Die Welt von Gestern - Stefan Zweig

Heinrich von Ofterdingen

„Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die zunächst an der Quelle stand, und ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstliche Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit.“

(Zitat S. 7 in diesem Buch)

Heinrich von Ofterdingen – Zusammenfassung

Der Traum von der blauen Blume

Moritz von Schwind Der Sängerkrieg Fresko auf der Wartburg 1854

Der Roman „Heinrich von Ofterdingen“ beginnt mit einem Traum des jungen Protagonisten Heinrich, in dem er eine geheimnisvolle blaue Blume sieht, die im Mittelpunkt eines dunklen, unbekannten Raums blüht. Die Blume schaut ihn mit zarter Aufmerksamkeit an, was in Heinrich eine tiefe Sehnsucht und ein Gefühl von Liebe weckt. Dieser Traum prägt seine Wahrnehmung und sein Verlangen, die Bedeutung der Blume und damit seiner eigenen Bestimmung als Dichter zu verstehen.

Die Abreise aus Eisenach

Nach dem Erwachen aus seinem Traum beginnt Heinrichs tatsächliche Reise. Er verlässt seine Heimatstadt Eisenach, um seine Großmutter in Augsburg zu besuchen. Seine Mutter, die seine Neigung zur Poesie und seine empfindsame Natur kennt, erzählt ihm von seinem Vater, der ebenfalls auf Reisen war und nie zurückkehrte. Dies verstärkt Heinrichs Wunsch, die Welt zu erkunden und die Bedeutung der Blume zu entdecken.

Begegnungen auf der Reise

Auf seiner Reise nach Augsburg trifft Heinrich auf verschiedene Menschen, die seine Ansichten über die Welt und die Kunst prägen. Unter ihnen ist ein Merkantilist, der Heinrich mit seiner Weltanschauung konfrontiert, die stark von ökonomischen Interessen geprägt ist. Diese Begegnung lässt Heinrich die Begrenzungen einer rein materialistischen Weltanschauung erkennen und stärkt seine Überzeugung von der Notwendigkeit einer tieferen, poetischen Lebenssicht.

Ankunft und Begegnung mit Klingsohr

In Augsburg angekommen, trifft Heinrich den Dichter Klingsohr, der zu seinem Mentor wird. Klingsohr eröffnet ihm eine Welt der Poesie, Philosophie und tiefen Weisheit. Klingsohr’s Tochter, Mathilde, wird zur Verkörperung der poetischen und mystischen Liebe für Heinrich. Ihre Beziehung vertieft sich schnell, und durch sie erfährt Heinrich eine neue, intensivere Art der Liebe und Poesie.

Das poetische Turnier und Klingsohrs Märchen

Ein Höhepunkt des Romans ist das poetische Turnier, bei dem Heinrich und andere Dichter ihre Werke vortragen. Dieses Turnier repräsentiert die Auseinandersetzung verschiedener künstlerischer und philosophischer Ideen. Klingsohr erzählt ein tiefgründiges Märchen, das die Schöpfungsgeschichte einer magischen Welt beschreibt, in der die Liebe als rettende und schöpferische Kraft dargestellt wird. Das Märchen symbolisiert die transformative Macht der Poesie und dient als metaphysisches Modell für Heinrichs eigene künstlerische und persönliche Entwicklung.

Vorbereitung auf die Zukunft

Der Roman endet mit der Vorbereitung Heinrichs auf seine weitere Reise, die ihn noch tiefer in das Herz der Poesie und zu einer endgültigen Verschmelzung mit der blauen Blume führen soll. Obwohl der zweite Teil des Romans unvollendet blieb, deutet der vorhandene Text darauf hin, dass Heinrichs Reise eine fortlaufende Suche nach spiritueller und poetischer Erleuchtung ist, die ihn letztlich zur wahren Essenz seines Daseins als Dichter führen wird.

Heinrich von Ofterdingen – Figuren

Heinrich von Ofterdingen

Heinrich ist der Protagonist des Romans und verkörpert das Idealbild des romantischen Dichters. Er ist ein junger, sensibler und träumerischer Charakter, dessen Leben durch den Traum von der blauen Blume tiefgreifend beeinflusst wird. Diese Blume symbolisiert seine Sehnsucht nach poetischer Inspiration und tieferem Verständnis der Welt. Heinrichs Reise ist sowohl eine physische als auch eine spirituelle Suche nach Erkenntnis, in deren Verlauf er sich vom naiven Jüngling zum poetisch Erleuchteten entwickelt.

