Ödön von Horváth Der ewige Spießer

Der ewige Spießer

„Der Spießer ist bekanntlich ein hypochondrischer Egoist, und so trachtet er danach, sich überall feige anzupassen und jede neue Formulierung der Idee zu verfälschen, indem er sie sich aneignet. (…)
Es soll nun versucht werden, in Form eines Romans einige Beiträge zur Biologie dieses werdenden Spießers zu liefern.“

Ödön von Horváth.
Der ewige Spießer.
Erbaulicher Roman in drei Teilen.

Erstdruck: Propyläen-Verlag, Berlin 1930.
Neuausgabe, Göttingen 2019.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

„Der ewige Spießer“ – Zusammenfassung / Inhaltsangabe

Teil 1: Alfons Koblers Reise nach Barcelona

Im ersten und längsten Teil des Romans steht der unseriöse Münchner Autohändler Alfons Kobler im Mittelpunkt.

Er hat mit dem Verkauf eines minderwertigen Cabriolets einen Gewinn erzielt und unternimmt mit diesem Geld eine Bahnreise zur Weltausstellung nach Barcelona.

Während seiner Reise durch Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Spanien lernt er verschiedene Mitreisende kennen und versucht, eine wohlhabende Touristin zu erobern, scheitert jedoch und kehrt frustriert zurück.

Teil 2: Anna Pollinger und die finanzielle Not

Im zweiten Teil wird das Schicksal von Anna Pollinger geschildert, die als Sekretärin in einer Kfz-Vermietung arbeitet, aber durch eine Firmenpleite ihren Job verliert.

Aus finanzieller Not beginnt sie, als Aktmodell zu arbeiten und wird später sogar zur Prostituierten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Sie trifft auf Josef Reithofer, der ebenfalls arbeitslos ist.

Teil 3: Anna Pollingers neue Perspektive

Im dritten Teil lernt Eugen Reithofer Anna Pollinger kennen und ist zunächst abgestoßen von ihrem Nebenberuf als Prostituierte.

Doch er hilft ihr selbstlos, eine neue Stelle als Schneiderin zu finden.

So bekommt Anna Pollinger eine neue Perspektive, auch wenn ihr weiteres Schicksal offen bleibt.

Gesellschaftliche Darstellung

Der Roman stellt eine episodenhafte Erzählung dar, die ohne klare Hauptfigur verschiedene Schicksale miteinander verknüpft.

Alle Charaktere repräsentieren Facetten des „ewigen Spießers“: von nationalistischen Grantlern über betrügerische Geschäftsleute bis hin zu rückgratlosen Opportunisten.

Die Figuren kämpfen um ihren Vorteil in einer Welt, in der Moral und Menschlichkeit kaum Raum finden.

Charakterisierung der Personen

Alfons Kobler

Alfons Kobler ist ein 27-jähriger Autohändler, der sich durch seine fragwürdigen Geschäftspraktiken auszeichnet.

Er hat zuvor für die Firma Gebrüder Bär gearbeitet, ist dann aber in die Selbstständigkeit gewechselt.

Mit dem Gewinn aus dem Verkauf eines Autos startet er eine Reise zur Weltausstellung in Barcelona, wobei er auf eine wohlhabende Frau hofft, die ihn finanziell unterstützen kann.

Anna Pollinger

Anna Pollinger ist eine etwa 21-jährige ehemalige Sekretärin, die nach der Schließung ihrer Firma arbeitslos wird.

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nimmt sie den Rat ihres Nachbarn Herrn Kastner an, als Aktmodell zu arbeiten und wird später sogar zur Straßenprostituierten.

Ihre Rolle erstreckt sich über alle drei Teile des Romans.

Eugen Reithofer

Eugen Reithofer ist ein österreichischer Kellner in seinen Dreißigern, der arbeitslos geworden ist.

Er lernt Anna Pollinger im Arbeitsamt kennen und fühlt sich getäuscht, als er erfährt, dass sie als Prostituierte arbeitet.

Trotzdem hilft er ihr, einen neuen Job als Schneiderin zu finden.

