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Innerer Monolog

Innerer Monolog – einfach erklärt im Video

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Merkmale des inneren Monologs

Die charakteristischen Merkmale des inneren Monologs umfassen:

  1. Subjektivität: Der innere Monolog ist hochgradig subjektiv. Er präsentiert die Welt aus der Perspektive der Figur, inklusive ihrer persönlichen Vorurteile, Gefühle und Gedanken. Diese Subjektivität ist entscheidend, um die Leser in die psychologische Realität der Figur eintauchen zu lassen.
  2. Direktheit: Im Gegensatz zu anderen narrativen Techniken, die die Gedanken einer Figur durch die Beschreibungen eines allwissenden Erzählers vermitteln, bietet der innere Monolog direkten Zugang zu den Gedanken der Figur, ohne Vermittlung. Diese Direktheit führt zu einer stärkeren emotionalen Bindung zwischen der Figur und dem Leser.
  3. Stream of Consciousness: Oft wird der innere Monolog mit dem Bewusstseinsstrom (Stream of Consciousness) verwechselt oder in Verbindung gebracht. Während beide Techniken ähnliche Ziele verfolgen, indem sie die Gedanken und Gefühle einer Figur in Echtzeit darstellen, tendiert der innere Monolog dazu, eine strukturiertere und sprachlich klarere Form zu haben. Der Bewusstseinsstrom hingegen präsentiert Gedanken oft in einer unstrukturierten und fragmentarischen Weise.
  4. Introspektion: Der innere Monolog ermöglicht eine tiefe introspektive Analyse, bei der Figuren ihre eigenen Motivationen, Ängste und Wünsche betrachten und bewerten. Diese Selbstreflexion ist entscheidend für die Entwicklung der Charaktere und für das Vorantreiben der Handlung.
  5. Isolation: Ein weiteres wichtiges Merkmal des inneren Monologs ist das Gefühl der Isolation. Da die Gedanken der Figur für die Außenwelt unsichtbar sind, kann der innere Monolog das Gefühl der Einsamkeit oder des Unverstandenseins verstärken.
  6. Sprachliche Eigenschaften: Der innere Monolog nutzt oft eine Sprache, die der natürlichen, spontanen Gedankensprache der Figur entspricht. Dies kann unvollständige Sätze, Anakoluthe und eine freiere Grammatik einschließen, die dazu dient, den realistischen Fluss der Gedanken zu imitieren.

Innerer Monolog – Beispiel

Ein klassisches Beispiel für den Einsatz des inneren Monologs in der Literatur findet sich in James Joyce’s „Ulysses“, speziell im „Penelope“-Kapitel. In diesem Abschnitt fließen die Gedanken von Molly Bloom in einem ununterbrochenen, kaum durch Satzzeichen gegliederten Strom, der tiefen Einblick in ihre innersten Gefühle und Überlegungen bietet. Ein Auszug aus diesem Kapitel zeigt, wie Molly über Ereignisse des Tages, persönliche Beziehungen und vergangene Erlebnisse reflektiert:

„wo ich eine Blume des Berges war ja wie ich mir eine Rose ins Haar gesteckt hab wie die andalusischen Mädchen immer machten oder soll ich eine rote tragen ja und wie er mich geküßt hat unter der maurischen Mauer und ich hab gedacht na schön er so gut wie jeder andere und hab ihn mit den Augen gebeten er soll doch nochmal fragen ja und dann hat er mich gefragt ob ich will ja sag ja meine Bergblume und ich hab ihm zuerst die Arme um den Hals gelegt und ihn zu mir niedergezogen daß er meine Brüste fühlen konnte wie sie dufteten ja und das Herz ging ihm wie verrückt und ich hab ja gesagt ja ich will Ja.“

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie der innere Monolog es ermöglicht, dass Leser die unmittelbare emotionale Landschaft einer Figur erleben, als ob sie direkt in deren Gedankenwelt eingetaucht wären.

Ein prägnantes Beispiel für den Einsatz des inneren Monologs in der Literatur findet sich  auch im Werk des deutschsprachigen Autors Arthur Schnitzler. In seiner Novelle Fräulein Else nutzt Schnitzler den inneren Monolog, um die tiefsten Gedanken und Gefühle seiner Protagonistin Else zu offenbaren.

