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Die 5 besten Bücher von Fjodor Dostojewski
Neun umfangreiche Romane sowie zahlreiche Novellen und Erzählungen hat Fjodor Dostojewski hinterlassen.
Dostojewskis großes Thema sind Menschen in der Krise.
Und die Seelenzustände seiner Protagonisten beschreibt der Autor mit solch einem psychologischen Feingefühl und einer solchen Tiefe, dass seine Bücher noch heute eine große Faszination auf ihre Leser ausüben.
Wir stellen hier die Top 5 des LIWI-Verlags von Dostojewski vor und zeigen, was diese fünf großen Romane zu wahren Schätzen macht.
1. Schuld und Sühne – zwischen Abscheu und Mitleid
Die Idee zur Figur des Studenten und Mörders Raskolnikow kam Dostojewski während seiner Haftzeit in einem Gefangenenlager in Sibirien. Der verarmte Student begeht Raubmord an einer Pfandleiherin und deren Schwester, die Zeuge seiner grausamen Tat wurde.
Nach dem Verbrechen beginnt die Buße. Dostojewski zeichnet nicht nur die unterschiedlichsten Gefühlslagen des Protagonisten detailliert nach, sondern auch die Reaktionen seines Umfelds auf den Mord. Und diese lassen den Mörder nicht ungerührt zurück.
Und auch der Leser sieht sich unterschiedlichsten Gefühlsregungen ausgesetzt, die von der Abscheu gegenüber dem Protagonisten bis hin zu Mitgefühl mit dem verarmten Studenten reichen.
Kann ein Leben nützlicher sein als das eines anderen? Und kann so ein Mord legitimiert werden? Keine geringeren Fragen wirft Dostojewski in seinem schweren Werk Schuld und Sühne auf.
Schuld und Sühne wurde übrigens zunächst als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitschrift veröffentlicht – parallel zu Tolstois Krieg und Frieden. Dies führte zu einer Interaktion zwischen den Autoren, in deren Rahmen Dostojewski in seinem Werk auf Teile aus Krieg und Frieden reagiert.
2. Der Idiot – christliche Ideale und die Realität
Dostojewski verbindet in diesem Werk seine christlichen Ansichten mit persönlicher Lebenserfahrung. Hauptfigur des Romans ist Fürst Lew Myschkin. Er ist Der Idiot. Und in vielen Zügen erinnert er an keinen geringeren als den Sohn Gottes, trägt er doch nichts als Liebe und Vergebung in die Welt. Doch diese Welt hält ihn eben deshalb für den titelgebenden Schwachkopf und so kann sich seine gutmütige Natur nur selten auszahlen.
Damit wird das Buch zu einem interessanten Gedankenspiel: Kann das christliche Ideal in seiner letzten Konsequenz gelebt werden? Und kann es in der realen Welt überhaupt überleben?
Für dieses Gedankenspiel bemühte sich Dostojewski möglichst dicht an der Wirklichkeit zu bleiben. Ohne ein festgelegtes Ende im Kopf schrieb und schrieb er und versuchte festzuhalten, wie die Figuren in Übereinstimmung mit ihrem Naturell handeln würden. „In meinem Kopf schwindelte es. Es ist ein Wunder, dass ich nicht verrückt geworden bin“, meinte Dostojewski über die Arbeit an diesem Werk.
Doch es hat sich gelohnt, denn er schuf ein Buch voller unterschiedlichster, fein gezeichneter Charaktere.
3. Die Brüder Karamasow – die Abgründe der menschlichen Seele
Habgierig und genusssüchtig ist er, der alte Karamasow. Bei seinem fragwürdigen Charakter ist es kaum ein Wunder, dass er 1866 einem Mord zum Opfer fällt. Währenddessen sind Die Brüder Karamasow, die Söhne des Patriarchen, zu Gast auf dem Gut des Vaters. Und sie sind voller Verachtung für ihren Erzeuger. Alles deutet darauf hin, dass Dimitrij, der älteste von ihnen und derjenige, der dem Alten am meisten nachkommt, den Vater umgebracht hat.
Im Mittelpunkt der Handlung steht aber nicht der Mord, der Kriminalfall, der tatsächlich erst am Ende des Werks aufgelöst wird, sondern die inneren und äußeren Konflikte der Brüder. Der gottesfürchtige Aljoscha, der hedonistische Dimitrji, der intellektuelle Iwan – jeder der drei Brüder steht für ein Lebenskonzept, das er mehr und mehr in Frage stellt.