Rudolf Schmitz

Rudolf Schmitz ist ein Journalist aus Österreich und fährt im Auftrag mehrerer Zeitungen zur Weltausstellung in Barcelona.

Er trifft Alfons Kobler während der Zugfahrt und beeindruckt diesen durch sein umfassendes Wissen.

Trotz seines Alters ist er lebenshungrig und genießt die Gesellschaft jüngerer Menschen.

Rigmor Erichsen

Rigmor Erichsen ist die junge Tochter eines Duisburger Großindustriellen, die auf dem Weg zur Weltausstellung im Abteil von Kobler und Schmitz sitzt.

Obwohl Kobler auf eine profitable Beziehung hofft, ist sie bereits mit einem amerikanischen Geschäftsmann verlobt und kann seinen Wünschen nicht entsprechen.

Ihre wohlhabende Herkunft steht im Kontrast zu Koblers verzweifeltem Streben nach sozialem Aufstieg.

Herr Kastner

Herr Kastner ist ein Mann mittleren Alters, der ebenfalls zur Untermiete bei Anna Pollingers Tante wohnt.

Er hat romantisches Interesse an Anna und rät ihr, ihren Körper zu verkaufen, damit sie finanziell über die Runden kommt.

Er vermittelt ihr die Stelle als Aktmodell, aber sein Rat ist nicht uneigennützig.

Harry Priegler

Harry Priegler ist ein junger, gutaussehender Eishockeyspieler mit beträchtlichen finanziellen Mitteln.

Er lädt Anna Pollinger zu einer Spritztour an den Starnberger See ein, erwartet jedoch als Gegenleistung sexuelle Gefälligkeiten.

Seine Figur verkörpert die Unverbindlichkeit und das Nutzen von Privilegien in einer von Spießertum geprägten Gesellschaft.

„Der ewige Spießer“ – Interpretation

Typologie des Spießers

Der Titel „Der ewige Spießer“ deutet darauf hin, dass der Roman eine Charakterstudie des Spießers in einer politisch und wirtschaftlich angespannten Zeit darstellt.

Die Handlung beleuchtet, wie dieser abwertende Begriff im Kontext der Weltwirtschaftskrise relevant war, während sich das Bild des Spießers auch bis in die heutige Zeit weiterentwickelt hat.

Bildungsreise-Motiv

Alfons Koblers Reise von München nach Barcelona erinnert an das klassische Motiv der Bildungsreise.

Im Gegensatz zu traditionellen Bildungsreisenden verfolgt Kobler jedoch keine geistigen Interessen, sondern ist auf der Suche nach rein materiellen und hedonistischen Vorteilen.

Sein Unwissen und fehlendes kulturelles Verständnis machen ihn zur idealen Verkörperung des ungebildeten Spießers.

Motiv der Dummheit

Ein zentrales Motiv im Roman ist die Dummheit, die sich sowohl in der Sprache als auch im Verhalten der Charaktere zeigt.

Horváth verleiht dieser Dummheit eine satirische Note, indem er sie humorvoll darstellt und die Figuren damit lächerlich macht.

Koblers naive Selbstüberschätzung ist ein Paradebeispiel dafür.

Soziologische Studie

Der Roman kann als soziologische Studie des Mittelstands und Kleinbürgertums während der Weltwirtschaftskrise gesehen werden.

Er zeigt ein Panorama der verschiedenen Schichten dieser Klassen, wobei ihre Unzulänglichkeiten und Widersprüche hervorgehoben werden.

Die Charaktere sind stark vom Zeitgeist beeinflusst und stellen die Probleme und Ängste ihrer Epoche dar.

Typus des jungen Fräuleins

Ein weiterer Typus, der eine wichtige Rolle spielt, ist das junge Fräulein in der von Männern dominierten Gesellschaft.

In einer autoritären Welt geraten Figuren wie Anna Pollinger in untergeordnete Positionen, die sie zu Opfern der gesellschaftlichen Verhältnisse machen.

