Die Schule der Empfindsamkeit
Die Schule der Empfindsamkeit (L’Éducation sentimentale) erschien erstmals 1869 und zählt zu den einflussreichsten Romanen des
19. Jahrhunderts.
Das Buch erschien auch unter den Titeln „Lehrjahre der Männlichkeit. Geschichte einer Jugend“, „Die Erziehung der Gefühle“, oder „Die Erziehung des Herzens“.
Hier liegt der Roman in der vielgelesenen Übersetzung von Luise Wolf in einer Neuausgabe vor.
Die Schule der Empfindsamkeit – Übersicht: Das Wichtigste in Kürze
- Autor: Gustave Flaubert
- Gattung: Roman
- Veröffentlichung: 1869
- Epoche: Realismus
- Wichtige Figuren: Frédéric Moreau, Marie Arnoux, Jacques Arnoux, Charles Deslauriers, Rosanette Bron
- Inhalt in einem Satz: Der Roman beschreibt den emotionalen und sozialen Werdegang von Frédéric Moreau, einem jungen Mann aus der französischen Provinz, der in der Pariser Gesellschaft des 19. Jahrhunderts seinen Platz zu finden sucht, dabei jedoch immer wieder an seinen Idealen und unerfüllten Liebschaften scheitert.
Die Schule der Empfindsamkeit – Zusammenfassung
Die Schule der Empfindsamkeit, ein Roman von Gustave Flaubert, entfaltet die Geschichte von Frédéric Moreau, einem jungen Mann, der durch die Höhen und Tiefen des Pariser Gesellschaftslebens navigiert. Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die die unterschiedlichen Phasen in Frédérics Leben und seine emotionalen wie sozialen Konflikte darstellen.
Erster Teil: Im Jahr 1840 verlässt Frédéric seine Heimatstadt Nogent-sur-Seine, um in Paris Jura zu studieren. Geplagt von großen Ambitionen und Tagträumen einer glänzenden Karriere in der Hauptstadt, findet er sich schnell in einem Netz aus gesellschaftlichen Verpflichtungen und persönlichen Beziehungen wieder. Eine zufällige Begegnung mit Madame Arnoux, der Frau des Kunsthändlers Jacques Arnoux, entfacht eine obsessive Liebe in ihm, die ihn während des gesamten Romans begleitet. Seine Studien und das gesellschaftliche Leben in Paris bieten ihm zahlreiche Ablenkungen, jedoch bleiben seine Träume von Ruhm und Liebe unerfüllt.
Zweiter Teil: Nach dem Erbe seines Onkels im Jahr 1845 kehrt Frédéric reich nach Paris zurück. Er versucht, seinen gesellschaftlichen und finanziellen Status zu festigen, indem er in luxuriöse Wohnverhältnisse investiert und sich mit verschiedenen sozialen Gruppen umgibt. Der Teil zeigt Frédéric als einen Mann, der zwischen seinen idealistischen Zielen und den realen Verlockungen der Pariser Demimonde schwankt. Trotz seiner Bemühungen, die Liebe von Madame Arnoux zu gewinnen, driftet er in eine Beziehung mit Rosanette, einer Kurtisane, die ihn in weitere emotionale und finanzielle Turbulenzen stürzt.
Dritter Teil: Die politischen Unruhen von 1848 bieten Frédéric die Chance, sich politisch zu engagieren, aber seine persönlichen Verwicklungen halten ihn davon ab, eine signifikante Rolle zu spielen. Seine Beziehung zu Rosanette bringt nur vorübergehende Freude, und seine Versuche, im Geschäftsleben Fuß zu fassen, enden in Frustration und Enttäuschung. Das Scheitern seiner Pläne und die allmähliche Entfremdung von seinen Freunden führen zu einer tiefen persönlichen Krise. Am Ende des Romans sieht sich Frédéric mit der harten Realität konfrontiert, dass seine Jugendträume unerfüllt bleiben und seine Liebe zu Madame Arnoux unerreicht ist.
