Mondnacht – Die schönsten Gedichte
Diese Ausgabe enthält die schönsten Gedichte von Joseph von Eichendorff.
Beginnend mit „Mondnacht“ (Es war, als hätt der Himmel / Die Erde still geküßt), über „Wünschelrute“ (Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort), bis hin zu „Der frohe Wandersmann“ (Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt) sind die beliebesten und berühmtesten Gedichte des Romantikers in einem Band versammelt.
Mondnacht – Gedicht
Rezitation: Fritz Stavenhagen
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt’.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Mondnacht Eichendorff – Form
Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen im Kreuzreim. Dabei findet sich in der ersten und dritten Zeile kein echter Reim, sondern – wie nicht selten in der Romantik üblich – eine Assonanz.
Der Text ist im alternierenden Versmaß mit Auftakt, drei jambischen Hebungen und wechselnder Kadenz geschrieben. Die erste und dritte Verszeile enden auf eine klingende Kadenz, während die zweite und vierte Verszeile auf eine stumpfe Kadenz enden. Es handelt sich damit um eine sogenannte Hildebrandsstrophe oder genauer um eine halbe Hildebrandsstrophe.
Mondnacht Eichendorff – Epoche
Das Gedicht Mondnacht von Joseph von Eichendorff wird der Epoche der Romantik zugerechnet, genauer der Hochromantik, die etwa zwischen 1798 und 1835 angesiedelt ist. Die Romantik ist geprägt von einer Hinwendung zu Gefühlen, Naturverbundenheit, Sehnsucht, und einer Flucht aus der Realität in Traumwelten oder vergangene Zeiten. Mondnacht spiegelt all diese Merkmale wider, indem es die Verschmelzung von Himmel und Erde, von Natur und Seele, poetisch beschreibt. In dieser symbolträchtigen Darstellung von Einheit und Harmonie zeigt sich die für die Romantik typische Tendenz zur Überwindung der Trennung von Mensch und Natur sowie die Suche nach dem Unendlichen und Transzendenten.
Die Natur in der Mondnacht ist nicht nur eine Kulisse, sondern eine Projektionsfläche für das menschliche Innenleben, was das Gedicht zu einem zentralen Werk der Romantik macht. Eichendorff steht mit diesem Werk in der Tradition anderer bedeutender Dichter dieser Zeit, wie Novalis, die ebenfalls das Motiv der „Sehnsucht“ als zentrales Thema behandelten.
Mondnacht Eichendorff – Rezeption
Robert Schumann vertonte dieses bedeutende Gedicht des Übergangs von Romantik zu Spätromantik im Jahr 1840 und stellte es in den Mittelpunkt seines Liederkreises op. 39.
Eine weitere bekannt gewordene Vertonung schuf 1853 Johannes Brahms.
Ende des 19. Jahrhunderts gab es schon über 40 Vertonungen.
Das Gedicht hat besonders lobende Anerkennung gefunden:
- Thomas Mann nannte es „die Perle der Perlen“.
- Theodor W. Adorno empfand, „als wäre es mit dem Bogenstrich gespielt“.
- Die Lyrikerin Ulla Hahn meinte: „Innere und äußere Landschaft verschmelzen miteinander“.
- Peter Paul Schwarz sprach von „einer Verwandlung oder Verzauberung der Wirklichkeit“.
- Wolfgang Frühwald erwähnte die „orphische Melodie der Nacht“.
Auch heute ist das Gedicht noch populär, vor allem die letzte Strophe wird gerne als Spruch in Todesanzeigen verwendet.
Mondnacht Eichendorff – Entstehungsgeschichte
Das Manuskript zu diesem Gedicht befindet sich nach zahlreichen Umwegen heute in der Staatsbibliothek zu Berlin. Es handelt sich um ein Blatt, auf dem Eichendorff zwischen 1835 und 1840 seine Ideen auch zu den Gedichten „An meinen Bruder“ und „Der Glücksritter“ niedergeschrieben hatte. Eichendorff wohnte damals in Berlin und blickte wohl mit Sehnsucht auf seine oberschlesische Heimat zurück. Ein Mitarbeiter der Bibliothek, Martin Hollender, untersuchte das Blatt und konnte dabei die schriftstellerische Arbeit des Dichters rekonstruieren.
Mondnacht – Über den Autor
Joseph von Eichendorff (1788–1857) war ein bedeutender Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik. Geboren in einer adligen Familie in Schlesien, wuchs er in einer naturnahen Umgebung auf, die seine Werke stark prägte. Eichendorff studierte Rechtswissenschaften, übte jedoch später verschiedene Verwaltungsberufe aus. Trotzdem blieb er der Dichtung treu und schuf eine Vielzahl von Gedichten, Erzählungen und Romanen, die bis heute gelesen werden.
Eichendorffs Werke zeichnen sich durch ihre tiefe Naturverbundenheit, Sehnsucht, und das Streben nach Harmonie aus. Besonders oft thematisierte er das Verhältnis von Mensch und Natur, das Reisen als Symbol der Lebensreise und die Sehnsucht nach einer idealisierten, transzendenten Welt. In seinen lyrischen Texten, darunter auch Mondnacht, vermittelt er eine verklärte und träumerische Sicht auf die Natur und das menschliche Dasein.
Neben seiner Lyrik wurde Eichendorff durch Werke wie den Roman Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) berühmt, der zu einem Schlüsselwerk der Romantik wurde. Seine religiös geprägte Weltanschauung, die Einheit von Natur und göttlichem Wirken betonte, durchzieht sein gesamtes Schaffen. Eichendorff wird oft als der Dichter der Sehnsucht und Melancholie bezeichnet, und Mondnacht gilt als eines seiner berühmtesten und am tiefsten empfundenen Gedichte.
Mondnacht Eichendorff – Buch
Joseph von Eichendorff.
Mondnacht – Die schönsten Gedichte.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
ISBN: 3965422480
Paperback 128 Seiten
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024