Der Totenwald
„Er fühlte, wie die eisige Kälte seine Träume zerbrach, wie der Frost die Blütenstengel zerbricht, wie durch das Bild Gottes ein Sprung hindurchlief, der nicht mehr heilen würde, und wie nur eines sich lautlos und ungeheuer vor ihm aufrichtete, was er früher gerne mit Träumen und Wünschen verziert und bekleidet hatte: die nackte, erbarmungslose Wirklichkeit, das Gesicht des Menschen, wie es war, wenn man ihm Macht gab (…)“ (Zitat S. 44 in diesem Buch)
Der Bericht des Schriftstellers Ernst Wiechert über seine Haft im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar zählt bis heute zu seinen meistgelesenen Werken. Neben den erschütternden Schilderungen des Häftlingsalltags gelingt es ihm auch, Beispiele von Menschlichkeit unter Mithäftlingen zu finden.
„Wiecherts Bericht aus dem KZ Buchenwald ist nicht nur ein Zeugnis für die systematische Zerstörung von Menschlichkeit an diesem Ort, sondern auch ein Zeugnis dafür, dass von vielen auch unter diesen Bedingungen Menschlichkeit – Anteilnahme, Fürsorge, Kameradschaft – bewahrt wurde.“ (Gernot Böhme, in der FAZ)
Hier liegt das 1946 erstmals erschienene Werk in einer Taschenbuch-Neuausgabe vor.
Ernst Wiechert. Der Totenwald. Ein Bericht. Mit einem Nachwort des Autors.
Erstdruck: Der Totenwald. Ein Bericht. Rascher Verlag, Zürich 1946.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt der ungekürzten Ausgabe im Ullstein Verlag, Frankfurt/M. ; Berlin ; Wien 1975.
Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2022. LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
EAN: 9783965425415
ISBN: 3965425412
Paperback.
2022 – 88 Seiten
Ernst Wiechert – Biographie & wichtige Werke
Ernst Wiechert wurde am 18. Mai 1887 in Kleinort, Ostpreußen, geboren und starb am 24. August 1950 in Stäfa, Schweiz. Er war ein deutscher Schriftsteller und bedeutender Vertreter der Inneren Emigration während der Zeit des Nationalsozialismus. Wiecherts Werke zeichnen sich durch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der Natur, der menschlichen Seele und moralischen Fragen aus.
Frühes Leben und Bildung
Ernst Wiechert wuchs in einer Försterfamilie auf, was seine tiefe Verbundenheit mit der Natur prägte. Er besuchte das Gymnasium in Königsberg und studierte anschließend Germanistik und Philosophie an der Universität Königsberg. Seine frühen Erlebnisse und die ostpreußische Landschaft beeinflussten nachhaltig seine literarische Arbeit.
Literarische Karriere
Seine Karriere als Schriftsteller begann Wiechert mit lyrischen und erzählerischen Werken. Sein erster Gedichtband erschien 1911. Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier und wurde mehrfach verwundet. Die Kriegserfahrungen und ihre Auswirkungen auf die menschliche Psyche wurden zu zentralen Themen in seinen späteren Werken.
Nach dem Krieg arbeitete Wiechert als Lehrer und widmete sich intensiv dem Schreiben. Seine Romane und Erzählungen fanden schnell ein breites Publikum und machten ihn zu einem der bekanntesten Autoren seiner Zeit.
Zeit des Nationalsozialismus und Innere Emigration
Während der Zeit des Nationalsozialismus zog sich Wiechert innerlich zurück und schrieb Werke, die sich kritisch mit der politischen Situation auseinandersetzten, ohne offen oppositionell zu sein. Er wurde 1938 von der Gestapo verhaftet und ins KZ Buchenwald gebracht, weil er gegen das NS-Regime gesprochen hatte. Nach seiner Freilassung im selben Jahr zog er sich noch weiter zurück und lebte bis zum Ende des Krieges in Bayern.
Späteres Leben und Tod
Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Ernst Wiechert in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tod 1950 lebte. Seine späten Werke widmen sich weiterhin den Themen Natur, Menschlichkeit und moralische Fragen. Wiechert wurde für seine literarischen Beiträge mehrfach ausgezeichnet und bleibt eine bedeutende Figur der deutschen Literaturgeschichte.
Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel über seinen 60. Geburtstag 1947
„Man feierte den Dichter, dessen Weg in dem masurischen Forsthaus Kleinort, in der Einsamkeit ostpreußischer Wälder begann, als einen der ‚wesentlichsten Rufer gegen die drohende Entseelung des Menschengeschlechts‘. Man feierte ihn als ‚starken und tiefen dichterischen Geist‘, einen ‚Epiker von eminentem Naturgefühl‘ und ‚erlebnishafter dichterischer Darstellung‘, als einen ‚Gottsucher von Ernst und Leidenschaft‘. […] Und erinnerte daran, ein wie großer Trost für viele der Dichter war, der, unter Gestapobewachung stehend, seine Manuskripte im Garten vergraben mußte. […] Auch jenes Interview wurde erwähnt, in dem er 1947 schwedischen Journalisten gesagt hatte, er habe den Glauben an die Zukunft des deutschen Volkes verloren. […] In Erinnerungen und Würdigungen, Gedichten und Grüßen bekennen sich hier Dichter und Gelehrte, bekannte und unbekannte Menschen, Jugend und Alter zu Ernst Wiechert. Ricarda Huch, Johannes R. Becher, Hermann Hesse, Otto Flake, Max Picard, Werner Bergengruen, Eduard Spranger, Reinhold Schneider, Hans Carossa und Kasimir Edschmid sind unter ihnen. […] Sie grüßen in ihm den Menschen und Dichter, sie sind ihm dankbar für das, was sie von ihm empfingen und empfangen.“
Zitat aus: Der Spiegel v. 24. Mai 1947
Wichtige Werke von Ernst Wiechert
Das einfache Leben (1939)
Dieser Roman erzählt die Geschichte eines Mannes, der nach persönlichen und beruflichen Enttäuschungen ein einfaches und naturnahes Leben auf dem Land sucht. Das einfache Leben ist ein Plädoyer für die Rückkehr zu natürlichen und einfachen Lebensweisen als Antwort auf die Komplexität und Hektik der modernen Welt.
Der Totenwald (1939)
In Der Totenwald verarbeitet Wiechert seine Erlebnisse im KZ Buchenwald. Das Buch ist ein bewegendes Zeugnis des Leidens und der Grausamkeit des NS-Regimes, aber auch ein Appell für Menschlichkeit und Widerstand. Der Titel steht symbolisch für die Schrecken des Krieges und die Dunkelheit, die über Deutschland lag.
Die Jeromin-Kinder (1945)
Dieser Roman erzählt die Geschichte einer Familie in Ostpreußen und ihre Erlebnisse während der beiden Weltkriege. Die Jeromin-Kinder beleuchtet das Schicksal der Menschen in dieser Zeit und den Verlust ihrer Heimat. Es ist ein umfassendes Werk, das die Zerrissenheit und den Schmerz einer ganzen Generation darstellt.
Missa sine nomine (1950)
Missa sine nomine ist ein tiefgründiger Roman, der das Schicksal von Menschen in einer kleinen Stadt während und nach dem Zweiten Weltkrieg schildert. Der Titel, der übersetzt „Messe ohne Namen“ bedeutet, verweist auf das universelle Leid und die namenlosen Opfer des Krieges. Wiechert verwendet religiöse Motive, um die Suche nach Erlösung und Vergebung darzustellen.
Wälder und Menschen (1936)
In Wälder und Menschen beschreibt Wiechert seine innige Beziehung zur Natur und insbesondere zu den Wäldern seiner Heimat. Das Werk ist eine Sammlung von Essays und Reflexionen, die die Schönheit und den Frieden der Natur feiern und ihre Bedeutung für das menschliche Leben und die Seele betonen.
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Werke von Ernst Wiechert
- Ernst Wiechert – Das einfache Leben
- Ernst Wiechert – Der Totenwald
- Ernst Wiechert – Die Jeromin-Kinder
- Ernst Wiechert – Missa sine nomine
- Ernst Wiechert – Wälder und Menschen
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2024