Abschluss: Die letzte Begegnung mit Madame Arnoux ist melancholisch, da beide die Vergeblichkeit ihrer Gefühle erkennen und akzeptieren. Der Roman schließt mit einer resignierten Reflexion über das Leben und die verpassten Chancen. Frédéric und sein Freund Deslauriers, beide desillusioniert, erkennen, dass ihre größte Freude in einem unbedachten Jugenderlebnis lag, was ihre Enttäuschung über das Erwachsenenleben noch verstärkt.
Die Schule der Empfindsamkeit – Figuren
Frédéric Moreau: Der Protagonist des Romans, ein junger Mann aus der Provinz, der nach Paris kommt, um Jura zu studieren. Frédéric ist von romantischen Idealen und ambitionierten Träumen erfüllt, doch er ist auch leicht beeinflussbar und unentschlossen. Seine Obsession mit Madame Arnoux und seine beständigen Versuche, sich in der Pariser Gesellschaft zu etablieren, treiben die Handlung voran. Trotz seines Reichtums und seiner Verbindungen scheitert er letztlich daran, seine wahren Ziele zu erreichen.
Marie Arnoux: Die verheiratete Frau, in die sich Frédéric unsterblich verliebt. Marie ist tugendhaft und zurückhaltend, was Frédérics Bemühungen um ihre Zuneigung ständig frustriert. Sie verkörpert die unerreichbare Liebe und bleibt für Frédéric ein Symbol für all das, was er nie haben kann. Ihre moralische Integrität und Loyalität zu ihrer Familie verhindern, dass sie sich auf eine Affäre mit Frédéric einlässt.
Jacques Arnoux: Der Ehemann von Marie Arnoux, ein Geschäftsmann und Kunsthändler, der von verschiedenen finanziellen Schwierigkeiten geplagt wird. Arnoux ist ein komplexer Charakter, der sowohl als Freund als auch als Rivale von Frédéric auftritt. Seine unsolide Finanzlage und seine Affären führen zu einer Reihe von Komplikationen, die die Beziehung zwischen Frédéric und Marie zusätzlich belasten.
Rosanette Bron: Auch bekannt als „die Marschallin“, ist eine Kurtisane und eine der Liebhaberinnen von Jacques Arnoux. Sie wird später Frédérics Geliebte und bringt ihm kurzfristig Glück, das jedoch von ihrer unberechenbaren Natur und den ständigen finanziellen Belastungen überschattet wird. Rosanette symbolisiert die Vergnügungen und Verlockungen der Pariser Demimonde.
Charles Deslauriers: Frédérics engster Freund aus der Jugendzeit, ein ehrgeiziger und pragmatischer Charakter. Deslauriers träumt von einer politischen Karriere und gibt Frédéric oft strategische Ratschläge. Seine Beziehung zu Frédéric ist komplex, da sie von Neid und Rivalität geprägt ist. Trotz seiner Bemühungen gelingt es ihm nie, seine eigenen Ambitionen vollständig zu verwirklichen.
Madame Dambreuse: Eine reiche und einflussreiche Frau, die nach dem Tod ihres Mannes eine Affäre mit Frédéric beginnt. Sie verkörpert die Oberflächlichkeit und die Manipulationsfähigkeit der Pariser Elite. Ihre Beziehung zu Frédéric basiert mehr auf Macht und Status als auf echter Zuneigung.
Monsieur Dambreuse: Ein Bankier und Politiker, der Frédéric zu Beginn des Romans protektionistisch unterstützt. Er repräsentiert die materielle Macht und die Anpassungsfähigkeit der oberen Schichten an die wechselnden politischen Verhältnisse. Sein Tod und das unerwartete Testament, das seine uneheliche Tochter zur Erbin macht, zerschlagen Frédérics Hoffnungen auf finanziellen und sozialen Aufstieg durch die Ehe mit Madame Dambreuse.
Louise Roque: Die Tochter eines wohlhabenden Landbesitzers, die in Frédéric verliebt ist. Sie steht für die unschuldige und ehrliche Liebe der Provinz, die Frédéric jedoch nicht erwidern kann. Ihre Verlobung und spätere Ehe mit Deslauriers symbolisieren das Scheitern der einfachen, aber stabilen Lebensentwürfe gegenüber den komplizierten und oft enttäuschenden Realitäten der Pariser Gesellschaft.