Die Mutter

Heinrichs Mutter ist eine fürsorgliche und verständnisvolle Figur, die Heinrichs künstlerische Neigungen von Anfang an unterstützt. Sie dient als Bindeglied zwischen Heinrich und der realen Welt und repräsentiert die warmherzige, schützende Liebe, die Heinrich auf seiner Reise begleitet. Ihre Erzählungen über seinen Vater, der ebenfalls ein Reisender war, erwecken in Heinrich das Verlangen, die Welt zu erkunden und die eigene Bestimmung zu finden.

Der Fremde

Eine geheimnisvolle und prägende Figur in Heinrichs Leben ist der Fremde, der ihm auf seiner Reise begegnet. Der Fremde fungiert als spiritueller Führer und Mentor, der Heinrichs Verständnis von Poesie und Philosophie erweitert. Er repräsentiert das romantische Ideal des Weisen, der die verborgenen Wahrheiten der Welt kennt und diese in rätselhaften Gesprächen weitergibt.

Mathilde

Mathilde, die Tochter von Klingsohr, wird zur großen Liebe Heinrichs und verkörpert die ideale Muse des romantischen Dichters. Sie ist nicht nur eine Quelle der Inspiration, sondern auch eine aktive Teilnehmerin an den philosophischen und poetischen Dialogen des Romans. Ihre Beziehung zu Heinrich ist tief und symbolisch, geprägt von einer fast mystischen Verbindung, die über die bloße romantische Liebe hinausgeht.

Klingsohr

Klingsohr ist ein erfahrener Dichter und Philosoph, der als Heinrichs Mentor fungiert. Er ist eine Schlüsselfigur im Roman, die Heinrich in die Geheimnisse und Tiefen der Poesie einführt. Klingsohr repräsentiert das Ideal des romantischen Dichters, der nicht nur durch Worte, sondern auch durch seine Weisheit und sein tiefes Verständnis der Welt beeindruckt. Sein Einfluss auf Heinrich ist entscheidend für dessen Entwicklung und Verständnis seiner eigenen Rolle als Dichter.

Cyane

Cyane ist eine Nebenfigur, die weitere romantische und mystische Elemente in die Geschichte bringt. Sie ist mit Klingsohr verbunden und dient als weiteres Beispiel für die weibliche Inspiration in der romantischen Literatur. Ihre Rolle, obwohl weniger zentral als die von Mathilde, trägt dennoch zur reichen, symbolischen Textur des Romans bei.

Heinrich von Ofterdingen – Aufbau

Der Roman „Heinrich von Ofterdingen“ von Novalis ist kunstvoll in zwei Teile gegliedert, die zusammen eine Reise sowohl physischer als auch metaphysischer Natur darstellen. Die Struktur des Werkes spiegelt die Entwicklungsreise des Protagonisten wider, von einem naiven Jüngling zu einem gereiften Dichter, der tief in die Mysterien der Poesie und der Selbstfindung eintaucht.

Der erste Teil: Die Erwartung

Der erste Teil des Romans, betitelt „Die Erwartung“, konzentriert sich auf Heinrichs physische und geistige Reisen. Diese Phase des Romans beginnt mit Heinrichs visionärem Traum von der blauen Blume, der als symbolischer Auslöser seiner Suche nach tieferem Wissen und poetischer Inspiration dient. Die Handlung folgt Heinrich, wie er seine Heimat verlässt und auf seiner Reise zu seiner Großmutter in Augsburg verschiedene charakterbildende Begegnungen erfährt. Diese Begegnungen mit verschiedenen Figuren, darunter der geheimnisvolle Fremde und der weise Dichter Klingsohr, sind entscheidend für seine initiale Entwicklung und formen seine Sicht auf die Welt und seine Rolle als Dichter. Jede Begegnung ist eingebettet in ausgedehnte dialogische Sequenzen, die Heinrichs geistiges Wachstum und seine poetische Sensibilität fördern.