Ein Auszug aus Fräulein Else illustriert, wie Schnitzler den inneren Monolog verwendet, um die innere Zerrissenheit der Figur zu veranschaulichen:

„Dorsday, Dorsday! Das ist ja der – Funfzigtausend! Wird er sie abschicken? Um Gottes Willen, wenn er sie nicht abschickt? Ich muss es ihnen sagen. Sie müssen ihn zwingen. Um Gottes willen, wenn alles umsonst gewesen ist? Aber jetzt kann man mich noch retten. Paul! Cissy! Warum hört ihr mich denn nicht? Wisst ihr denn nicht, dass ich sterbe? Aber ich spüre nichts. Nur müde bin ich. Paul! Ich bin müde. Hörst du mich denn nicht? Ich bin müde, Paul. Ich kann die Lippen nicht öffnen. Ich kann die Lippen nicht öffnen. Ich kann die Zunge nicht bewegen, aber ich bin noch nicht tot.“

Schnitzler’s Technik, Else’s Gedanken direkt und ungefiltert darzustellen, ermöglicht den Lesern, ihre emotionale und ethische Verwirrung hautnah zu erleben.

Einen inneren Monolog schreiben

Aufbau

Innerer MonologDer Aufbau eines inneren Monologs sollte sorgfältig überlegt werden, um die psychologische Tiefe und die narrativen Ziele der Geschichte zu unterstützen. Ein gut strukturierter innerer Monolog beginnt oft mit einer Auslöser-Situation, die die Figur zu einer intensiven Selbstreflexion oder einem inneren Konflikt veranlasst. Von hier aus entwickeln sich die Gedanken organisch, wobei sie häufig zwischen verschiedenen Themen, Erinnerungen und emotionalen Zuständen wechseln können. Es ist wichtig, dass der Monolog eine gewisse Entwicklung oder Veränderung in der Denkweise der Figur zeigt, die schließlich zu einer Erkenntnis oder Entscheidung führt, welche die Handlung vorantreibt.

Form

Die Form des inneren Monologs kann stark variieren, abhängig vom Stil des Autors und den Bedürfnissen der Geschichte. Einige Schriftsteller wählen einen hochgradig strukturierten Ansatz, der klare, vollständige Sätze und eine logische Abfolge von Gedanken nutzt. Andere bevorzugen einen freieren Stil, der die chaotische Natur von Gedankenströmen durch fragmentierte Sätze und abrupte Themenwechsel nachahmt. Unabhängig vom gewählten Stil sollten einige Elemente konstant bleiben, um die Glaubwürdigkeit und Lesbarkeit zu gewährleisten:

  • Sprache: Die Sprache sollte der Persönlichkeit und dem Bildungsniveau der Figur entsprechen. Natürliche, authentische Sprachmuster stärken die Glaubwürdigkeit des Monologs.
  • Tempo: Das Tempo der Gedanken kann variieren, um Spannung zu erzeugen oder Reflexion zu vertiefen. Schnelle Gedanken können Dringlichkeit signalisieren, während langsamere Passagen tiefere Einsichten oder komplexe Emotionen erkunden können.
  • Intensität: Die emotionale Intensität sollte den Ereignissen der Geschichte entsprechen. Ein gut getimter innerer Monolog kann die emotionale Wirkung eines Moments erheblich steigern.

Durch die Kombination dieser Elemente kann der Schriftsteller einen effektiven und eindrucksvollen inneren Monolog erstellen, der nicht nur die innere Welt der Figur offenbart, sondern auch eine tiefere Verbindung zum Leser herstellt.

Innerer Monolog – Geschichte und Entwicklung

Die Geschichte und Entwicklung des inneren Monologs spiegelt die Veränderungen in der Literatur und der Betrachtung des menschlichen Bewusstseins wider. Ursprünglich in der europäischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts in Ansätzen vorhanden, erfuhr der innere Monolog eine signifikante Evolution und Popularisierung durch die Modernisten des frühen 20. Jahrhunderts.

Im 18. Jahrhundert wurden die Grundlagen für den inneren Monolog durch die wachsende Betonung individueller Emotionalität und Selbstreflexion gelegt, wie sie in den Werken von Autoren wie Jean-Jacques Rousseau und den Romantikern zu finden ist. Diese frühen Formen waren jedoch oft noch stark narrativ und weniger fragmentiert als spätere Darstellungen.