Diese Figuren und ihre Verflechtungen stellen ein dichtes Netz von Beziehungen und Konflikten dar, das Flaubert nutzt, um die Komplexität und Widersprüchlichkeit der menschlichen Natur und der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu beleuchten.
Die Schule der Empfindsamkeit – Aufbau
Die Schule der Empfindsamkeit ist in drei Teile gegliedert, die das Leben und die emotionalen Entwicklungen des Protagonisten Frédéric Moreau detailliert nachzeichnen.
Erster Teil: Einführung und erste Begegnungen
- Kapitel 1-6: Der Roman beginnt 1840 mit Frédérics Rückkehr aus dem Provinzstädtchen Nogent-sur-Seine nach Paris, um dort Jura zu studieren. Dieser Abschnitt des Romans führt die Hauptfiguren ein und beschreibt Frédérics erste Begegnung mit Marie Arnoux, die seine Obsession und die treibende Kraft seiner Handlungen wird. Der erste Teil endet mit Frédérics Rückkehr nach Nogent nach dem Tod seines Onkels, der ihm ein beträchtliches Erbe hinterlässt.
Zweiter Teil: Aufstieg und Fall
- Kapitel 7-13: Frédéric kehrt nach Paris zurück, nun finanziell unabhängig. Dieser Abschnitt des Romans zeigt seine Bemühungen, sich in der Pariser Gesellschaft zu etablieren. Er freundet sich mit verschiedenen Kreisen an, von revolutionären Literaten über wohlhabende Bürger bis hin zu zwielichtigen Figuren. Seine Liebe zu Marie bleibt unerfüllt, und er stürzt sich in eine Affäre mit Rosanette. Der zweite Teil endet mit der Februarrevolution von 1848 und den gescheiterten Hoffnungen und Ambitionen Frédérics.
Dritter Teil: Ernüchterung und Rückzug
- Kapitel 14-20: Der dritte Teil des Romans beschreibt die politischen Unruhen und die Auswirkungen der Juni-Aufstände auf Frédérics Leben. Trotz seiner politischen Ambitionen und seiner Bemühungen, sich zu engagieren, scheitert er erneut. Er ist hin- und hergerissen zwischen seinen Verpflichtungen gegenüber Rosanette und den Möglichkeiten, die sich durch die Verbindung mit Madame Dambreuse bieten. Schließlich endet der Roman mit Frédérics endgültigem Scheitern, sowohl in Bezug auf seine romantischen als auch seine beruflichen Ambitionen, und seiner Rückkehr in die Provinz, wo er die Ehe von Louise und Deslauriers erlebt.
Der Aufbau des Romans spiegelt Frédérics innere Zerrissenheit und die Unbeständigkeit seiner Entscheidungen wider. Die chronologische Erzählweise ermöglicht es dem Leser, die allmähliche Desillusionierung des Protagonisten zu verfolgen und seine wiederholten Misserfolge im Streben nach Glück und Erfolg zu erleben.
Die Schule der Empfindsamkeit – Sprache & Stil
Gustave Flauberts Die Schule der Empfindsamkeit zeichnet sich durch eine präzise und detailreiche Sprache aus, die den Leser tief in die Gefühlswelt der Charaktere und die Atmosphäre der Zeit eintauchen lässt.
Realismus und Detailtreue
- Flaubert ist bekannt für seinen realistischen Stil, der in diesem Roman besonders deutlich wird. Er verwendet eine akkurate und genaue Beschreibung der Umgebungen, Charaktere und sozialen Interaktionen. Diese Detailtreue schafft ein lebendiges Bild der französischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.
Ironie und Desillusionierung
- Der Roman ist durchzogen von ironischen Kommentaren und einer desillusionierenden Sichtweise. Flaubert nutzt Ironie, um die Diskrepanz zwischen den Träumen der Figuren und der Realität zu verdeutlichen. Dies wird besonders deutlich in der Darstellung von Frédérics unerfüllter Liebe zu Marie und seinen erfolglosen Karrierebestrebungen.
