur Genealogie der Moral (1887): Eine kritische Untersuchung der Ursprünge und Entwicklung der moralischen Werte, die die westliche Kultur prägen.
Zusammenbruch und letzte Jahre
Im Januar 1889 erlitt Nietzsche in Turin einen geistigen Zusammenbruch. Über die genauen Ursachen wird bis heute spekuliert, es wird jedoch vermutet, dass eine Kombination aus syphilitischer Infektion, psychischer Erkrankung und körperlicher Erschöpfung dazu führte. Er wurde zunächst in eine psychiatrische Klinik in Basel und später nach Jena verlegt.
- Betreuung durch die Familie: Nach dem Zusammenbruch wurde Nietzsche von seiner Mutter und nach deren Tod von seiner Schwester Elisabeth gepflegt.
- Tod: Nietzsche verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in geistiger Umnachtung und starb am 25. August 1900 in Weimar.
Nachwirkung und Vermächtnis
Friedrich Nietzsches Ideen und Schriften haben die Philosophie und Geistesgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst. Seine Kritik an der christlichen Moral, seine Vorstellung vom Übermenschen und seine Konzeption der ewigen Wiederkehr des Gleichen sind zentrale Themen, die in der modernen Philosophie und Literatur immer wieder aufgegriffen werden.
- Einfluss auf die Existenzphilosophie: Nietzsche gilt als Vorläufer der Existenzphilosophie und hat Denker wie Jean-Paul Sartre und Martin Heidegger inspiriert.
- Rezeption in der Psychoanalyse: Sigmund Freud und andere Psychoanalytiker haben Nietzsches Erkenntnisse über das Unbewusste und die menschlichen Triebe aufgegriffen.
- Kontroverse Interpretationen: Nietzsches Werke wurden im 20. Jahrhundert oft missverstanden und teilweise ideologisch missbraucht, insbesondere durch den Nationalsozialismus. Seine Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche spielte eine fragwürdige Rolle bei der Herausgabe und Interpretation seiner Werke.
Friedrich Nietzsche bleibt eine der umstrittensten und faszinierendsten Gestalten der Philosophiegeschichte. Seine scharfsinnigen Analysen und provokanten Ideen fordern bis heute Leser und Denker heraus und laden zu immer neuen Interpretationen und Diskussionen ein.
Über Stefan Zweig
Stefan Zweig, geboren am 28. November 1881 in Wien und gestorben am 22. Februar 1942 in Petrópolis, Brasilien, war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker, Journalist und Biograf. Er gilt als einer der bedeutendsten und meistgelesenen deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Zweig war besonders bekannt für seine einfühlsamen und detailreichen Biographien, in denen er das Leben und Werk großer Schriftsteller und Philosophen beleuchtete. Diese Biographien zeichnen sich durch ihre literarische Qualität und psychologische Tiefe aus.
Frühes Leben und literarische Anfänge
Stefan Zweig wurde in eine wohlhabende jüdische Familie geboren. Sein Vater, Moritz Zweig, war Textilfabrikant, und seine Mutter, Ida Brettauer, entstammte einer Bankiersfamilie. Zweig erhielt eine erstklassige Bildung und studierte Philosophie an der Universität Wien, wo er 1904 promovierte. Bereits während seiner Studienzeit begann er zu schreiben und veröffentlichte erste Gedichte und Essays.
Literarische Karriere
Stefan Zweig etablierte sich schnell als vielseitiger Autor. Seine Werke umfassen Lyrik, Dramen, Novellen und Romane, doch er erlangte besondere Berühmtheit durch seine Biographien. Zweig hatte die Fähigkeit, historische Figuren lebendig und zugänglich zu machen, indem er ihre Persönlichkeiten und Lebensgeschichten in den Mittelpunkt stellte.
Biographien von Schriftstellern und Philosophen
Zweigs Biographien zeichnen sich durch eine tiefgehende psychologische Analyse und eine lebendige, narrative Erzählweise aus. Einige seiner bedeutendsten biographischen Werke sind:
- Marie Antoinette (1932): In dieser Biographie zeichnet Zweig das Bild der letzten Königin von Frankreich vor der Revolution. Er zeigt sie nicht nur als historische Figur, sondern auch als Mensch mit Stärken und Schwächen.