Der zweite Teil: Die Erfüllung

Der zweite Teil, „Die Erfüllung“, von dem nur Fragmente existieren, war als Fortsetzung und Vollendung von Heinrichs Transformation vorgesehen. In diesem Teil sollte Heinrichs Reise sowohl in der äußeren Welt als auch in seiner inneren Entwicklung weitergeführt werden, wobei er zu einer tieferen Einsicht in die Natur der Poesie und zu einer vollständigen Verschmelzung mit dem idealisierten Symbol der blauen Blume gelangen sollte. Obwohl dieser Teil unvollendet bleibt, deuten die vorhandenen Fragmente darauf hin, dass Heinrichs Reise ihn zu weiteren mystischen und transzendenten Erfahrungen führen sollte, die sein Verständnis von Kunst und Leben grundlegend verändern.

Heinrich von Ofterdingen – Sprache & Stil

Novalis‘ Schreibstil in „Heinrich von Ofterdingen“ ist zutiefst poetisch und bildreich, was typisch für die romantische Literatur seiner Zeit ist. Die Verwendung von Symbolen und Metaphern ist reichlich und dient dazu, komplexe emotionale Zustände und philosophische Konzepte zu vermitteln. Die blaue Blume selbst ist eines der stärksten Symbole des Romans, das Sehnsucht, die Suche nach Erkenntnis und die Verschmelzung von Traum und Realität darstellt.

Die Sprache Novalis‘ zielt darauf ab, eine intensive emotionale Reaktion beim Leser zu erzeugen. Durch die lyrische Qualität seiner Prosa schafft er eine fast hypnotische Wirkung, die den Leser in die mystische und traumhafte Atmosphäre des Romans eintauchen lässt. Dialoge und Monologe sind oft von philosophischer Tiefe und reflektieren die romantische Idealisierung der Poesie als einer transformativen und heilenden Kraft in der Welt.

Die narrative Struktur, die sich durch eine fließende, oft nicht-lineare Erzählweise auszeichnet, verstärkt das Gefühl des Mystischen und Wunderbaren, das den gesamten Text durchzieht. Diese Herangehensweise spiegelt die romantische Abkehr von streng rationalistischen Darstellungsformen wider und bevorzugt eine Darstellung, die die Grenzen zwischen der physischen Realität und der inneren psychischen Landschaft der Charaktere verwischt.

Heinrich von Ofterdingen – Interpretation

„Heinrich von Ofterdingen“ von Novalis ist ein tiefgreifendes literarisches Werk, das vielschichtige Interpretationen zulässt. Im Zentrum dieser Interpretationen steht oft die Reise des Individuums zur Selbstfindung und künstlerischen Selbstverwirklichung, ein zentrales Thema der Romantik.

Die blaue Blume als zentrales Symbol

Die blaue Blume ist das leitende Motiv des Romans und ein herausragendes Symbol der Romantik. Sie repräsentiert die Sehnsucht nach dem Unendlichen und das Streben nach dem Unerreichbaren. Diese Blume ist nicht nur ein Ziel von Heinrichs physischer Reise, sondern auch ein Symbol für seine inneren Sehnsüchte – nach Liebe, künstlerischer Inspiration und tieferem Verständnis der Welt. Die Suche nach der blauen Blume veranschaulicht das romantische Ideal, dass das wahre Verständnis der Welt über die Grenzen der empirischen Erfahrung hinausgeht und in der Vereinigung mit dem Absoluten liegt.

Transformation und Poesie

Der Roman thematisiert auch die transformative Kraft der Poesie. Heinrichs Entwicklung vom naiven Jungen zum versierten Dichter spiegelt die Überzeugung wider, dass Poesie das Potenzial hat, das Individuum zu verändern und zu erheben. In seiner Interaktion mit anderen Figuren, insbesondere mit dem Dichter Klingsohr und dessen Tochter Mathilde, wird Heinrich in die tieferen Geheimnisse der poetischen Kunst eingeweiht. Diese Begegnungen erweitern nicht nur sein Verständnis für Poesie als künstlerische Form, sondern auch für ihre Fähigkeit, als Medium für persönliche und spirituelle Erleuchtung zu dienen.