Ihre Schicksale zeigen die Schwierigkeiten, denen Frauen in dieser Zeit ausgesetzt sind, und ihre Bemühungen, in einer von Vorurteilen geprägten Umgebung zu überleben.

Analyse von Aufbau und Sprache

Stil und Ton

Der Roman „Der ewige Spießer“ ist in einem normal- bis umgangssprachlichen Ton geschrieben, der den Charakteren eine authentische Stimme verleiht.

Immer wieder finden sich Anspielungen auf den großstädtischen oberbayerischen Dialekt, was die regionale Verankerung des Romans verdeutlicht.

Dieser Ton schafft eine zugängliche, nachvollziehbare Atmosphäre und verstärkt die satirische Wirkung des Textes.

Satzbau und wörtliche Rede

Der Satzbau im Roman ist bewusst einfach gehalten, was die Oberflächlichkeit und den Mangel an Bildung der Charaktere unterstreicht.

In ihren wörtlichen Reden offenbaren die Figuren ihre eigene Unlogik und mangelnde Reflexion.

Der Autor setzt dabei Phrasen ein, um ihre Klischees und Denkweisen zu entlarven und dem Leser den sozialen Kontext deutlich zu machen.

Figuren-Entlarvung

Durch die Sprache zeigt Horváth den Leserinnen und Lesern, wie sich die Charaktere im Dialog und Verhalten selbst entlarven.

Ihre stereotype Sprache und die Verwendung von Floskeln zeichnen ein klares Bild ihrer engen Denkweise und ihrer Unfähigkeit, die Welt um sie herum kritisch zu betrachten.

Dies verstärkt die satirische Kritik an der Gesellschaft, die der Roman verkörpert.

„Der ewige Spießer“ Ödön von Horváth Epoche

Zeitgeschichtlicher Kontext

„Der ewige Spießer“ entstand in einer Zeit intensiver sozialer und politischer Umbrüche.

Die Veröffentlichung des Romans im Jahr 1930 fiel mitten in die Weltwirtschaftskrise, die durch den Börsenkrach von 1929 ausgelöst wurde.

Diese Krise hatte besonders in Deutschland gravierende Auswirkungen, da die deutsche Wirtschaft stark von ausländischen Krediten abhängig war.

Die Folge war eine massive Zunahme der Arbeitslosigkeit, die viele Menschen in die Armut trieb.

In Großstädten wie Berlin und München verelendeten ganze Stadtteile, während die Inflation und die politische Instabilität den Alltag der Menschen bestimmten.

Die wirtschaftlichen Probleme heizten auch die politischen Spannungen an.

Während konservative und liberale Parteien darum kämpften, die Weimarer Republik zu stabilisieren, nahm die Radikalisierung zu.

Der Nationalsozialismus wurde immer stärker und bot der verunsicherten Bevölkerung einfache Antworten und Feindbilder.

Die Gesellschaft war tief gespalten, und in dieser Zeit entstanden Werke wie „Der ewige Spießer,“ die die Zustände kritisierten und die moralischen Defizite der Zeit offenlegten.

Literarische Einordnung

Der Roman „Der ewige Spießer“ wird häufig der Neuen Sachlichkeit zugeordnet, einer literarischen Strömung, die in den 1920er und frühen 1930er Jahren in Deutschland aufkam.

Die Neue Sachlichkeit war eine Reaktion auf die expressionistische Kunst der Vorkriegszeit und den idealistischen Überschwang nach dem Ersten Weltkrieg.

Anstatt auf überspitzte Emotionen und subjektive Darstellung zu setzen, betonten die Autoren dieser Bewegung eine klare, nüchterne Darstellung der gesellschaftlichen Realität.

Die Autoren der Neuen Sachlichkeit, darunter auch Horváth, setzten sich kritisch mit den gesellschaftlichen Missständen ihrer Zeit auseinander.

Sie behandelten Themen wie Korruption, Armut, Kriegstraumata und den moralischen Verfall in der Weimarer Republik.

Ihre Werke zeichneten sich durch einen präzisen, dokumentarischen Stil aus, der Subjektivität und Pathos bewusst vermied.