Symbolik und Metaphern
- Flaubert verwendet symbolische Elemente und Metaphern, um die inneren Zustände der Figuren zu illustrieren. Beispielsweise symbolisiert die Figur der Marie Arnoux für Frédéric die unerreichbare Idealvorstellung von Liebe und Erfüllung. Die immer wiederkehrenden Bilder von Verfall und Scheitern unterstreichen die zentrale Thematik des Romans.
Dialoge und Innere Monologe
- Die Dialoge in Die Schule der Empfindsamkeit sind präzise und enthüllen viel über die Charaktere und ihre Beziehungen. Flaubert setzt auch innere Monologe ein, um die Gedankenwelt der Figuren zu beleuchten. Diese Technik ermöglicht es dem Leser, die inneren Konflikte und Ambivalenzen von Frédéric und den anderen Charakteren nachzuvollziehen.
Erzählerische Distanz
- Flaubert wahrt eine gewisse Distanz zu seinen Figuren, was es dem Leser ermöglicht, ihre Schwächen und Fehler kritisch zu betrachten. Diese erzählerische Distanz trägt zur objektiven Darstellung der menschlichen Natur und der gesellschaftlichen Verhältnisse bei.
Sprache der Emotionen
- Trotz der distanzierten Erzählweise gelingt es Flaubert, die Emotionen der Figuren eindringlich zu vermitteln. Durch eine geschickte Auswahl von Adjektiven und Vergleichen wird die emotionale Intensität der Situationen spürbar gemacht.
Die Schule der Empfindsamkeit – Themen und Interpretation
Die Schule der Empfindsamkeit von Gustave Flaubert behandelt mehrere zentrale Themen und bietet vielfältige Interpretationsansätze. Die wichtigsten Themen sind Liebe und Leidenschaft, gesellschaftlicher Aufstieg und Scheitern, Desillusionierung und Entfremdung sowie politische und soziale Kritik.
Liebe und Leidenschaft
- Unerfüllte Liebe: Frédérics obsessive Liebe zu Marie Arnoux ist das zentrale Motiv des Romans. Diese Liebe bleibt unerfüllt und stellt eine Idealisierung dar, die niemals in der Realität Bestand haben kann. Marie verkörpert für Frédéric die unerreichbare Perfektion, was zu seiner ständigen Unzufriedenheit und Frustration führt.
- Romantische Verstrickungen: Frédéric navigiert zwischen verschiedenen Liebesinteressen, einschließlich Rosanette und Madame Dambreuse. Diese Beziehungen sind jedoch meist oberflächlich und durch gegenseitige Abhängigkeiten geprägt, was die Schwierigkeiten in Frédérics emotionalem Leben widerspiegelt.
Gesellschaftlicher Aufstieg und Scheitern
- Karriere und Ambitionen: Frédérics Träume von einem glanzvollen Leben in Paris und einer erfolgreichen Karriere bleiben größtenteils unerfüllt. Trotz seiner Versuche, in der Gesellschaft Fuß zu fassen, bleibt er ein Außenseiter, der sich zwischen verschiedenen sozialen Kreisen bewegt, ohne wirklich irgendwo dazuzugehören.
- Soziale Mobilität: Der Roman zeigt die Herausforderungen des sozialen Aufstiegs im 19. Jahrhundert. Frédérics Versuche, durch Beziehungen und finanzielle Investitionen voranzukommen, scheitern letztlich an seiner Entscheidungsunfähigkeit und fehlenden Zielstrebigkeit.
Desillusionierung und Entfremdung
- Realitätsverlust: Frédéric lebt oft in einer Traumwelt, in der seine Vorstellungen von Erfolg und Liebe nicht mit der Realität übereinstimmen. Diese Diskrepanz führt zu seiner Desillusionierung und inneren Leere.
- Existenzielle Einsamkeit: Trotz zahlreicher sozialer Kontakte fühlt sich Frédéric isoliert und entfremdet. Diese Einsamkeit spiegelt die existenzielle Unsicherheit und Verzweiflung wider, die viele Menschen in der modernen Gesellschaft erleben.
