Heinrich Mann - Die Göttinnen

Die Göttinnen

„Und inzwischen nahm ihr Talent eine Entwickelung, der alle ratlos zusahen. Statt der kühlen Anmut ihrer ehemaligen Gedanken dampfte nun ein verzweifelter Geist aus allen ihren Sätzen. Ihre Worte rissen die Sinne des Lesers hin, als fühlte er die Arme einer Frau um seinen Hals, indes die Spitzen ihrer Brüste die Schriftzüge aufs Papier malten.“

(Zitat S. 136 in diesem Buch)

Für seinen berühmten historischen Roman „Die Göttinen oder Die drei Romane der Herzogin von Assy“ bediente sich Heinrich Mann an den großen Frauenfiguren der römischen Mythologie, um die Entwicklung seiner Protagonistin zu verdeutlichen: „Das Leben einer mit Leidenschaft lebenden Frau habe ich mit drei starken Motiven erfüllt: Freiheit, Kunst, Liebe. Die Herzogin von Assy ist nacheinander Diana, Minerva, Venus.“ (Heinrich Mann über seinen Roman)

Die Göttinnen von Heinrich Mann – Zusammenfassung

Heinrich Manns Roman „Die Göttinnen“ ist ein vielschichtiges Werk, das die gesellschaftlichen und politischen Strömungen seiner Zeit widerspiegelt. Der Roman wurde 1903 veröffentlicht und spielt in der Zeit des fin de siècle, einer Epoche des Umbruchs und der Dekadenz.

Handlung

Der Roman dreht sich um das Leben und die Schicksale dreier Frauen – Ellen, Eva und Mimi –, die in einem komplexen Netz aus gesellschaftlichen Erwartungen, persönlichen Ambitionen und politischen Intrigen gefangen sind. Die Handlung ist in einer fiktiven Kleinstadt angesiedelt, die als Spiegelbild der damaligen deutschen Gesellschaft dient.

Ellen

Ellen ist die Tochter eines angesehenen Kaufmanns und verkörpert die Idealvorstellung der bürgerlichen Tugendhaftigkeit. Sie ist schön, klug und moralisch integer. Ihr Leben ändert sich drastisch, als sie sich in einen jungen Revolutionär verliebt, der gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Strukturen kämpft. Ellen gerät in einen Zwiespalt zwischen ihrer Liebe und ihren bürgerlichen Pflichten, was schließlich zu ihrer inneren Zerrissenheit führt.

Eva

Eva ist eine geheimnisvolle und verführerische Frau, die das Ideal der femme fatale verkörpert. Sie nutzt ihre Schönheit und ihren Charme, um Männer zu manipulieren und ihre eigenen Ziele zu erreichen. Eva symbolisiert die zerstörerische Kraft der Leidenschaft und das Unvermögen der Männer, ihren Verführungen zu widerstehen. Ihr Charakter steht im starken Kontrast zu Ellen, da Eva keinerlei moralische Bedenken hat und rücksichtslos ihre eigenen Interessen verfolgt.

Mimi

Mimi ist die jüngste und naivste der drei Frauen. Sie träumt von einem Leben voller Romantik und Abenteuer, das weit über die Grenzen ihrer provinziellen Herkunft hinausgeht. Mimi gerät jedoch in die Fänge eines skrupellosen Verführers, der ihre Träume ausnutzt und sie in eine aussichtslose Lage bringt. Mimis Geschichte ist eine Tragödie der verlorenen Unschuld und der unerfüllten Sehnsüchte.

Themen und Motive

„Die Göttinnen“ behandelt eine Vielzahl von Themen und Motiven, die für Heinrich Manns Werk charakteristisch sind. Zu den zentralen Themen gehören:

Gesellschaftliche Zwänge und persönliche Freiheit

Der Roman zeigt eindrucksvoll die Konflikte zwischen individuellen Wünschen und den starren gesellschaftlichen Normen. Die Protagonistinnen kämpfen auf unterschiedliche Weise gegen die Einschränkungen ihrer Zeit und versuchen, ihre eigene Identität zu finden.

Liebe und Verführung

Die komplexen Liebesbeziehungen und die Macht der Verführung spielen eine zentrale Rolle im Roman. Die Figuren bewegen sich in einem Spannungsfeld aus Leidenschaft, Manipulation und moralischen Dilemmata.

Dekadenz und Moral

Die Epoche des fin de siècle ist geprägt von einem Gefühl der Dekadenz und des moralischen Verfalls. Mann zeichnet ein kritisches Bild der Gesellschaft, in der traditionelle Werte zunehmend hinterfragt und aufgeweicht werden.

Emanzipation der Frau

Obwohl die Frauen im Roman in vielerlei Hinsicht Opfer der gesellschaftlichen Strukturen sind, zeigen sie auch Ansätze von Emanzipation und Selbstbestimmung. Besonders Ellen und Eva stellen traditionelle Rollenbilder in Frage und suchen nach neuen Wegen, um ihre Leben selbstbestimmt zu gestalten.

Stil und Struktur

Heinrich Manns Schreibstil in „Die Göttinnen“ ist geprägt von einer dichten und oft ironischen Erzählweise. Der Roman ist sowohl ein psychologisches Porträt der Figuren als auch eine satirische Darstellung der Gesellschaft. Mann verwendet eine vielschichtige Erzähltechnik, die die inneren Konflikte und die äußeren Ereignisse kunstvoll miteinander verwebt.