Romantische Liebe und Mystik

Liebe ist ein weiteres zentrales Thema in „Heinrich von Ofterdingen“, das eng mit der Idee der mystischen Vereinigung verbunden ist. Heinrichs Liebe zu Mathilde ist mehr als romantische Zuneigung; sie ist eine Verbindung, die ihn spirituell transformiert und ihm den Zugang zu höheren Wahrheiten ermöglicht. Diese Darstellung der Liebe reflektiert die romantische Ansicht, dass wahre Liebe eine seelische und geistige Verbindung ist, die das Individuum über die materielle Existenz hinaushebt.

Die Rolle der Natur

Die Natur spielt im Roman eine zentrale Rolle und dient als Spiegel und Katalysator für Heinrichs innere Entwicklungen. Die romantische Idealisierung der Natur als Quelle der Wahrheit und Schönheit ist ein wiederkehrendes Element, das Heinrichs Reise begleitet und unterstützt. Die Natur ist nicht nur Kulisse, sondern ein aktiver, lebendiger Teil der Erzählung, der die inneren Konflikte und Entwicklungen der Charaktere widerspiegelt.

Heinrich von Ofterdingen und Wilhelm Meister

Heinrich von Ofterdingen“ von Novalis kann als direkte Antwort auf Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ verstanden werden. Beide Werke wurden in der gleichen Verlagsausstattung bei Unger in Berlin veröffentlicht, und inhaltlich setzt sich Novalis in seinem Roman intensiv mit Goethes Werk auseinander.

Zunächst bewunderte Novalis Goethes Roman. Er schätzte die Art, wie Goethe es schaffte, scheinbar banale Themen für die Poesie fruchtbar zu machen und alltägliche Dinge durch geschickte Verknüpfungen bedeutsam erscheinen zu lassen. Diese anfängliche Begeisterung wandelte sich jedoch mit der Zeit. Novalis begann, den „Wilhelm Meister“ als unpoetisch zu kritisieren. Er betrachtete den Roman schließlich als ein Werk, das mehr vom Verstand und ökonomischem Denken geprägt sei und weniger von poetischer Inspiration. Novalis sah in Goethes Werk eine Satire auf die Poesie, die ihre eigene Bedeutung untergrabe, indem sie sich auf das Pragmatische und Alltägliche beschränke. Er bemängelte, dass der „Wilhelm Meister“ sich auf gewöhnliche menschliche Angelegenheiten konzentriere und die Natur sowie das Mystische völlig ausklammere, wodurch er den Roman als eine poetisierte bürgerliche Geschichte betrachtete.

Mit „Heinrich von Ofterdingen“ wollte Novalis ein Werk schaffen, das Goethes Roman übertrifft. Sein Ziel war es, die gesamte Handlung in Poesie aufzulösen und den Roman allmählich in ein Märchen übergehen zu lassen. Obwohl „Heinrich von Ofterdingen“ ebenfalls Elemente eines Bildungsromans enthält, unterscheidet er sich grundlegend von „Wilhelm Meister“. Während Wilhelm seine Erfahrungen hauptsächlich in der äußeren Welt sammelt, konzentriert sich Heinrich auf das verborgene Innere der Welt und folgt einem verstehend-entschlüsselnden Prozess.

Novalis legt nicht nur die Bildung eines Individuums dar, sondern einen Übergangsprozess, der auf eine höhere, universale Utopie abzielt. Diese Vision geht über die individuelle und soziale Utopie hinaus und strebt nach einem goldenen Zeitalter, das den Vorstellungen der Frühromantiker entspricht. Aus diesem Grund spricht Novalis nicht von „Lehrjahren“, sondern von „Übergangsjahren“, was den umfassenden, transformative Ansatz seines Romans unterstreicht.

In „Heinrich von Ofterdingen“ begegnen wir ebenfalls verschiedenen Erzieherfiguren, ähnlich wie in „Wilhelm Meister“. Doch während diese Figuren bei Goethe eher weltliche Erfahrungen vermitteln, führen die Figuren in Novalis‘ Werk Heinrich in tiefere, mystische und poetische Erkenntnisse ein. Dieser Unterschied spiegelt die grundverschiedenen philosophischen und ästhetischen Ansätze der beiden Autoren wider und markiert einen deutlichen Bruch zwischen Novalis‘ romantischer Vision und Goethes pragmatischem Realismus.