Dieser sachliche Ton unterstrich die Absicht, die sozialen Probleme ihrer Epoche unverfälscht und kritisch darzustellen.

Ödön von Horváths Stil, der Alltagssprache und eine entlarvende Erzählweise vereint, spiegelt diese Bewegung wider.

Er nutzt einfache, oft umgangssprachliche Dialoge, die das unreflektierte Denken seiner Charaktere widerspiegeln.

Gleichzeitig entlarvt seine präzise Darstellung die gesellschaftlichen Strukturen, die zu sozialer Ungerechtigkeit, Doppelmoral und der politischen Instabilität der Weimarer Republik führten.

„Der ewige Spießer“ reiht sich somit in die Tradition der Neuen Sachlichkeit ein und bleibt ein eindrückliches Beispiel für diese literarische Strömung.

Gesellschaftskritik der Epoche

Horváths Roman ist stark von der sozialkritischen Perspektive seiner Zeit geprägt.

Er zeigt das Kleinbürgertum und die Mittelklasse als moralisch korrumpiert und egoistisch, was zur Krise des gesellschaftlichen Zusammenhalts beiträgt.

Diese Analyse einer Gesellschaft, die unter dem Druck der Wirtschaftskrise zerfällt, ist charakteristisch für das Misstrauen und die Unsicherheit dieser Epoche.

Über den Autor: Ödön von Horváth

Frühes Leben und Einflüsse

Ödön von HorváthÖdön von Horváth wurde am 9. Dezember 1901 in Fiume (heute Rijeka, Kroatien) geboren, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte.

Sein Vater war ein Diplomat, wodurch die Familie häufig innerhalb Europas umzog und Horváth eine vielseitige kulturelle Prägung erhielt.

Diese Einflüsse spiegeln sich in seiner literarischen Perspektive wider, besonders in seinem Interesse an gesellschaftlichen Themen.

Literarische Karriere

Horváth begann seine literarische Karriere in den 1920er Jahren, als er in München lebte.

Er war stark von der literarischen Moderne und der Bewegung der Neuen Sachlichkeit beeinflusst, die eine nüchterne und objektive Darstellung der Realität betonte.

Sein Werk umfasst Theaterstücke und Romane, die die politischen und sozialen Missstände seiner Zeit scharf hinterfragen.

Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Geschichten aus dem Wiener Wald“ und „Kasimir und Karoline,“ die die sozialen Spannungen der späten Weimarer Republik beleuchten.

Themen und Stil

Horváth zeichnete sich durch eine scharfe Beobachtungsgabe und die Fähigkeit aus, komplexe gesellschaftliche Probleme zu schildern.

Er nutzte Alltagssprache und Dialoge, die die Doppelmoral und Heuchelei der bürgerlichen Gesellschaft entlarvten.

Sein Interesse galt besonders Figuren am Rande der Gesellschaft, die er mit einer Mischung aus Sympathie und sarkastischer Kritik darstellte.

Späte Jahre und Vermächtnis

Horváth erlebte den Aufstieg des Nationalsozialismus, der seine künstlerische und persönliche Freiheit zunehmend bedrohte.

1938, wenige Monate nach der Annexion Österreichs durch das nationalsozialistische Deutschland, starb Horváth bei einem Unfall in Paris.

Sein Werk bleibt lebendig, und er wird als einer der bedeutendsten Dramatiker und Schriftsteller des 20. Jahrhunderts geschätzt.

Die kritische Auseinandersetzung mit den politischen und sozialen Zuständen seiner Zeit macht seine Werke zeitlos und relevant.

FAQ

1. Worum geht es in „Der ewige Spießer“?

Der Roman untersucht eine Typologie des Spießers während der Weltwirtschaftskrise. In drei Teilen werden die Schicksale von Figuren beleuchtet, die auf unterschiedliche Weise versuchen, in einer krisenhaften Gesellschaft ihren Platz zu finden, und dabei vor allem auf materielle Interessen fokussiert sind.