Politische und soziale Kritik
- Revolution und Reaktion: Der Roman spielt vor dem Hintergrund der Februarrevolution 1848 und der politischen Unruhen in Frankreich. Flaubert kritisiert die Hoffnungslosigkeit und Naivität der revolutionären Bewegung sowie die Korruption und Anpassungsfähigkeit der bürgerlichen Klasse.
- Gesellschaftliche Zwänge: Flaubert beleuchtet die Doppelmoral und die oberflächlichen Werte der Gesellschaft. Die Charaktere passen sich den jeweiligen politischen und sozialen Umständen an, um ihren eigenen Vorteil zu sichern, was zu einem allgemeinen Verlust an Integrität und Echtheit führt.
Interpretation
- Ironie und Satire: Flaubert verwendet Ironie, um die Widersprüche und Schwächen seiner Charaktere und der Gesellschaft offenzulegen. Diese ironische Distanz ermöglicht es dem Leser, die Banalität und Vergeblichkeit der Ambitionen und Träume der Figuren zu erkennen.
- Realismus: Der Roman ist ein Meisterwerk des literarischen Realismus. Flaubert schildert das Leben seiner Figuren und die gesellschaftlichen Verhältnisse mit großer Präzision und Detailtreue. Diese realistische Darstellung dient dazu, die Komplexität und Widersprüchlichkeit der menschlichen Erfahrung zu betonen.
- Psychologische Tiefe: Flaubert bietet eine tiefgehende psychologische Analyse seiner Charaktere. Er zeigt, wie ihre inneren Konflikte, Ängste und Hoffnungen ihr Verhalten und ihre Entscheidungen beeinflussen. Diese psychologische Tiefe macht den Roman zu einer eindrucksvollen Studie der menschlichen Natur.
Die Schule der Empfindsamkeit – Epoche
Die Schule der Empfindsamkeit von Gustave Flaubert ist ein Werk, das tief in der literarischen und gesellschaftlichen Landschaft des 19. Jahrhunderts verwurzelt ist, insbesondere in der Epoche des Realismus und der Spätromantik.
Historischer Kontext
- Zeit der politischen Umbrüche: Der Roman spielt vor und während der Februarrevolution 1848 in Frankreich, einer Zeit erheblicher politischer und sozialer Umwälzungen. Die Revolution brachte die Zweite Republik hervor und wurde von einer Welle der Begeisterung für demokratische Reformen getragen, die jedoch schnell in Enttäuschung und Reaktion umschlug.
- Industrialisierung und soziale Veränderung: Die industrielle Revolution führte zu bedeutenden sozialen Veränderungen, einschließlich des Aufstiegs einer neuen Mittelschicht und der Verstärkung sozialer Spannungen. Diese Entwicklungen beeinflussten die Themen und Charaktere in Flauberts Romanen.
Literarische Strömungen
- Realismus: Der Realismus, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam, war eine Reaktion auf die Romantik. Realistische Autoren strebten danach, das Leben und die Gesellschaft so genau und objektiv wie möglich darzustellen. Flaubert ist ein Hauptvertreter dieser Strömung und strebt in Die Schule der Empfindsamkeit danach, die Banalität, Egoismen und Illusionen seiner Zeitgenossen zu enthüllen.
- Spätromantik: Trotz seiner realistischen Ansätze enthält der Roman Elemente der Romantik, insbesondere in der Darstellung von Frédérics schwärmerischer und idealistischer Liebe zu Marie Arnoux. Diese unerfüllte Sehnsucht und das Streben nach einem idealen, unerreichbaren Ziel sind typisch für die romantische Literatur.
Kulturelle Einflüsse
- Literarische Vorbilder: Flaubert war stark von früheren Schriftstellern beeinflusst, darunter Honoré de Balzac und Stendhal, deren Werke oft soziale und politische Themen behandelten. Balzacs detaillierte Gesellschaftsporträts und Stendhals psychologische Tiefe finden sich auch in Flauberts Werk wieder.
