Fjodor Dostojewski - Die Dämonen. Vollständige Neuausgabe

Die Dämonen. Vollständige Neuausgabe

„Es gibt keinen Gott, aber er ist da. In einem Stein liegt kein Schmerz, aber die Furcht vor dem Stein erzeugt Schmerz. Gott ist der Schmerz der Todesfurcht. Wer über den Schmerz und die Furcht den Sieg davonträgt, wird selbst ein Gott sein. Dann wird ein neues Leben beginnen, ein neuer Mensch kommen, und alles wird neu sein …“. (S. 110 in diesem Buch)

Der berühmte Roman „Die Dämonen“ erschien erstmals 1873 und wird zu Dostojewskis größten Werken gezählt. Dies wird auch durch die Aufnahme in den Kanon der „ZEIT Bibliothek der 100 Bücher“ deutlich. Der Roman erschien auch unter den Titeln „Böse Geister“, „Die Teufel“ oder „Die Besessenen“.

Hier wird das Buch ungekürzt in der vielgelesenen Übersetzung von Gregor Jarcho frisch aufgelegt.

Zusammenfassung / Inhaltsangabe

„Die Dämonen“, auch bekannt unter dem Titel „Die Besessenen“ oder „Böse Geister“, ist ein weiteres Meisterwerk von Fjodor Michailowitsch Dostojewski, das die dunklen Seiten der menschlichen Psyche und die Zerbrechlichkeit der sozialen Ordnung erforscht.

Der Roman spielt in einer fiktiven russischen Provinzstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und kreist um die destruktiven Auswirkungen radikaler politischer Ideen auf die Einwohner der Stadt.

Im Zentrum der Handlung steht Nikolai Stawrogin, ein charismatischer, aber moralisch ambivalenter Adliger, der mit seiner rätselhaften Persönlichkeit und seinen skandalösen Handlungen die Menschen um ihn herum fasziniert und manipuliert.

Um Stawrogin sammelt sich eine Gruppe von Revolutionären, angeführt von dem ideologisch getriebenen Pjotr Stepanowitsch Wergiljew. Diese Gruppe strebt danach, die bestehende Ordnung umzustürzen und durch eine neue, von ihnen kontrollierte Gesellschaftsordnung zu ersetzen.

Die Handlung verdichtet sich in einer Reihe von tragischen Ereignissen, darunter Mord, Selbstmord und Verrat, die die moralische und soziale Auflösung der Stadtgemeinschaft verdeutlichen.

Der Roman endet mit der Zerschlagung der revolutionären Gruppe und dem persönlichen Verfall Stawrogins, was die Fragilität radikaler Ideologien und die Unausweichlichkeit moralischer Verantwortung unterstreicht.

Analyse und Interpretation

„Die Dämonen“ ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Gefahren ideologischer Verblendung und den Auswirkungen von Nihilismus und Anarchie auf die menschliche Gesellschaft.

Dostojewski kritisiert in seinem Werk die intellektuelle Arroganz und den moralischen Relativismus, die er als bedrohliche Strömungen innerhalb der russischen Intelligenzija seiner Zeit sah.

Die Charaktere im Roman, insbesondere die Gruppe um Pjotr Stepanowitsch, verkörpern verschiedene Facetten radikaler Ideologien, die Dostojewski als destruktiv für die individuelle Seele und die soziale Ordnung ansah.

Stawrogins Figur wird oft als Verkörperung des „überflüssigen Menschen“ interpretiert, eines zentralen Motivs in der russischen Literatur, das den Konflikt zwischen individuellen Leidenschaften und sozialen Konventionen thematisiert.

Das Werk ist auch eine prophetische Vision der kommenden politischen Umwälzungen in Russland, die letztendlich zur Revolution von 1917 führten.

Dostojewski zeigt auf, wie der Verlust von moralischen Werten und spirituellen Überzeugungen zu Chaos und Zerstörung führt, und plädiert für die Notwendigkeit einer moralischen Erneuerung.

Sprache und Stil

Dostojewskis Sprache in „Die Dämonen“ ist komplex und vielschichtig, mit einem reichen Spektrum an stilistischen Mitteln, die die psychologische Tiefe und die philosophische Komplexität des Romans unterstreichen.

Der Roman zeichnet sich durch seine dichte Erzählstruktur, den Wechsel zwischen verschiedenen Perspektiven und die Einflechtung von philosophischen Exkursen und Dialogen aus.

Die Übersetzung von Gregor Jarcho wird für ihre Fähigkeit gelobt, die Nuancen von Dostojewskis Stil und die Intensität seiner sprachlichen Ausdruckskraft ins Deutsche zu übertragen.

Dostojewski nutzt die Sprache, um die innere Welt seiner Charaktere zu erforschen und die Spannungen zwischen ihren ideologischen Überzeugungen und ihren menschlichen Schwächen darzustellen.

Die Dialoge im Roman sind oft von einer dramatischen Intensität, die die konfliktreichen Beziehungen zwischen den Charakteren und ihre existenziellen Kämpfe veranschaulicht.

Durch die meisterhafte Verwendung von Symbolik und Metaphorik schafft Dostojewski eine tiefe Schichtung von Bedeutungen, die den Leser dazu einlädt, über die sichtbaren Ereignisse hinaus in die philosophischen und psychologischen Tiefen des Romans einzutauchen.