2. Warum ist „Der ewige Spießer“ Thema im Abitur 2025?

„Der ewige Spießer“ wurde als Abiturthema ausgewählt, weil es tiefgehende Einblicke in die gesellschaftlichen und psychologischen Strömungen einer krisengebeutelten Epoche bietet. Das Werk ermöglicht es, Parallelen zu heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen zu ziehen und fördert das kritische Denken der Schülerinnen und Schüler. Es erlaubt eine umfassende Analyse von Charakteren und Motiven, die in einer ähnlich unsicheren Zeit wie der heutigen von Bedeutung sind, und unterstützt so ein tieferes Verständnis für literarische Techniken und gesellschaftliche Analysen.

Auch wenn „Der ewige Spießer“ in der Weimarer Republik spielt, berührt es Themen, die auch in der heutigen Zeit von Bedeutung sind, wie:

  • Soziale Ungleichheit und Prekarisierung: Die Figuren im Roman erleben direkte Auswirkungen wirtschaftlicher Not, ein Thema, das in Zeiten steigender sozialer Ungleichheit und prekärer Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland weiterhin aktuell ist.
  • Politische Radikalisierung: Die Romanhandlung spiegelt eine Zeit wider, in der politische Extrempositionen an Zulauf gewannen, ähnlich wie in den aktuellen politischen Landschaften Europas und besonders in Deutschland, wo politische Polarisation und der Aufstieg populistischer Bewegungen zu beobachten sind.
  • Krise des Mittelstandes: Die Charaktere im Buch repräsentieren oft den Mittelstand, der unter ökonomischem Druck steht. Dies reflektiert die gegenwärtigen Ängste und die Unsicherheit des Mittelstandes in Deutschland, der sich mit raschem technologischen Wandel und Globalisierung konfrontiert sieht.
  • Frauen in der Gesellschaft: Die Rolle von Anna Pollinger beleuchtet die Herausforderungen, denen Frauen in einer männlich dominierten Gesellschaft gegenüberstehen, ein Thema, das trotz Fortschritten in der Gleichstellung der Geschlechter weiterhin relevant ist.

Diese zeitlosen und universellen Themen machen „Der ewige Spießer“ zu einem wertvollen literarischen Werk für das Abitur, das nicht nur literarische Analysefähigkeiten schärft, sondern auch zur Diskussion über gegenwärtige soziale und politische Fragen anregt.

3. Wer sind die Hauptfiguren des Romans?

Zu den zentralen Charakteren gehören:

  • Alfons Kobler: Ein zwielichtiger Münchner Autohändler auf einer Reise nach Barcelona, der finanzielle Vorteile und eine wohlhabende Frau sucht.
  • Anna Pollinger: Eine arbeitslose Sekretärin, die aus finanzieller Not als Aktmodell und später als Prostituierte arbeitet.
  • Eugen Reithofer: Ein österreichischer Kellner, der arbeitslos ist und Anna dabei hilft, eine neue Perspektive zu finden.

4. Wie ist der Roman aufgebaut?

Der Roman ist in drei Teile gegliedert:

  1. Alfons Koblers Reise: Koblers Versuch, bei der Weltausstellung in Barcelona einen finanziellen Vorteil zu erlangen.
  2. Anna Pollinger: Ihr Kampf um finanzielles Überleben und die Schwierigkeiten als arbeitslose Frau.
  3. Neue Perspektive: Die Begegnung von Eugen Reithofer und Anna Pollinger, bei der Reithofer ihr hilft, einen neuen Weg zu finden.

5. Wie ordnet man „Der ewige Spießer“ literarisch ein?

Der Roman gehört zur Neuen Sachlichkeit, einer Strömung, die für ihre klare, nüchterne Darstellung gesellschaftlicher Realität bekannt ist. Horváth setzt Alltagssprache ein, um die gesellschaftlichen Missstände der Weimarer Republik satirisch zu entlarven.

6. Wie ist Horváths Schreibstil in „Der ewige Spießer“?

Horváth nutzt einen normal- bis umgangssprachlichen Ton mit Anspielungen auf den oberbayerischen Dialekt. Seine Figuren sprechen in kurzen, oft unlogischen Sätzen und decken durch ihre Sprache ihre mangelnde Bildung und ihre engen Denkweisen auf.

