Ein Sohn der Sonne
„Wie eine riesige Schlange wand sich die rostige Kette über den Boden des Ozeans, ging mehrmals über ihre eigenen Glieder hinweg, um schließlich in einem nutzlosen Anker zu enden. Große, dunkle, gesprenkelte Schellfische spielten vorsichtig Verstecken zwischen den Korallenzweigen. Andre Fische von grotesken Formen und Farben zeigten kecke Gleichgültigkeit, selbst wenn ein großer Fischhai langsam vorbeiglitt und die Schellfische in wilder Flucht in ihre Schlupfwinkel jagte.“
Zitat aus: Ein Sohn der Sonne. Übersetzt von Erwin Magnus.
„Ein Sohn der Sonne“ – Zusammenfassung
„Ein Sohn der Sonne“ ist die titelgebende Erzählung dieses Sammelbandea von Jack London, die sich um die Abenteuer von David Grief in der Südsee dreht. Grief ist ein wohlhabender und abenteuerlustiger Geschäftsmann, der sein Vermögen durch Handel und kluge Investitionen in der Region aufgebaut hat. Die Geschichte beginnt, als Grief auf der Willi-Waw, einem Schiff, das zwischen den Küstenriffen und Auenriffen liegt, wo die trägen Brandungswellen leise murmeln, und zeigt die Dynamik zwischen den Charakteren an Bord.
An Bord des Schiffes arbeitet eine bunte Besatzung, darunter ein deutscher Steuermann namens Jacobsen und der Kapitän Griffiths. Die beiden Weißen leiden unter der tropischen Hitze und kämpfen mit gesundheitlichen Problemen, während sie sich im Stillstand des Schiffes befinden, das auf Wind wartet, um weitersegeln zu können.
Die Erzählung schildert die Spannungen und Herausforderungen, mit denen sich die Charaktere auseinandersetzen müssen, insbesondere die Interaktionen zwischen Grief und Griffiths, die eine tiefere Rivalität und einen Konflikt um Schulden und Betrug offenbaren. Grief, bekannt für seine Geschicklichkeit und sein Geschäftssinn, navigiert durch die Schwierigkeiten und Konfrontationen mit lokalen Stämmen und anderen Seefahrern.
Das zentrale Thema des Buches dreht sich um Griefs Versuch, eine offene Schuld von Griffiths einzutreiben, was zu einer spannungsgeladenen Verfolgungsjagd und einer cleveren Falle führt, die Grief inszeniert, um Griffiths dazu zu bringen, seine Schulden zu begleichen. Grief nutzt seine Kenntnisse der lokalen Gewässer und seine Überlegenheit im strategischen Denken, um Griffiths in eine Falle zu locken, die letztlich dazu führt, dass Griffiths sein Schiff auf ein Riff setzt.
Die Erzählung endet mit einer dramatischen Konfrontation zwischen den beiden Männern, in der Grief seine Überlegenheit beweist und Griffiths zwingt, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Der Roman illustriert die raue und oft gesetzlose Natur der Südseeinseln während des frühen 20. Jahrhunderts und bietet einen Einblick in die Abenteuer und die oft moralisch ambivalenten Entscheidungen, die von den Charakteren getroffen werden müssen.
„Ein Sohn der Sonne“ ist eine fesselnde Mischung aus Abenteuer, wirtschaftlichem Wettbewerb und der Exploration der menschlichen Natur unter extremen Bedingungen, eingebettet in die exotische und gefährliche Welt der Südsee.
Jack London – Ein Schriftsteller in der Südsee
Jack London, bekannt für seine abenteuerlichen Romane und scharfsinnigen gesellschaftlichen Beobachtungen, unternahm eine bemerkenswerte Reise in die Südsee, die nicht nur seine Schriften, sondern auch seine Weltsicht nachhaltig prägte. Finanziert durch die Einnahmen seiner zahlreichen Veröffentlichungen, ließ sich London die Yacht Snark nach eigenen Entwürfen bauen und brach 1907 zu einer Weltreise auf, die ihn durch exotische und fernab gelegene Regionen führte.
Die Reise begann in San Francisco, wo London und seine Crew, darunter seine zweite Frau Charmian, in Richtung der pazifischen Inselwelten aufbrachen. Ihr erstes Ziel waren die Hawaii-Inseln, die 1898 von den USA annektiert wurden. In Honolulu angekommen, wurde London schnell zu einer gesellschaftlichen Berühmtheit. Er engagierte sich leidenschaftlich für die Rechte der einheimischen Hawaiianer und setzte sich insbesondere für die an Lepra erkrankten Menschen auf der Insel Molokaʻi ein. Dort nahm er an einem Pferderennen teil, um auf die schwierigen Lebensbedingungen der Aussätzigen aufmerksam zu machen. Diese Erfahrungen inspirierten ihn zu seiner Erzählung „Koolau – der Aussätzige“.
Weiter führte Londons Reise ihn auf die Marquesas-Inseln und nach Tahiti, wo er die einheimische Kultur und die Natur tiefgehend erkundete. Auf Raiatea wurde er von der Gastfreundschaft der Einwohner beeindruckt, und in Samoa ehrte er den Schriftsteller Robert Louis Stevenson. London war stets von der Schönheit und Ursprünglichkeit der Südsee fasziniert, sah sich jedoch auch mit den Schattenseiten der kolonialen Ausbeutung und den verheerenden Auswirkungen von Krankheiten konfrontiert, die die einheimische Bevölkerung dezimierten.
Die Reise wurde schließlich aufgrund von Londons eigener schwerer Erkrankung abgebrochen. Die geplanten sieben Jahre wurden zu einer 27-monatigen Odyssee, die ihn letztlich geschwächt und krank nach San Francisco zurückführte. Diese intensiven Erlebnisse fanden nicht nur in seinen späteren Werken Niederschlag, sondern hinterließen auch einen tiefen Eindruck in seinem Bewusstsein und prägten seine kritische Sicht auf die imperialistische Expansion und die globalen sozialen Ungerechtigkeiten.
Jack Londons Südseereise illustriert eindrucksvoll, wie tiefgreifend persönliche Erfahrungen in fremden Kulturen und unter extremen Bedingungen das Werk und die Überzeugungen eines Schriftstellers beeinflussen können.
Der Sammelband enthält die folgenden Geschichten:
Ein Sohn der Sonne (A Son of the Sun)
Aloysius Pankburns wunder Punkt (The Proud Goat of Aloysius Pankburn)
Die Teufel von Fuatino (The Devils of Fuatino)
Die Witzbolde von Neu-Gibbon (The Jokers of New Gibbon)
Eine kleine Abrechnung mit Swithin Hall (A Little Account With Swithin Hall)
Ein Abend in Goboto (A Goboto Night)
Federn der Sonne (The Feathers of the Sun)
Parlays Perlenntent (The Pearls of Parlay)
„Ein Sohn der Sonne“ – Buch
Jack London.
Ein Sohn der Sonne.
Übersetzt von Erwin Magnus.
Erstdruck dieser Übersetzung: Universitas Verlag, Berlin 1926.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024