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„Die Kanon“ – Literatur weiblicher Autorinnen
Der Kanon der Literatur weiblicher Autorinnen versucht, die Werke von Frauen in der Literaturgeschichte hervorzuheben, die oft in traditionellen Bildungskanons übersehen werden.
Diese Sammlung umfasst ein breites Spektrum von Genres und Epochen, von den klassischen Romanen Jane Austens bis zu den zeitgenössischen Werken von Chimamanda Ngozi Adichie.
„Die Kanon“ zeigt die Vielfalt weiblicher literarischer Stimmen.
Klassische und moderne Pionierinnen
Die Liste dieser „Bücher die man gelesen haben muss“ beginnt mit den Pionierinnen wie Mary Shelley, deren „Frankenstein“ oft als einer der ersten Science-Fiction-Romane gilt, und reicht bis zu George Eliot, die mit „Middlemarch“ einen der bedeutendsten englischen Romane schuf. Diese Werke sind nicht nur wegen ihrer literarischen Qualität wichtig, sondern auch weil sie tiefgreifende Fragen zur menschlichen Existenz und zur sozialen Ordnung stellen. Sie bieten Einblicke in die Gesellschaften ihrer Zeit und fordern bestehende Normen heraus, oft mit einem starken Fokus auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Einfluss auf die Gesellschaft
Jede der aufgeführten Autorinnen hat auf ihre Weise die literarische Welt und oft auch die breitere gesellschaftliche Wahrnehmung beeinflusst. Von Astrid Lindgrens starkem und unabhängigem Charakter Pippi Langstrumpf, der Generationen von Mädchen inspirierte, über Sylvia Plaths tiefgehende Auseinandersetzung mit persönlichen und gesellschaftlichen Erwartungen in „Die Glasglocke“, bis hin zu Margaret Atwoods dystopischen Visionen in „Die Geschichte der Magd“, die aktuelle politische Diskussionen widerspiegeln und beeinflussen. Diese Werke haben nicht nur die Literatur bereichert, sondern auch Debatten über wichtige gesellschaftliche Themen angestoßen.
Es ist menschlich, sich an dem zu orientieren, was vertraut scheint, nachvollziehbar, dass alle Kanons der letzten Jahrzehnte und die darin enthaltenen Namen aus Kunst und Wissenschaft vornehmlich das gleiche Geschlecht hatten wie die Verfasser der sorgsam erstellten Listen. Die Einordnung, also immer auch ein wenig Aneignung, der Welt durch Männer ist lobenswert, jedoch – überholt.
Sibylle Berg, Vorwort, diekanon.org
„Die Buch“ – Podcast über Bücher von Frauen
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Die Bedeutung von „Die Kanon“
Dieser Kanon kann als eine Anregung verstanden werden, um die oft unsichtbaren Beiträge von Frauen in der Literatur sichtbar zu machen und zu würdigen. Er bietet eine Plattform, auf der die Stimmen von Frauen nicht nur gehört, sondern auch studiert und gefeiert werden können. Indem er die Werke dieser bedeutenden Autorinnen zugänglich macht, fördert der Kanon ein tieferes Verständnis und eine größere Wertschätzung für die Vielfalt und Reichweite weiblicher Erfahrungen und Perspektiven in der Literatur. Erstellt wurde „Die Kanon“ von Sibylle Berg, Margarete Stokowski u.a. (siehe unten) und im Jahr 2018 im Spiegel und auf diekanon.org veröffentlicht.
Darum ist es Zeit für eine neue Liste, die wir nach intensiven Studien der Lehrpläne und Feuilletons, in denen wir kaum einen der aufgeführten Namen gefunden haben, erstellt haben: Neue Namen mit Ideen und der Kompetenz, die vielleicht etwas zu einem freundlicheren Miteinander in der Welt beitragen können. Oder die auch einfach nur für mindestens die Hälfte der Bevölkerung etwas mehr Relevanz haben. Unser Kanon, um dieses weihevolle Wort zu verwenden, ist unvollständig und subjektiv, wie diese Auflistungen immer sind, aber es ist ein Anfang:
Wenn alte System versagen, ist es vielleicht an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren.