- Zeitgenössische Reaktionen: Bei seiner Veröffentlichung stieß der Roman auf gemischte Kritiken. Viele Zeitgenossen fanden die desillusionierende und oft satirische Darstellung der Gesellschaft schockierend oder zu zynisch. Erst später wurde das Werk als eine der bedeutendsten literarischen Leistungen des 19. Jahrhunderts anerkannt.
Die Schule der Empfindsamkeit – Gustave Flaubert
Biografie
- Geboren am 12. Dezember 1821 in Rouen, Frankreich, und gestorben am 8. Mai 1880 in Croisset, war Gustave Flaubert einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts.
- Frühe Jahre: Flaubert wuchs in einer wohlhabenden Familie auf; sein Vater war ein angesehener Chirurg. Nach einem abgebrochenen Jurastudium widmete er sich ganz der Literatur.
- Karriere: Flauberts literarische Karriere begann ernsthaft in den 1840er Jahren. Sein bekanntestes Werk, Madame Bovary, erschien 1857 und brachte ihm sowohl Ruhm als auch einen berüchtigten Gerichtsprozess wegen Verstoßes gegen die Moral.
- Späteres Leben: Trotz seines Ruhms hatte Flaubert mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und verbrachte viel Zeit in der Einsamkeit seines Hauses in Croisset. Er starb 1880 an einem Schlaganfall.
Stil und Techniken
- Realismus und Detailtreue: Flaubert war bekannt für seine minutiöse Detailgenauigkeit und seine Hingabe an den Realismus. Er verbrachte oft Jahre damit, seine Romane zu perfektionieren, wobei er jedes Detail sorgfältig recherchierte und verarbeitete.
- Ironie und Satire: Seine Werke sind durchzogen von einer feinen Ironie und oft scharfer Satire, die die Schwächen und Heucheleien seiner Charaktere und der Gesellschaft offenlegen.
- Psychologische Tiefe: Flaubert legte großen Wert auf die psychologische Entwicklung seiner Charaktere. In Die Schule der Empfindsamkeit wird Frédérics inneres Leben detailliert dargestellt, einschließlich seiner Träume, Enttäuschungen und inneren Konflikte.
Einfluss und Wirkung
- Wirkung auf die Literatur: Flauberts Werke hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf die Literatur und inspirierten zahlreiche Autoren nach ihm, darunter Marcel Proust, James Joyce und Virginia Woolf. Seine Technik der „leerstelle“ und die detaillierte, objektive Darstellung des Lebens wurden zu wichtigen Elementen des modernen Romans.
- Literarische Anerkennung: Obwohl er zu Lebzeiten teilweise umstritten war, gilt Flaubert heute als einer der größten Schriftsteller der Weltliteratur. Seine Fähigkeit, das Alltägliche mit poetischer Schönheit zu durchdringen und gleichzeitig die tiefsten menschlichen Emotionen und Schwächen zu erfassen, hat ihm einen dauerhaften Platz im Kanon der Weltliteratur gesichert.
Die Schule der Empfindsamkeit – Die häufigsten Fragen
Was ist Die Schule der Empfindsamkeit?
Die Schule der Empfindsamkeit (französisch: L’Éducation sentimentale) ist ein Roman von Gustave Flaubert, der 1869 veröffentlicht wurde. Es gilt als eines der einflussreichsten Werke des 19. Jahrhunderts und thematisiert die Desillusionierung und die Suche nach Glück und Liebe im Kontext der französischen Gesellschaft der 1840er Jahre.
Wer ist der Autor von Die Schule der Empfindsamkeit?
Der Roman wurde von Gustave Flaubert (1821–1880), einem bedeutenden französischen Schriftsteller, verfasst. Flaubert ist bekannt für seine detaillierte und realistische Darstellungsweise sowie seine kritische Sicht auf die Gesellschaft seiner Zeit.
Worum geht es in Die Schule der Empfindsamkeit?