Darüber hinaus ist dieses Werk ein Meisterstück an Sprache und Symbolik und spannend bis zur letzten Seite. Dostojewski führt den Leser einmal mehr in die Abgründe der menschlichen Seele: “Ich denke, der Teufel existiert nicht, aber der Mensch hat ihn geschaffen, er hat ihn nach seinem eigenen Bild und Gleichnis geschaffen.“
4. Die Dämonen – Besessenheit, Mord und Terror
In diesem Roman geht es selbst für Dostojewskis Verhältnisse ausgesprochen düster zu. Stepan Werchowenskij und Warwara Stawrogina sind zwei der Protagonisten aus Die Dämonen. Der arme Hauslehrer und die reiche Witwe kennen sich seit zwei Jahrzehnten und leben eine eheähnliche Beziehung.
Nun müssen beide mit ansehen, wie Stepans Sohn Pjotr und Warwaras Sohn Nikolaj einen Machthunger entwickeln, der sie zu Mord und Terror verleitet. Besessenheit, Mord, Selbstmord und die eigene Ohnmacht sind die großen Themen, die sich in diesem Werk entspinnen.
Die Idee für die Geschichte lieferte ein realer politisch motivierter Mord: Die Ermordung des Studenten Iwanow durch Sergej Netschajew. Dostojewski schrieb Die Dämonen 1871. Und schuf Jahre vor der Russischen Revolution einen Antirevolutionsroman, der in seiner Radikalität und Sinnfrage seines Gleichen sucht.
Dostojewski schrieb damit quasi „nicht über die Gegenwart, sondern über die Zukunft“, wie der Religionsphilosoph Berdjajew kurz nach der Oktoberrevolution feststellte. Das Werk zeichnet sich nicht nur durch seine inhaltliche Brisanz aus, auch schnelle Perspektivwechsel innerhalb der Handlung und schnelle Erzählabläufe tragen zur Spannung bei.
5. Der Jüngling – Dostojewskis modernster Roman
Dieses Werk zu den fünf besten Büchern Dostojewskis zu zählen ist nicht unstrittig. Selbst manch einem Literaturwissenschaftler ist Der Jüngling zu verworren. Der Jüngling, das ist Arkadij Dolgorukij, unehelicher Sohn eines idealisierten Vaters, geprägt von Minderwertigkeitskomplexen und provozierten Deklassierungen.
„Er ist auf der Suche nach einem Leitfaden für sein Verhalten, nach dem, was gut und was böse ist, dem Leitfaden, den es in unserer Gesellschaft nicht mehr gibt, danach dürstet er, das sucht er instinktiv, und darin liegt das Ziel meines Romans”, sagte der Autor selbst über diesen außergewöhnlichen Protagonisten.
Mehrere Handlungsstränge werden in Der Jüngling von Beginn an miteinander verwoben. Und dennoch bekommt der Leser die Handlung ausschließlich aus Sicht des Ich-Erzählers präsentiert, der sich durch Unreife und Unwissenheit auszeichnet. So bleibt alles ungewiss und subjektiv. Der Jüngling ist Dostojewskis vorletzter Roman und wohl auch sein modernster und experimentellster. Und genau das macht ihn so besonders.
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Biographie und weitere Empfehlungen
Fjodor Michailowitsch Dostojewski entstammte einer bürgerlichen Moskauer Familie. Er wurde im Jahr 1821 geboren. Schon mit seinem ersten Roman konnte Dostojewski einen großen Erfolg verbuchen. Da war er gerade Anfang 20 und lebte fortan als freier Autor.
Dostojewski unterhielt Kontakte zu revolutionären Gruppen und entkam 1849 nur knapp einer Hinrichtung. Doch musste er für Jahre in die sibirische Verbannung. Die Zeit in Sibirien inspirierte ihn unter anderem zu Aufzeichnungen aus einem Totenhaus.
Als Autor interessierte sich Dostojewski vor allem für die seelischen Zustände von Menschen, die in eine Krise gestürzt werden und sich von der Welt verlassen fühlen. Dostojewski gilt als bedeutender Vertreter der Literatur des Realismus. Seine psychologische Erzählweise mit philosophischer Komplexität beeinflusste Autoren wie Hermann Hesse, Thomas Mann und Albert Camus.
Schon seit seinen Jugendtagen litt Dostojewski an Epilepsie. Er verfiel der Spielsucht und geriet nicht zuletzt dadurch immer wieder in finanzielle Not. 1881 verstarb er in St. Petersburg an einer Lungenblutung. Es heißt, mehrere zehntausend Menschen gaben ihm das letzte Geleit.
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 25. März 2024