Dostojewski – Die Tragödie seines Lebens. Eine Biografie
„Es ist, als hätte sich diese Zeit lauer Menschen gerade diesen einen aufgespart, um zu zeigen, welche titanischen Maße in Lust und Qual auch unserer Welt noch möglich seien, und er, Dostojewski, scheint dumpf den gewaltigen Willen über sich zu spüren. Denn niemals wehrt er sich gegen sein Schicksal, niemals hebt er die Faust. Der Körper, der wunde, bäumt sich konvulsivisch in Zuckungen empor, aus seinen Briefen bricht manchmal wie Blutsturz ein heißer Schrei, aber der Geist, der Glaube, zwingt die Revolte nieder.“
Ein biografisches Meisterwerk: Die Lebensbeschreibung Dostojewskis im berühmten, romanhaft-lebendigen Stil Stefan Zweigs.
Fjodor Dostojewski: Biografie Übersicht
Fjodor Michailowitsch Dostojewski, geboren am 11. November 1821 in Moskau und gestorben am 9. Februar 1881 in St. Petersburg, ist einer der bedeutendsten Schriftsteller der Weltliteratur. Seine Werke, geprägt von tiefen psychologischen und philosophischen Themen, haben die Literatur und das Denken des 19. und 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst.
Frühes Leben und Ausbildung
Fjodor Dostojewski wurde in eine wohlhabende Familie geboren. Sein Vater, Michail Dostojewski, war Militärarzt, und seine Mutter, Maria Dostojewski, stammte aus einer Kaufmannsfamilie.
- Bildung: Dostojewski besuchte zunächst eine Internatsschule in Moskau und später die Militäringenieurschule in St. Petersburg.
- Familienleben: Die Familie zog 1837 nach St. Petersburg. Dostojewski zeigte schon früh ein großes Interesse an Literatur und begann, sich mit den Werken von Schiller, Goethe und Shakespeare zu beschäftigen.
Frühe literarische Karriere
Nach dem Abschluss seines Studiums arbeitete Dostojewski kurzzeitig im Bauingenieurwesen, wandte sich jedoch bald der Literatur zu.
- Erstes Werk: 1846 veröffentlichte er seinen ersten Roman Arme Leute, der ihm sofort Anerkennung einbrachte.
- Weitere Werke: Der Doppelgänger (1846), ein psychologischer Roman, der das Thema der gespaltenen Persönlichkeit behandelt, wurde ebenfalls in dieser Zeit geschrieben.
Politische Aktivitäten und Verhaftung
Dostojewski engagierte sich in den 1840er Jahren in einem intellektuellen Kreis, der die Ideen des Sozialismus diskutierte.
- Verhaftung und Verurteilung: 1849 wurde er wegen seiner Beteiligung an revolutionären Aktivitäten verhaftet und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde jedoch in letzter Minute in eine Strafe von vier Jahren Zwangsarbeit in Sibirien umgewandelt.
- Gefangenschaft: Während seiner Haft in Omsk schrieb Dostojewski keine literarischen Werke, doch die Erfahrungen beeinflussten seine späteren Arbeiten tiefgehend.
Rückkehr und literarische Blütezeit
Nach seiner Freilassung 1854 kehrte Dostojewski nach St. Petersburg zurück und begann wieder zu schreiben.
- Aufzeichnungen aus einem Totenhaus (1861-1862): Ein halbautobiografisches Werk, das seine Erfahrungen in der sibirischen Gefangenschaft widerspiegelt.
- Schuld und Sühne (1866): Ein Meilenstein in Dostojewskis Karriere, der die moralischen und psychologischen Qualen eines jungen Mörders untersucht.
- Der Idiot (1869): Die Geschichte des naiven Fürsten Myschkin, der in die zynische Gesellschaft von St. Petersburg zurückkehrt.
Persönliches Leben und finanzielle Schwierigkeiten
Dostojewski war zweimal verheiratet. Seine erste Ehe mit Maria Dmitrijewna Issajewa war unglücklich und endete mit ihrem Tod 1864. 1867 heiratete er seine Stenografin Anna Grigorjewna Snitkina, mit der er eine glückliche und produktive Beziehung führte.
- Finanzielle Probleme: Trotz seines literarischen Erfolges kämpfte Dostojewski sein Leben lang mit finanziellen Schwierigkeiten, oft aufgrund seiner Spielsucht.
- Reisen: Das Paar reiste viel durch Europa, lebte zeitweise in Deutschland, der Schweiz und Italien.
Spätere Werke und Themen
In den 1870er Jahren schrieb Dostojewski einige seiner bedeutendsten Werke, die sich intensiv mit philosophischen und religiösen Fragen auseinandersetzen.
- Die Dämonen (1872): Ein politischer Roman, der die nihilistischen Bewegungen in Russland kritisch beleuchtet.
- Der Jüngling (1875): Eine komplexe Erzählung über die psychologischen und moralischen Konflikte eines jungen Mannes.
- Die Brüder Karamasow (1880): Sein letztes und oft als sein größtes Werk angesehenes Buch, das die tiefen spirituellen und existenziellen Fragen der Menschheit behandelt.
Tod und Nachwirkung
Fjodor Dostojewski starb am 9. Februar 1881 in St. Petersburg an den Folgen eines Lungenleidens. Sein Tod hinterließ eine große Lücke in der russischen Literatur.
- Beerdigung: Seine Beerdigung war ein großes Ereignis, bei dem Tausende von Menschen ihm die letzte Ehre erwiesen.
- Einfluss: Dostojewskis Werke haben Generationen von Schriftstellern, Philosophen und Psychologen beeinflusst, darunter Sigmund Freud, Friedrich Nietzsche, Franz Kafka und Albert Camus.
- Erbe: Heute gilt Dostojewski als einer der größten Schriftsteller der Weltliteratur. Seine Werke werden weltweit gelesen und geschätzt, und seine tiefen Einsichten in die menschliche Psyche und Gesellschaft bleiben von bleibender Relevanz.
Dostojewskis Leben und Werk sind ein faszinierendes Zeugnis seiner Zeit und seiner unerschütterlichen Suche nach der Wahrheit über das menschliche Dasein. Seine Romane und Erzählungen bleiben auch heute ein wichtiger Bestandteil der literarischen und philosophischen Diskussionen.
Dostojewski – Biografie (Buch von Stefan Zweig)
Stefan Zweig.
Dostojewski – Die Tragödie seines Lebens. Eine Biografie.
Erstdruck unter dem Titel „Dostojewski“ in: Drei Meister. Balzac, Dickens, Dostojewski. Insel Verlag, Leipzig 1920.
Neuausgabe, durchgesehener Neusatz, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
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