Der Roman folgt dem jungen Frédéric Moreau, der aus der Provinz nach Paris kommt, um Jura zu studieren, und von einem glamourösen Leben in der Hauptstadt träumt. Er verliebt sich hoffnungslos in die verheiratete Marie Arnoux und schwankt zwischen Karriereambitionen und Gefühlsregungen. Seine Bemühungen, sowohl beruflich als auch privat Erfolg zu haben, bleiben letztlich erfolglos.
Welche Themen behandelt der Roman?
Zu den Hauptthemen gehören Liebe und Desillusionierung, gesellschaftlicher Aufstieg und Scheitern, politische Umbrüche und die Suche nach Identität. Der Roman kritisiert die Heuchelei und die Oberflächlichkeit der französischen Gesellschaft und beleuchtet die innere Zerrissenheit und die unrealistischen Träume des Protagonisten.
Wie ist der Roman aufgebaut?
Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die jeweils verschiedene Lebensphasen des Protagonisten abdecken:
- Der erste Teil beschreibt Frédérics Ankunft in Paris und seine ersten Jahre als Student.
- Der zweite Teil behandelt seine Rückkehr nach Paris als wohlhabender junger Mann und seine wechselnden Ambitionen und Liebesaffären.
- Der dritte Teil thematisiert die politischen Umbrüche der Februarrevolution 1848 und Frédérics letztliches Scheitern in beruflicher und persönlicher Hinsicht.
Welche Bedeutung hat der Titel?
Der Titel L’Éducation sentimentale (Die Schule der Empfindsamkeit) ist ironisch gemeint. Während man annehmen könnte, dass der Protagonist durch seine Erfahrungen eine tiefere emotionale Reife erlangt, zeigt der Roman vielmehr, wie Frédérics romantische und berufliche Ideale unerfüllt bleiben und er in einem Zustand der Untätigkeit und Desillusionierung endet.
Welche literarischen Strömungen beeinflussten Flaubert?
Flauberts Werk ist stark vom Realismus beeinflusst, einer literarischen Strömung, die das Ziel verfolgt, das Leben und die Gesellschaft so objektiv und detailliert wie möglich darzustellen. Gleichzeitig enthält das Werk Elemente der Spätromantik, insbesondere in der Darstellung der unerfüllten Sehnsüchte und der idealistischen Liebe des Protagonisten.
Wie wurde der Roman von Zeitgenossen aufgenommen?
Bei seiner Veröffentlichung stieß der Roman auf gemischte Kritiken. Viele Zeitgenossen fanden Flauberts desillusionierende und oft zynische Darstellung der Gesellschaft schockierend. Erst im 20. Jahrhundert wurde Die Schule der Empfindsamkeit als ein Meisterwerk der Weltliteratur anerkannt und als Vorläufer des modernen Romans betrachtet.
Gibt es Übersetzungen des Romans ins Deutsche?
Ja, der Roman wurde mehrfach ins Deutsche übersetzt, unter verschiedenen Titeln wie Die Erziehung der Gefühle, Die Erziehung des Herzens, Die Schule der Empfindsamkeit und zuletzt als Lehrjahre der Männlichkeit im Jahr 2020.
Welche autobiografischen Bezüge hat der Roman?
Frédérics Beziehung zu Marie Arnoux spiegelt Flauberts eigene unerfüllte Liebe zu Élisa Schlesinger wider. Auch die Darstellung der politischen und sozialen Umwälzungen im Roman reflektiert Flauberts Erfahrungen und Beobachtungen der französischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert.
Die Schule der Empfindsamkeit – Buch
Gustave Flaubert.
Die Schule der Empfindsamkeit.
Geschichte eines jungen Mannes.
Übersetzt von Luise Wolf.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt dem Erstdruck dieser Übersetzung:
Verlag J.C.C. Bruns, Minden in Westfalen, 1904.
Erstdruck des Originals in zwei Bänden: L’Éducation sentimentale, histoire d’un jeune homme.
Michel Lévy frères, Paris 1870 [1869].
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
EAN: 9783965423992
ISBN: 3965423991
Geschichte eines jungen Mannes. Paperback.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
November 2020 – 360 Seiten
Buch bestellen
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024