P.S.: Der Kanon ist weiblich. Also – die Kanon. Viel Freude damit.
Sibylle Berg, Vorwort, diekanon.org
Für diesen Blogbeitrag wurde die Liste der Autorinnen nach Erscheinungsjahr eines bekannten Werkes sortiert.
Bücher 1 – 10
Epochen u.a.: Antike, Heian-Zeit, Romantik, Biedermeier
Autorin | Titel | Land | Jahr | Bestellen* |
---|---|---|---|---|
Sappho | Gedichte | Griechenland | ca. 600 v. Chr. | |
Sei Shōnagon | Kopfkissenbuch | Japan | ca. 1001-1010 | |
Murasaki | Genji Monogatari | Japan | 11. Jh. | |
Karoline von Günderrode | Gedichte und Dramen | Deutschland | 1804 – 1806 | |
Charlotte Dacre | Zofloya | England | 1806 | |
Jane Austin | Emma | England | 1816 | |
Mary Shelley | Frankenstein | England | 1818 | |
Ragel Varnhagen von Ense | Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde | Deutschland | 1833 – 1834 | |
George Sand | Lélia | Frankreich | 1833 | |
Annette von Droste – Hülshoff | Die Judenbuche | Deutschland | 1842 |
Bücher 21 – 30
Epochen u. a.: Moderne, Exilliteratur
Autorin | Titel | Land | Jahr | Bestellen* |
---|---|---|---|---|
Else Lasker-Schüler | Hebräische Balladen | Deutschland | 1913 | |
Gabriela Mistral | Sonetos de la Muerte | Chile | 1914 | |
Sigrid Undset | Kristin Lavransdatter | Dänemark | 1920 – 1922 | |
Maria Lazar | Die Vergiftung | Österreich | 1920 | |
Mary Butts | Armed with Madness | England | 1928 | |
Marina Zwetajewa | After Russia | Russland | 1928 | |
Marieluise Fleißer | Pioniere in Ingolstadt | Deutschland | 1929 | |
Vita Sackville-West | The Edwardians | England | 1930 | |
Mascha Kaléko | Das lyrische Stenogrammheft | Polen | 1933 | |
Gertrude Stein | The Autobiography of Alice B. Toklas | USA | 1933 |
Bücher 31 – 40
Epochen u.a.: Innere Emigration
Bücher 41 – 50
Epochen u.a.: BRD / DDR, Nachkriegsliteratur
Bücher 51 – 60
Epochen u.a.: BRD / DDR, Nachkriegsliteratur, Neue Subjektivität
Autorin | Titel | Land | Jahr | Bestellen* |
---|---|---|---|---|
Sophia de Mello Breyner Andresen | Livro Sexto | Portugal | 1962 | |
Elena Garro | Erinnerungen an die Zukunft | Mexiko | 1963 | |
Anna Achmatowa | Requiem | Russland / Ukraine | 1963 | |
Gisela Elsner | Die Riesenzwerge | Deutschland | 1964 | |
Sylvia Plath | Ariel | USA | 1965 | |
Cora Coralina | Poemas dos Becos de Goiás e Estórias Mais | Brasilien | 1965 | |
Sarah Kirsch | Landaufenthalt | Deutschland | 1967 | |
Nelly Sachs | O the Chimneys | Deutschland | 1967 | |
Valerie Solanas | SCUM Manifesto | USA | 1967 | |
Ursula K. Le Guin | Die linke Hand der Dunkelheit | USA | 1969 |
Bücher 61 – 70
Epochen u.a.: Neue Subjektivität
Bücher 71 – 80
Epochen u.a.: Neue Subjektivität, Postmoderne
Bücher 81 – 90
Epochen u.a.: Postmoderne
Bücher 91 – 100
Epochen u.a.: Postmoderne
Sybille Berg im Podcast
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Häufige Fragen
Was ist das Kanon-Projekt „Die Kanon“?
