Die Welt von Gestern - Stefan Zweig

Prinz Friedrich von Homburg

Heinrich von Kleist.
Prinz Friedrich von Homburg.
Schauspiel in fünf Akten.

Erstdruck unter dem Titel „Die Schlacht von Fehrbellin: Schauspiel in fünf Akten“,
in: Schriften, Reimer, Berlin 1821.

Uraufführung unter dem Titel „Die Schlacht von Fehrbellin“ am 03.10.1821 in Wien.

Neuausgabe, Göttingen 2019.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag.

ISBN: 3965420909
EAN: 9783965420908
Paperback.  84 Seiten

Prinz Friedrich von Homburg – Zusammenfassung

Handlung

Der Prinz von Homburg, ein junger preußischer Reitergeneral, ist nach einem langen Feldzug erschöpft und schlafwandelt. Während dieses Zustands bindet er sich einen Lorbeerkranz. Mehrere Adlige bemerken dies, und der Kurfürst spielt ein Spiel mit ihm, das damit endet, dass der Prinz der Prinzessin Natalie, der Nichte des Kurfürsten, seine Liebe erklärt und einen ihrer Handschuhe ergreift.

Erwacht aus seinem Traum, wundert sich der Prinz über den Handschuh in seiner Hand. Bei der Besprechung des nächsten Kriegsgefechts im Kriegsrat ist er so abgelenkt, dass er den Befehl, bei der kommenden Schlacht den Feind nicht ohne ausdrückliche Order anzugreifen, überhört. Trotz dieser Anweisung und den Ratschlägen seiner Offiziere gibt der Prinz den Befehl zum Angriff und erzielt einen klaren Sieg in der Schlacht bei Fehrbellin.

Der Kurfürst jedoch lässt den Prinzen wegen Befehlsverweigerung verhaften, ihm den Prozess machen und ihn zum Tode verurteilen. Zunächst ist dem Prinzen der Ernst der Situation nicht klar. Erst die Nachricht, der Kurfürst habe tatsächlich sein Todesurteil unterzeichnet, und der Anblick des für ihn bestimmten Grabes machen ihm die Lage bewusst. In der berühmten „Todesfurchtszene“ fleht der Prinz um sein Leben. Der Kurfürst stellt ihm jedoch die Bedingung, dass er begnadigt wird, wenn er das Urteil für ungerecht hält. Diese Frage führt zur Läuterung des Prinzen: Er akzeptiert schließlich die Hierarchie und Staatsräson, überwindet seine Todesfurcht und ist bereit, das Gesetz durch einen freien Tod zu verherrlichen.

Natalie überreicht Homburg hektisch den kurfürstlichen Brief und versucht, ihn zu überreden, die Begnadigung schriftlich anzunehmen. Der Prinz versteht nun den Befehl des Kurfürsten, gehorsam zu sein, und erkennt, dass ihm nicht alles erlaubt ist, was dem Kurfürsten erlaubt ist. Er gesteht seine Schuld ein und erkennt den kurfürstlichen Urteilsspruch als gerecht an.

Natalie hat ohne legitimen Befehl das von Oberst Kottwitz geführte Regiment zurückbeordert, um Unterstützung für die Begnadigung Homburgs zu erhalten. Angesichts des allgemeinen Drucks ist der Kurfürst bereit, seine Offiziere anzuhören. Als der Kurfürst seine Offiziere abschließend befragt, ob sie sich auch weiterhin der Führung des Prinzen anvertrauen wollen, wird dies allgemein bejaht, woraufhin der König das Todesurteil zerreißt.

Der Prinz wird in den Schlossgarten geführt und denkt, seine Hinrichtung stehe bevor. Stattdessen setzt ihm Natalie einen Lorbeerkranz auf. Der Prinz sinkt in Ohnmacht, wird durch Kanonendonner geweckt und erfährt, dass alles nur ein Traum war.

Historischer Hintergrund

In Friedrichs des Großen „Mémoires pour servir à l’histoire de la maison de Brandebourg“ wird beschrieben, wie der Prinz von Hessen-Homburg in der Schlacht von Fehrbellin eigenmächtig und voreilig angegriffen und dadurch die Schlacht gewonnen habe. Kleist nutzte diese Legende als Quelle und entwickelte den Stoff frei weiter.