Die wahre Blütezeit des inneren Monologs begann jedoch im späten 19. Jahrhundert und erreichte ihren Höhepunkt im 20. Jahrhundert, insbesondere durch die Arbeiten von Autoren wie Marcel Proust, Virginia Woolf und James Joyce.

Diese Schriftsteller experimentierten mit komplexen Erzähltechniken, die es ihnen ermöglichten, die Tiefe und Unmittelbarkeit menschlicher Gedanken und Gefühle zu erforschen. Proust’s „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ und Joyce’s „Ulysses“ sind Paradebeispiele dafür, wie der innere Monolog eingesetzt werden kann, um das Innenleben von Charakteren in all seiner Komplexität und Flüchtigkeit darzustellen.

Innerer Monolog — häufige Fragen

  • Was unterscheidet den inneren Monolog von direkter Rede?

    • Der innere Monolog unterscheidet sich von direkter Rede dadurch, dass er die Gedanken einer Figur wiedergibt, ohne dass diese laut ausgesprochen werden. Während direkte Rede ein Gespräch zwischen Charakteren darstellt, das hörbar ist, handelt es sich beim inneren Monolog um stille, interne Gedanken, die nur dem Leser zugänglich sind.
  • Kann jeder Charakter einen inneren Monolog haben?

    • Theoretisch kann jeder Charakter in einer Geschichte einen inneren Monolog haben. Es hängt jedoch von der Tiefe und der narrativen Notwendigkeit ab, ob es sinnvoll ist, den inneren Monolog eines bestimmten Charakters darzustellen. In der Regel werden innere Monologe verwendet, um wichtige Charaktere mit komplexen inneren Welten oder entscheidenden inneren Konflikten zu vertiefen.
  • Wie lang sollte ein innerer Monolog sein?

    • Die Länge eines inneren Monologs kann stark variieren. Einige sind kurz und pointiert, um einen momentanen Gedanken oder eine schnelle Reaktion zu vermitteln. Andere können sich über mehrere Seiten erstrecken, besonders in literarischen Werken, die tiefe psychologische Einblicke bieten wollen, wie in einigen modernistischen Romanen. Die Entscheidung hängt von der Funktion des Monologs in der Geschichte und dem gewünschten Effekt auf den Leser ab.
  • Ist der innere Monolog immer zuverlässig?

    • Innere Monologe sind subjektiv und reflektieren die Perspektive und die möglichen Vorurteile der Figur. Sie sind nicht notwendigerweise zuverlässig in Bezug auf die objektive Wahrheit einer Situation, bieten jedoch wertvolle Einblicke in die Wahrnehmung und Emotionen der Figur. Autoren können dies nutzen, um interessante Dynamiken wie unzuverlässige Erzähler oder interne Konflikte zu erzeugen.
  • Wie beeinflusst der innere Monolog die Leserbindung?

    • Durch die Darstellung der intimen Gedanken und Gefühle einer Figur kann der innere Monolog eine starke emotionale Verbindung zwischen dem Charakter und dem Leser schaffen. Diese Technik ermöglicht ein tiefes Eintauchen in die inneren Welten der Figur, was zu einer größeren Empathie und einem besseren Verständnis für deren Handlungen und Reaktionen führen kann.
  • Wie verwendet man den inneren Monolog in verschiedenen Erzählformen?

    • Der innere Monolog ist nicht auf Romane beschränkt; er kann auch in Kurzgeschichten, Dramen und sogar in Drehbüchern effektiv eingesetzt werden. In jeder Form muss der innere Monolog angepasst werden, um die spezifischen Bedürfnisse der Erzählung zu erfüllen, einschließlich des Tempos, der Stimmung und der Charakterentwicklung.
  • Welche bekannten Beispiele gibt es?

    • Leo Tolstoi: Anna Karenina (1877/78)
      Édouard Dujardin: Les lauriers sont coupés (1888)
      Knut Hamsun: Hunger (1890)
      Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl (1900)
      James Joyce: Ulysses (1921)
      Italo Svevo: Zenos Gewissen (1923)
      Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz (1929)
      William Faulkner: Schall und Wahn (1929)
      Edlef Köppen: Heeresbericht (1930)
      Virginia Woolf: Mrs. Dalloway (1925), Die Fahrt zum Leuchtturm (1927) und Die Wellen (1931)

Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2024

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