Die „Blaue Blume“

Die berühmte „Blaue Blume“ war ein zentrales Symbol der Romantik und ist bis heute ein bleibendes Motiv in der abendländischen Kunst und Literatur. Sie steht für Sehnsucht, Liebe und das Streben nach dem Unendlichen und Unerreichbaren. Sie symbolisiert die Hoffnung und die Schönheit der Dinge. Der deutsche Schriftsteller Novalis führte das Symbol mit „Heinrich von Ofterdingen“ in die Romantik ein: Nachdem der junge Heinrich über ein Treffen mit einem Fremden nachgedacht hat, träumt er von einer blauen Blume, die seine Aufmerksamkeit vollständig auf sich zieht. Für Thomas Carlyle ist diese blaue Blume die Poesie, das wirkliche Objekt, die Leidenschaft und die Berufung des jungen Heinrich, die er durch mannigfaltige Abenteuer, Anstrengungen und Leiden suchen und finden soll.

Rezeption

Das Motiv inspirierte seitdem zahlreiche Schriftsteller: Joseph Freiherr von Eichendorff schrieb sein berühmtes Gedicht mit dem Titel „Die blaue Blume“, Adelbert von Chamisso sah in dem Motiv den Kern der Romantik, und E. T. A. Hoffmann verwendete sie als Symbol für die Poesie von Novalis und das „heilige Wunder der Natur“ in seiner Erzählung „Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza“.

Aber auch moderne Fantasy-Autoren wurden von diesem Symbol beeinflusst. C. S. Lewis bezieht sich in seinem autobiografischen Buch „Surprised by Joy“ auf die „Blaue Blume“, wenn er von den Sehnsuchtsgefühlen spricht, die die Schönheit in ihm als sechsjährigem Kind auslöste. Und George R. R. Martin verwendet die blaue Blume in „Game of Thrones“ als wiederkehrendes Symbol, um junge Frauen aus dem Adelshaus Stark zu charakterisieren.

Der Begriff hielt zudem in verschiedenen Sprachen Einzug, so gibt es heutzutage etwa den französischen Ausdruck „fleur bleue“, welcher eine empfindsame Träumerin und Anfängerin beschreibt.

Über den Autor Novalis

Novalis wurde am 2. Mai 1772 geboren und starb am 25. März 1801. „Heinrich von Ofterdingen“ entstand im Jahr 1800 und konnte von ihm nicht mehr vollendet werden, erst nach seinem Tod wurde das Fragment veröffentlicht.
Aus Anlass des Novalis-Jubiläums (250. Geburtstag des Dichters am 2. Mai 2022) liegt die 1802 erschienene Fassung (inklusive des Berichts von Ludwig Tieck über die Fortsetzung) hier in einer Taschenbuch-Neuausgabe vor.

Heinrich von Ofterdingen – Häufige Fragen

Was ist „Heinrich von Ofterdingen“?

„Heinrich von Ofterdingen“ ist ein unvollendeter Roman von Novalis (Friedrich von Hardenberg), der 1800 entstand und 1802 postum veröffentlicht wurde. Der Roman basiert auf der Sage des mittelalterlichen Sängers Heinrich von Ofterdingen.

Warum blieb der Roman unvollendet?

Novalis konnte den Roman aufgrund beruflicher Verpflichtungen und seiner Krankheit nicht fertigstellen. Der erste Teil und ein Teil des Anfangskapitels des zweiten Teils sind vollständig.

Was ist die zentrale Thematik des Romans?

Das zentrale Thema ist die Poesie im romantischen Sinne einer „Poesie des Lebens“. Novalis beschreibt den Roman selbst als „Apotheose der Poesie“. Er verknüpft die Poesie mit der Wissenschaft und fordert den Leser zur gedanklichen Selbsttätigkeit auf.

Welche Rolle spielt die blaue Blume im Roman?

Die blaue Blume ist ein zentrales Symbol des Romans und der Romantik insgesamt. Sie steht für Sehnsucht, Erkenntnis und das Streben nach dem Unerreichbaren. Heinrichs Suche nach der blauen Blume symbolisiert seine Suche nach poetischer und spiritueller Erfüllung.

Wie unterscheidet sich „Heinrich von Ofterdingen“ von Goethes „Wilhelm Meister“?