7. Wie passt „Der ewige Spießer“ in den zeitgeschichtlichen Kontext?

Der Roman wurde 1930, inmitten der Weltwirtschaftskrise, veröffentlicht. Die steigende Arbeitslosigkeit und Armut sowie die politischen Spannungen während der aufkeimenden Nationalsozialismus prägten die gesellschaftlichen Realitäten, die Horváth in seinem Roman darstellt.

8. Warum ist „Der ewige Spießer“ heute noch relevant?

Durch die kritische Darstellung von Egoismus, Opportunismus und gesellschaftlichen Krisen bietet der Roman zeitlose Einblicke in menschliche Verhaltensweisen, die auch in aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen sichtbar sind.

9. Was ist ein Spießer? 

Definition: Ein Spießer (auch als Spießbürger bekannt) wird oft abwertend beschrieben als eine Person, die sich durch geistige Unbeweglichkeit und eine starke Konformität mit gesellschaftlichen Normen auszeichnet. Diese Personen sind typischerweise widerwillig gegenüber Veränderungen ihrer gewohnten Lebensumgebung und halten strikt an traditionellen Werten fest.

Die Herkunft des Begriffs reicht zurück ins Mittelalter, wo er ursprünglich Bürger bezeichnete, die mit einem Spieß bewaffnet ihre Stadt verteidigten. Über die Jahre wandelte sich die Bedeutung jedoch ins Negative, vor allem durch die Übernahme in die Studentensprache, wo er zur Beschreibung von als minderwertig angesehenen, kleinbürgerlichen und engstirnigen Menschen verwendet wurde.

Im 20. Jahrhundert erweiterte sich der Begriff zu „spießig“ und wird oft benutzt, um eine Lebensweise zu beschreiben, die als eng und bürgerlich empfunden wird, häufig verbunden mit einer Abneigung gegen kulturelle Offenheit oder alternative Lebensentwürfe. In der modernen Verwendung können sowohl harmlose als auch kritischere Züge eines Spießers hervorgehoben werden, abhängig vom Kontext.

Wie unterscheidet sich „Der ewige Spießer“ von „Jugend ohne Gott“?

„Der ewige Spießer“ und „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth untersuchen beide die sozialen Missstände ihrer Zeit, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten:

  • „Der ewige Spießer“: Hier liegt der Fokus auf den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf das individuelle Leben der Bürger in der Weimarer Republik. Horváth nutzt Satire und Ironie, um die Charaktere als Symbole für materielle Gier, Anpassung und moralische Oberflächlichkeit darzustellen. Der Roman beleuchtet die opportunistischen, kleinbürgerlichen Bestrebungen von Menschen, die versuchen, in einer chaotischen Gesellschaft ihren Platz zu finden, wobei ihre materielle Sicherheit im Vordergrund steht.
  • „Jugend ohne Gott“: Dieser Roman widmet sich hingegen den ethischen Konflikten und moralischen Dilemmas, die ein Lehrer in einer zunehmend autoritären und rassistisch geprägten Gesellschaft erlebt. Der Fokus liegt stärker auf der Indoktrination junger Menschen durch die Ideologie des Nationalsozialismus und den Konflikten, die daraus entstehen. Der Roman untersucht, wie gesellschaftliche Manipulation die Menschlichkeit erstickt und appelliert an die moralische Verantwortung des Einzelnen.

Während „Der ewige Spießer“ die wirtschaftlichen und sozialen Umstände einer krisengeprägten Epoche karikiert, deckt „Jugend ohne Gott“ die destruktiven Folgen totalitärer Ideologien auf und wirft Fragen nach persönlicher Integrität und Verantwortung auf.

Buchausgabe

Ödön von Horváth.
Der ewige Spießer.
Erbaulicher Roman in drei Teilen.

Erstdruck: Propyläen-Verlag, Berlin 1930.
Neuausgabe, Göttingen 2019.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

ISBN: 3965421468
Paperback. 96 Seiten

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 03. Mai 2024

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