Rezeption

Das Drama stieß bei seinen Zeitgenossen auf Widerstand. Die Todesfurchtszene galt lange als unzeigbar. Heinrich Heine lobte das Stück als „gleichsam vom Genius der Poesie selbst geschrieben“, für de la Motte Fouqué war es „das göttlichste Gedicht, das je aus Kleists Feder hervorgegangen sei.“

Prinz Friedrich von Homburg – Figuren

  • Friedrich Wilhelm: Kurfürst von Brandenburg
  • Die Kurfürstin
  • Prinzessin Natalie von Oranien: Nichte des Kurfürsten, Chef eines Dragonerregiments
  • Feldmarschall Dörfling
  • Prinz Friedrich Arthur von Homburg: General der Reiterei
  • Obrist Kottwitz: vom Regiment der Prinzessin von Oranien
  • Hennings: Oberst der Infanterie
  • Graf Truchß: Oberst der Infanterie
  • Graf Hohenzollern: von der Suite des Kurfürsten
  • Rittmeister von der Golz
  • Graf Georg von Sparren: Rittmeister
  • Stranz: Rittmeister
  • Siegfried von Mörner: Rittmeister
  • Graf Reuß: Rittmeister
  • Ein Wachtmeister
  • Offiziere, Korporale und Reiter, Hofkavaliere, Hofdamen, Pagen, Heiducken, Bediente, Volk jeden Alters und Geschlechts

Prinz Friedrich von Homburg – Aufbau

Das Drama folgt dem klassischen Aufbau eines geschlossenen Dramas mit fünf Akten:

  1. Exposition: Vorstellung der Personen und des Konfliktes
  2. Steigende Handlung: Zuspitzung des Konfliktes
  3. Höhepunkt und Peripetie: Die Todesfurcht des Prinzen und Eingeständnis der Schuld
  4. Retardierendes Moment: Verzögerung des Konfliktes
  5. Lösung und Schluss: Begnadigung und Feiern des Prinzen

Prinz Friedrich von Homburg – Sprache & Stil

Die Sprache des Dramas ist pathetisch und bildreich. Kleist verwendet Einschübe und Unterbrechungen, um Dynamik aufzubauen, und nutzt die Stilmittel der Stichomythie und der Antilabe, sowie das dramatische Mittel der Teichoskopie (Mauerschau). Die Versstruktur wechselt zwischen fünfhebigen Trochäen und Daktylen, um die Stimmung der Figuren zu verdeutlichen. Zeilensprünge und Ausrufe verdeutlichen den verwirrten Zustand der Figuren.

Prinz Friedrich von Homburg – Interpretation

Symbole und Motive

Schloss

Das Schloss in „Prinz Friedrich von Homburg“ symbolisiert Glanz, Macht und Ruhm. Es stellt die Pracht und Autorität der herrschenden Klasse dar und ist ein Ort, an dem wichtige Entscheidungen getroffen und Schicksale besiegelt werden. Die prunkvolle Umgebung des Schlosses unterstreicht die Macht des Kurfürsten und die Hierarchie innerhalb der Gesellschaft. Es ist der Ort, an dem der Prinz über seine Taten und sein Schicksal reflektiert und letztlich seine Läuterung erfährt.

Garten

Der Garten steht für rationale Gestaltungskunst. Er ist ein geordneter, symmetrischer Raum, der menschliche Kontrolle und Vernunft widerspiegelt. Im Drama dient der Garten als Schauplatz für zentrale Szenen, darunter der Beginn und das Ende, wo der Prinz schlafwandelnd und schließlich in einer scheinbaren Hinrichtungsszene agiert. Der Garten symbolisiert die Ordnung und Struktur, die im Kontrast zu den emotionalen und irrationalen Handlungen des Prinzen stehen.

Lorbeerkranz

Der Lorbeerkranz ist ein Symbol für Ruhm und Macht. In der Antike war der Lorbeerkranz ein Zeichen für Sieger und Helden. Im Drama steht der Lorbeerkranz, den der schlafwandelnde Prinz sich selbst aufsetzt, für seinen unbewussten Wunsch nach Anerkennung und Ruhm. Am Ende wird ihm der Kranz als Zeichen seiner Läuterung und Anerkennung seines inneren Wandels erneut überreicht, was seine Transformation und den erworbenen Respekt symbolisiert.