Die häufigsten Fragen

1. Was ist „Die Göttinnen oder Die drei Romane der Herzogin von Assy“?

„Die Göttinnen oder Die drei Romane der Herzogin von Assy“ ist ein dreibändiger Roman von Heinrich Mann. Er wurde zwischen 1899 und 1902 in Riva entworfen und geschrieben. Die Veröffentlichung erfolgte im Dezember 1902, vordatiert auf 1903. Der Roman schildert die abenteuerlichen und leidenschaftlichen Erlebnisse der Herzogin von Assy, einer dalmatinischen Adligen, in drei verschiedenen Städten Italiens: Rom, Venedig und Neapel.

2. Welche Themen behandelt der Roman?

Der Roman thematisiert die Sehnsucht nach Freiheit, Kunst und Liebe. Die Herzogin von Assy durchlebt verschiedene Phasen in ihrem Leben, die jeweils durch mythologische Göttinnen symbolisiert werden: Diana, Minerva und Venus. Weitere zentrale Themen sind politische Revolutionen, gesellschaftliche Umwälzungen und die Rolle der Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft.

3. Wer sind die Hauptfiguren im Roman?

  • Violante, Herzogin von Assy: Die Protagonistin, eine dalmatinische Adlige, die sich nach Freiheit, Kunst und Liebe sehnt.
  • Dr. Pavic: Ein dalmatinischer Revolutionär, der die Herzogin unterstützt, aber auch Konflikte verursacht.
  • Baron Christian Rustschuk: Der Vermögensverwalter der Herzogin und späterer Finanzier.
  • Prinz Philipp (Phili): Thronfolger im dalmatinischen Königshaus.
  • Marchese di San Bacco: Ein italienischer Freiheitskämpfer und Demokrat.
  • Properzia Ponti: Eine Bildhauerin aus Venedig.
  • Jean Guignol: Ein Dichter in Neapel.

4. Wie ist die Handlung des ersten Bandes „Die Herzogin – eine Diana in Rom“?

Der erste Band spielt im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Die Herzogin flieht aus Dalmatien nach Italien, um der politischen Verfolgung zu entkommen. In Rom organisiert sie eine gescheiterte Revolution und trifft auf verschiedene politische und religiöse Figuren. Sie kämpft für Freiheit und politische Veränderungen, wird jedoch verraten und ausgenutzt. Der Band endet mit ihrer Entscheidung, sich der Kunst zuzuwenden und nach Venedig zu ziehen.

5. Wie entwickelt sich die Geschichte im zweiten Band „Die Herzogin – eine Minerva in Venedig“?

Im zweiten Band, der in Venedig spielt, konzentriert sich die Herzogin auf ihre künstlerischen Bestrebungen. Sie wird von dem Maler Jakobus Halm umworben, der sie schließlich verführt. Die Herzogin hat jedoch auch eine tiefe Beziehung zu dem jungen Nino Degrandis. Die künstlerischen und persönlichen Konflikte führen zu tragischen Ereignissen, einschließlich der Einweisung von Halms Frau Bettina in ein Irrenhaus.

6. Was passiert im dritten Band „Die Herzogin – eine Venus in Neapel“?

Im dritten Band lebt die Herzogin in Neapel und widmet sich ganz der Liebe und sinnlichen Genüssen. Sie erlebt leidenschaftliche Affären mit verschiedenen Männern, darunter auch der wiedergekehrte Nino, der inzwischen erwachsen ist. Am Ende des Bandes kämpft die Herzogin mit gesundheitlichen Problemen und stirbt, nachdem sie ihre letzten Wünsche erfüllt hat.

7. Welche Rolle spielen die mythologischen Göttinnen Diana, Minerva und Venus im Roman?

Die drei Göttinnen symbolisieren die unterschiedlichen Phasen im Leben der Herzogin:

  • Diana: Im ersten Band repräsentiert Diana die Freiheit und Unabhängigkeit, nach der die junge Herzogin strebt.
  • Minerva: Im zweiten Band steht Minerva für Weisheit und Kunst, während die Herzogin sich in Venedig der Kunst widmet.
  • Venus: Im dritten Band verkörpert Venus die Liebe und Sinnlichkeit, die die Herzogin in Neapel auslebt.

8. Welche stilistischen und thematischen Elemente sind in „Die Göttinnen“ bemerkenswert?

Heinrich Mann verwendet eine reichhaltige, bildhafte Sprache und verbindet kunsthistorische und mythologische Bezüge mit der Erzählung. Die Protagonistin durchläuft eine tiefgehende Entwicklung, die in metaphorischen und symbolischen Szenen dargestellt wird. Der Roman kombiniert gesellschaftskritische Themen mit persönlicher Leidenschaft und künstlerischer Ambition.

9. Wie wurde der Roman „Die Göttinnen“ von der zeitgenössischen Kritik aufgenommen?

„Die Göttinnen“ wurde von der zeitgenössischen Kritik unterschiedlich aufgenommen. Einige lobten die komplexe Darstellung der Protagonistin und die kunstvolle Sprache, während andere die moralischen und sexuellen Themen kontrovers diskutierten. Der Roman gilt heute als ein bedeutendes Werk von Heinrich Mann, das die Vielschichtigkeit menschlicher Sehnsüchte und gesellschaftlicher Zwänge thematisiert.

Die Göttinen – Buch

Hier liegt der Roman in einer Taschenbuch-Neuausgabe vor.

Heinrich Mann - Die GöttinnenHeinrich Mann.
Die Göttinnen
oder Die drei Romane der Herzogin von Assy.
Erstdruck: Langen Verlag, München 1903.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt: Aufbau Verlag, Berlin 1957.

Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

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