- Joseph Fouché (1929): Zweig porträtiert den berüchtigten französischen Politiker und Polizeiminister, der durch seine geschickten Machtspiele und Intrigen bekannt wurde. Diese Biographie ist eine faszinierende Studie über Macht und Moral.
- Maria Stuart (1935): Zweigs Biographie der schottischen Königin Maria Stuart ist eine detaillierte und einfühlsame Darstellung ihres Lebens und ihrer tragischen Konflikte. Zweig gelingt es, die politischen und persönlichen Dimensionen ihres Schicksals zu verbinden.
- Erasmus von Rotterdam (1934): In dieser Biographie beleuchtet Zweig das Leben des großen Humanisten und Gelehrten Erasmus. Er zeigt Erasmus als einen Vordenker der Aufklärung und als einen Mann, der für seine Überzeugungen kämpfte.
- Balzac (1946): Diese posthum veröffentlichte Biographie des französischen Schriftstellers Honoré de Balzac ist eine Hommage an einen der größten Autoren des 19. Jahrhunderts. Zweig zeichnet ein umfassendes Bild von Balzacs Leben und Werk.
- Ferdinand Magellan (1938): Obwohl Magellan kein Schriftsteller war, zeigt diese Biographie Zweigs Fähigkeit, komplexe historische Figuren darzustellen. Magellan, der Entdecker der Passage zwischen Atlantik und Pazifik, wird als visionärer und entschlossener Mensch präsentiert.
Stil und Methodik
Zweig war ein Meister der psychologischen Analyse. Er versuchte, das Innenleben seiner Protagonisten zu ergründen und ihre Handlungen und Entscheidungen im Kontext ihrer Zeit und Persönlichkeit zu verstehen. Sein erzählerischer Stil macht seine Biographien nicht nur informativ, sondern auch literarisch ansprechend.
- Detailreichtum: Zweig legte großen Wert auf historische Genauigkeit und recherchierte akribisch. Er nutzte originale Dokumente, Briefe und Berichte, um ein umfassendes Bild seiner Protagonisten zu zeichnen.
- Narrative Technik: Zweigs Biographien sind oft wie Romane geschrieben, mit einem starken Fokus auf die dramatischen Wendungen und die psychologischen Entwicklungen der Figuren.
- Psychologische Tiefe: Zweig war stark von der Psychoanalyse Sigmund Freuds beeinflusst. Er versuchte, die inneren Konflikte und Triebe seiner Figuren zu erfassen und darzustellen.
Spätere Jahre und Exil
Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland und Österreich wurde Zweig, der jüdischer Abstammung war, zunehmend verfolgt. 1934 emigrierte er nach England, später in die USA und schließlich nach Brasilien. Die Jahre des Exils waren geprägt von Heimweh und Verzweiflung über die Zerstörung der europäischen Kultur, die er so sehr liebte.
Tod und Nachwirkung
Am 22. Februar 1942 nahmen sich Stefan Zweig und seine zweite Frau Lotte in Petrópolis, Brasilien, das Leben. Zweigs Abschiedsbrief drückte seine tiefe Resignation und den Verlust der Hoffnung in eine bessere Zukunft aus.
Stefan Zweigs Werke haben bis heute Bestand. Seine Biographien sind nicht nur historische Studien, sondern auch literarische Kunstwerke. Sie bieten tiefe Einblicke in das Leben und Werk großer Persönlichkeiten und zeigen Zweigs außergewöhnliches Talent als Erzähler und Analytiker. Seine Fähigkeit, Geschichte lebendig und zugänglich zu machen, hat ihn zu einem der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gemacht.
Friedrich Nietzsche – Biografie (Buch von Stefan Zweig)
Stefan Zweig.
Friedrich Nietzsche – Der Tanz über dem Abgrund. Eine Biografie.
Erstdruck unter dem Titel „Friedrich Nietzsche“ in: Der Kampf mit dem Dämon. Hölderlin, Kleist, Nietzsche, Insel-Verlag, Leipzig 1925.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
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