Leitmotive

Traum, Gefühl, Empfindung, Herz, Sonne und Gold

Diese Leitmotive stehen für erträumten Glanz und Ruhm. Sie tauchen immer wieder im Drama auf und spiegeln die inneren Wünsche und Träume des Prinzen wider. Der Traumzustand des Prinzen, in dem er von Ruhm und Ehre träumt, zieht sich durch das gesamte Werk und zeigt seine innere Zerrissenheit zwischen persönlichem Verlangen und den Pflichten gegenüber dem Staat. Diese Motive unterstreichen die romantische Sehnsucht nach Höherem und Unsterblichem, die in der Figur des Prinzen verkörpert wird.

Staub

Der Staub symbolisiert Nichtigkeit, Zerstörung und Vernichtung. In der Todesfurchtszene, als der Prinz mit seinem Grab konfrontiert wird, steht der Staub für die Vergänglichkeit und die Endlichkeit des menschlichen Lebens. Es verdeutlicht die unvermeidliche Zerstörung und das Nichts, dem der Prinz ins Auge blicken muss, bevor er seine Läuterung erfährt. Der Staub kontrastiert mit den anderen Motiven des Ruhms und der Unsterblichkeit und erinnert an die sterbliche Natur des Menschen.

Prinz Friedrich von Homburg – Epoche

Das Drama „Prinz Friedrich von Homburg“ gehört zur Klassik und zur Frühen Romantik. Es vereint klassische Elemente wie die aristotelischen Einheiten von Ort, Zeit und Handlung mit romantischen Motiven der Innerlichkeit, des Traums und der Sehnsucht. Kleists Werk spiegelt die Übergangszeit zwischen diesen beiden Epochen wider, indem es sowohl die formale Strenge der Klassik als auch die emotionale Tiefe und das subjektive Erleben der Romantik integriert.

Prinz Friedrich von Homburg – Autor

Heinrich von Kleist war ein bedeutender deutscher Dramatiker, Erzähler und Lyriker der Frühromantik. Seine Werke zeichnen sich durch tiefgründige psychologische Einsichten und komplexe moralische Fragestellungen aus. Kleist verstand es meisterhaft, die Spannungen zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlicher Ordnung darzustellen, was sich auch in „Prinz Friedrich von Homburg“ deutlich zeigt.

Prinz Friedrich von Homburg – Die häufigsten Fragen

Was ist der zentrale Konflikt im Drama?

Der zentrale Konflikt besteht im Gegensatz zwischen persönlichem Gefühl und militärischer Disziplin. Der Prinz von Homburg steht zwischen seinen eigenen Träumen und Emotionen und den strengen Anforderungen der militärischen Hierarchie und Gehorsamkeit. Dieser Konflikt wird durch seine unüberlegte Befehlsverweigerung und die daraus resultierenden Konsequenzen deutlich.

Was ist die Bedeutung der „Todesfurchtszene“?

Die Todesfurchtszene zeigt die Läuterung des Prinzen, der durch die Angst vor dem Tod zur Erkenntnis der Hierarchie und Staatsräson gelangt. Diese Szene ist zentral für das Drama, da sie den inneren Wandel des Prinzen von einem emotional getriebenen Individuum zu einem disziplinierten und staatsbewussten Soldaten zeigt. Die Überwindung der Todesfurcht symbolisiert seine Akzeptanz der größeren Ordnung und seine Bereitschaft, sich den Gesetzen des Staates zu unterwerfen.

Warum wurde das Stück zu Kleists Lebzeiten nicht aufgeführt?

Das Stück wurde zu Kleists Lebzeiten nicht aufgeführt, weil Prinzessin Marianne von Preußen die Familienehre gekränkt sah und somit die Aufführung verhinderte. Kleist hatte das Werk der Prinzessin gewidmet, die jedoch die Darstellung der adligen Figuren und der militärischen Hierarchie als anstößig empfand und die Uraufführung blockierte.

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2024