Das Kanon-Projekt „Die Kanon“, initiiert von Sibylle Berg und anderen, zielt darauf ab, einen alternativen Bildungskanon zu schaffen, der die Leistungen und Beiträge von Frauen in verschiedenen Bereichen hervorhebt. Dieser Kanon möchte eine Gegenerzählung zu den traditionell männlich-dominierten Bildungskanons bieten und damit ein ausgewogeneres Verständnis von Kultur und Wissenschaft fördern.
Wer sind die Verfasserinnen des Kanon-Projekts?
- Sibylle Berg lebt in Zürich und hat sich als eine der führenden Stimmen in der deutschsprachigen Literatur etabliert, wobei ihr umfangreiches Werk von Theaterstücken bis zu Romanen reicht.
- Margarete Stokowski ist bekannt für ihre pointierten Betrachtungen gesellschaftlicher Fragen, insbesondere im Bereich Feminismus, die sie sowohl in Kolumnen als auch in ihrem Sachbuch „Untenrum frei“ behandelt.
- Simone Meier ist in Zürich ansässig und vereint ihre Rollen als Kulturredakteurin und Romanautorin, wobei ihr Buch „Kuss“ besondere Anerkennung gefunden hat.
- Nicole Schöndorfer setzt sich in Wien als freie Journalistin intensiv mit Themen des Feminismus und der Gesellschaftspolitik auseinander.
- Nana Karlstetter nutzt ihre umfassende akademische Bildung, um sich als Projektentwicklerin auf die zukunftsfähige Transformation unserer Gesellschaften zu konzentrieren.
- Laura Ede kombiniert ihre geschichtlichen und soziologischen Kenntnisse, um als Historikerin und Journalistin tiefgründige Beiträge zu liefern.
- Julia Pühringer ist als Journalistin spezialisiert auf das Thema Bewegtbild und dessen kulturelle sowie gesellschaftliche Implikationen.
- Jelena Gučanin bringt ihre Expertise in Kultur- und Sozialanthropologie in ihre journalistische Arbeit ein, aktuell bei dem Frauenmagazin «Wienerin».
- Hedwig Richter trägt als Historikerin an der Universität der Bundeswehr München zur wissenschaftlichen Forschung und Lehre bei.
- Brigitte Theißl fördert als Redakteurin beim feministischen Magazin «an.schläge» und als Journalistin in Wien den Diskurs über Frauenrechte und Gleichberechtigung.
- Theresia Reinhold nutzt ihre Erfahrung als Filmemacherin und ihre Kenntnisse in der Geschichte, um als Media & Policy Advisor im Europäischen Parlament zu wirken.
Warum ist es wichtig, einen weiblichen Kanon zu entwickeln?
Es ist wichtig, einen weiblichen Kanon zu entwickeln, weil die meisten bestehenden Kanons die Beiträge von Frauen in der Geschichte und Kultur oft übersehen oder unterbewerten. Ein weiblicher Kanon fördert die Sichtbarkeit weiblicher Leistungen und bietet eine ausgewogenere Sicht auf unsere gemeinsame menschliche Geschichte und Kultur.
Welche Bereiche deckt das Kanon-Projekt ab?
Das Kanon-Projekt deckt vier Hauptbereiche ab: Wissenschaft, Technik und Forschung; Theorie und Politik; Literatur; sowie Kunst. In jedem Bereich werden mehrere Frauen vorgestellt, die durch ihre Arbeit und ihre Ideen wesentlich zu ihrem Fachgebiet beigetragen haben.
Wie kann das Kanon-Projekt die Wahrnehmung von Frauen in der Gesellschaft beeinflussen?
Das Kanon-Projekt kann die Wahrnehmung von Frauen in der Gesellschaft positiv beeinflussen, indem es zeigt, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens bedeutende Beiträge leisten. Durch die Erhöhung der Sichtbarkeit dieser Leistungen können Stereotypen und Geschlechtervorurteile abgebaut und jungen Frauen sowie Mädchen wichtige Vorbilder geboten werden.
Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 08. Mai 2024
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