„Heinrich von Ofterdingen“ ist eine Antwort auf Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Während Goethe das Diesseitige und Pragmatische betont, strebt Novalis nach einer vollständigen Auflösung in Poesie und Märchen. Heinrichs Reise ist eine nach innerer Erkenntnis und mystischer Einsicht, während Wilhelm Meister seine Erfahrungen in der äußeren Welt sammelt.

Wie ist der Roman strukturiert?

Der Roman ist in zwei Teile gegliedert:

  1. Die Erwartung: Dieser Teil beschreibt Heinrichs Reise und seine anfängliche Entwicklung als Dichter.
  2. Die Erfüllung: Von diesem Teil existieren nur Fragmente. Er sollte Heinrichs weitere Entwicklung und seine endgültige Transformation darstellen.

Was sind die wichtigsten Einflüsse auf den Roman?

Wichtige Einflüsse sind Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, Tiecks „Franz Sternbalds Wanderungen“ und die naturphilosophischen Überlegungen Jakob Böhmes. Auch verschiedene Chroniken und Legenden, wie die Düringische Chronik und die Mansfeldische Chronik, dienten als Inspiration.

Was zeichnet den Stil des Romans aus?

Novalis‘ Stil ist poetisch und bildreich. Er verwendet Symbole und Metaphern, um tiefgreifende emotionale und spirituelle Themen zu vermitteln. Der Roman bricht bewusst mit realistisch-psychologischen Erzählkonventionen und erzeugt eine „dichterische Melodik“, die Ruhe und Verschmelzung symbolisiert.

Welche Rolle spielt das Mittelalter im Roman?

Das Mittelalter wird positiv dargestellt und dient als Gegenbild zur prosaischen und utilitaristischen Moderne. Novalis wählt das Mittelalter als Übergangszeit, die Heinrich auf dem Weg zum goldenen Zeitalter durchschreiten muss.

Wie endet der erste Teil des Romans?

Der erste Teil endet mit einem Märchen, das von Klingsohr erzählt wird. Dieses Märchen symbolisiert die Utopie der Welterlösung durch Poesie und Liebe und dient als komprimierte Darstellung des geplanten Romanendes.

Was wäre im unvollendeten zweiten Teil des Romans geschehen?

Im zweiten Teil sollte Heinrich alle Zeiten und Räume durchwandern, wobei das Märchenhafte immer mehr durchbrechen sollte. Heinrich sollte zahlreiche Verwandlungen durchmachen und das goldene Zeitalter herbeiführen. Das Ende sollte eine große Vereinigung und die Aufhebung der Zeit darstellen.

Welche Bedeutung hat der Roman für die Romantik?

„Heinrich von Ofterdingen“ ist ein bedeutender Beitrag zur Universalpoesie der Frühromantiker. Novalis wollte durch die Poesie eine bessere Welt darstellen und herstellen, in der das Mittelalter als Übergangszeit zu einem neuen, goldenen Zeitalter dient.

Welche Anregungen erhielt Novalis für den Roman?

Die ersten Anregungen erhielt Novalis 1799 während einer Inspektionsreise nach Artern am Kyffhäuser. Hier lernte er den Historiker Karl Wilhelm Ferdinand von Funck kennen und setzte sich mit verschiedenen Chroniken auseinander, die ihn mit der Sage vom Sängerkrieg auf der Wartburg bekannt machten.

Wie wurde der Roman nach Novalis‘ Tod veröffentlicht?

Der erste Teil des Romans wurde postum im Juni 1802 veröffentlicht. Gegen Ende des Jahres 1802 wurde das Romanfragment erstmals vollständig herausgegeben, basierend auf den überlieferten Notizen von Novalis und Berichten von Ludwig Tieck.

Heinrich von Ofterdingen – Buch

Novalis.
Heinrich von Ofterdingen.
Nach der Ausgabe von 1802.
Mit Ludwig Tiecks Bericht über die Fortsetzung.
Novalis - Heinrich von OfterdingenErstdruck des 1. Teils: Novalis. Heinrich von Ofterdingen, Ein nachgelassener Roman, Realschulbuchhandlung, Berlin 1802.
Erstdruck des 2. Teils und von Tiecks Bericht in: Schriften, Berlin 1802.
Durchgesehener Neusatz, der Text dieser Ausgabe folgt: Insel Verlag, Frankfurt am Main 1982.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2022.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

Buch-ISBN: 9783965425484

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024