Sein Stil reflektiert die Komplexität der dargestellten Themen und trägt entscheidend zur eindringlichen Atmosphäre des Werks bei. Jedes Element in „Die Dämonen“ – von den Charakteren über die Handlung bis hin zur Sprache – dient dem Zweck, die zentralen Fragen der menschlichen Existenz und der gesellschaftlichen Ordnung zu beleuchten.

In der Art und Weise, wie Dostojewski seine Geschichte erzählt, offenbart sich sein Glaube an die Möglichkeit der Erlösung durch Leiden. Dieses Motiv durchzieht den gesamten Roman und bildet den Kern seiner Botschaft: dass selbst inmitten tiefster Dunkelheit Hoffnung auf Erneuerung und Erlösung besteht.

„Die Dämonen“ bleibt ein zeitloses Werk, das nicht nur wegen seiner erzählerischen Kraft und seiner tiefen Einblicke in die menschliche Natur bewundert wird, sondern auch wegen seiner unerschrockenen Auseinandersetzung mit den moralischen und philosophischen Herausforderungen, die bis heute relevant sind.

Wichtige Figuren

Nikolai Wsewolodowitsch Stawrogin ist eine der zentralen und faszinierendsten Figuren in „Die Dämonen“. Seine charismatische Ausstrahlung, verbunden mit einer tiefen inneren Zerrissenheit und moralischen Ambiguität, macht ihn zu einer Schlüsselfigur im Roman.

Pjotr Stepanowitsch Wergiljew ist der Antreiber der revolutionären Bewegung in der Stadt. Er verkörpert die radikalen Ideen und die Bereitschaft, für diese Ideen bis zum äußersten zu gehen, selbst wenn dies die Zerstörung der eigenen Gesellschaft bedeutet.

Iwan Pawlowitsch Schatow steht für die Suche nach spiritueller und nationaler Erneuerung Russlands. Als ehemaliger Anhänger der revolutionären Bewegung, distanziert er sich später von diesen Ideen und repräsentiert eine hoffnungsvolle, wenn auch gefährdete, moralische Alternative.

Stepan Trofimowitsch Wergiljew, Pjotr Stepanowitschs Vater, ist ein intellektueller Idealist der alten Schule, dessen Lebensweise und Überzeugungen durch die Ereignisse im Roman in Frage gestellt werden.

Warwara Petrowna Stawrogina, Stawrogins Mutter, ist eine mächtige gesellschaftliche Figur, deren Versuche, das Schicksal ihres Sohnes und die Ereignisse in der Stadt zu steuern, tragische Konsequenzen haben.

Diese Charaktere bilden das Herz des Romans und veranschaulichen durch ihre Handlungen und Beziehungen zueinander die tiefgreifenden Themen, die Dostojewski in „Die Dämonen“ erforscht.

Literarische Epoche und historischer Hintergrund

„Die Dämonen“ wurde in einer Zeit tiefgreifender sozialer und politischer Umwälzungen in Russland geschrieben.

Das späte 19. Jahrhundert war geprägt von einem Aufschwung revolutionärer Bewegungen, die zunehmend radikale Veränderungen in der russischen Gesellschaft forderten.

Dostojewski selbst war zutiefst besorgt über die Auswirkungen dieser radikalen Ideologien, insbesondere des Nihilismus, auf die russische Jugend und die traditionellen Werte der russischen Kultur.

Der Roman spiegelt Dostojewskis Auseinandersetzung mit diesen Bewegungen und seinen tiefen Pessimismus hinsichtlich ihrer potenziellen Folgen für Russland wider.

Dostojewski verstand „Die Dämonen“ als Warnung vor den Gefahren, die von einer Gesellschaft ausgehen, die ihre moralischen und spirituellen Grundlagen verliert.

Häufige Fragen und Antworten

Was ist das Hauptthema von „Die Dämonen“?

Das Hauptthema des Romans ist der Konflikt zwischen alten Werten und radikalen neuen Ideologien sowie die Suche nach moralischer und spiritueller Orientierung in einer sich schnell verändernden Welt.

Wie wurde „Die Dämonen“ kritisch aufgenommen?

Die kritische Aufnahme von „Die Dämonen“ war und ist weit gefächert. Einige Kritiker lobten das Werk für seine psychologische Tiefe und philosophische Einsicht, während andere es für seine düstere Sicht auf die menschliche Natur und gesellschaftliche Entwicklung kritisierten.

Welche Bedeutung hat „Die Dämonen“ in Dostojewskis Gesamtwerk?

„Die Dämonen“ gilt als eines der wichtigsten Werke Dostojewskis, das zentrale Themen seines literarischen Schaffens wie Schuld, Erlösung und die Suche nach Glauben vertieft.

Hat der Roman heute noch Relevanz?

Ja, „Die Dämonen“ bleibt relevant, da es universelle Fragen der Moral, des Glaubens und der sozialen Verantwortung anspricht, die auch im 21. Jahrhundert von Bedeutung sind.

Buchausgabe

Fjodor Michailowitsch Dostojewski.
Die Dämonen.
Übersetzt von Gregor Jarcho.
Erstdruck des Originals: „Bessy“ in Fortsetzungen in der Zeitschrift Russki Westnik, St. Petersburg, 1871-72.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt dem Erstdruck der Übersetzung von Gregor Jarcho im Bühnen- und Buchverlag russischer Autoren J. Ladyschnikow, 2 Bände, Berlin 1924.

Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.

EAN: 9783965424104
ISBN: 3965424106
Roman. Übersetzt von Gregor Jarcho. Paperback.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
Januar 2021 – 652 Seiten

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 25. März 2024