Die vierzig Tage des Musa Dagh - Franz Werfel

Die vierzig Tage des Musa Dagh. Vollständige Neuausgabe.

»Wenn ein Tier nicht mehr daran glaubt, daß es sich wehren kann, geht es zugrunde. So ist es in der Natur und in der Geschichte.«

S. 48 in diesem Buch

Das Meisterwerk des österreichischen Schriftstellers Franz Werfel in einer ungekürzten Neuausgabe.

Franz Werfel.
Die vierzig Tage des Musa Dagh.
Historischer Roman über den Völkermord an den Armeniern.
Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2019. Zweite Auflage 2025.

ISBN: 3965423916 – 672 Seiten

Die vierzig Tage des Musa Dagh – Zusammenfassung / Inhaltsangabe

Franz Werfels Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“, erschienen 1933, erzählt die auf wahren Ereignissen basierende Geschichte des armenischen Widerstands gegen die Deportation und Vernichtung durch das Osmanische Reich im Jahr 1915. Der Roman ist ein episches Werk mit über 800 Seiten und gliedert sich in drei Hauptteile. Im Mittelpunkt steht Gabriel Bagradian, ein in Frankreich lebender Armenier, der mit seiner Familie in sein Heimatdorf zurückkehrt und dort zum Anführer eines einzigartigen Überlebenskampfes wird.


I. Vorgeschichte und Bedrohung (Erstes Buch: „Das Nahende“)

Die Rückkehr nach Yoghonoluk
Gabriel Bagradian kehrt mit seiner französischen Frau Juliette und seinem Sohn Stephan aus Paris in sein armenisches Heimatdorf Yoghonoluk am Fuße des Musa Dağı (Mosesberg) zurück. Das Osmanische Reich befindet sich mitten im Ersten Weltkrieg, und der junge Gabriel wird zunehmend mit dem wachsenden Hass auf die armenische Bevölkerung konfrontiert.

Warnsignale
Die türkischen Behörden beginnen, die Teskeré – Inlandspässe der Armenier – einzuziehen. Während offizielle Stellen schweigen, verdichten sich die Zeichen, dass eine groß angelegte Deportation bevorsteht.

Berichte von Überlebenden
Der protestantische Pfarrer Aram Tomasian trifft mit seiner Familie aus der bereits geräumten Stadt Zeitun ein und berichtet von Gewalt, Vertreibung und dem qualvollen Sterben auf den Deportationsmärschen:

„Das ist viel schlimmer, viel trauriger, viel unerbittlicher als alle Massaker…“

S. 92 in diesem Buch

Die große Entscheidung
Bagradian erkennt die drohende Gefahr und erarbeitet mit den Dorfältesten einen Flucht- und Verteidigungsplan: Die Bewohner sollen sich auf den schwer zugänglichen Musa Dağı zurückziehen. Eine dramatische Versammlung führt zur Spaltung: Ein Teil entscheidet sich für die Deportation, der Großteil aber folgt Bagradian auf den Berg. Dort soll eine befestigte Siedlung entstehen.


II. Der bewaffnete Widerstand (Zweites Buch: „Die Kämpfe der Schwachen“)

Leben in der „Stadtmulde“
Rund 4000 Menschen bauen auf dem Musa Dağı eine primitive, aber organisierte Bergsiedlung. Lebensmittelvorräte, Tierhaltung und militärische Verteidigung werden aufgeteilt. Bagradian wird zum Oberbefehlshaber der Verteidigung.

Angriffe und Verteidigung
Die Osmanen starten mehrere Angriffe:

  • Erster Angriff (4. August): Eine türkische Kompanie wird zurückgeschlagen.

  • Zweiter Angriff (13. August): Mit Geschützunterstützung greift das Militär erneut an. Die Armenier reagieren mit einer Steinlawine und erbeuten in einem nächtlichen Gegenschlag zwei Geschütze.

Innere Spannungen und Liebeskonflikte
Während Gabriel mit der Organisation beschäftigt ist, kommt es zu emotionalen Verwicklungen:

  • Juliette nähert sich Gonzague Maris, einem französischen Besucher.

  • Gabriel fühlt sich zu Iskuhi, der Schwester von Pfarrer Aram, hingezogen.

  • Der Sohn Stephan beteiligt sich mit jugendlichem Mut am Kampf – später verschwindet er spurlos.

Ein neuer Angriff – Die „Prozession des Feuers“
Ein weiterer Angriff mit mehreren tausend Soldaten bringt das Lager an den Rand der Vernichtung. Die Armenier setzen in der Nacht ihre Verteidigung in Brand – eine gewaltige Feuerwand zwingt den Feind zum Rückzug.


III. Zerfall und Rettung (Drittes Buch: „Untergang – Rettung – Untergang“)

Verluste und Erschöpfung
Die Situation auf dem Berg wird zunehmend verzweifelt:

  • Lebensmittelmangel, Krankheiten und Überfälle fordern täglich neue Opfer.

  • Der junge Stephan stirbt nach einem misslungenen Kurierauftrag an den Folgen von Krankheit und Erschöpfung.

  • Gabriel verliert innerlich den Halt, als er vom Tod seines Sohnes erfährt.

Letzter Widerstand und Hoffnung auf Rettung
Die osmanischen Truppen bereiten den finalen Angriff vor. In einem Akt der Verzweiflung entzünden die Armenier ein massives Feuer. Der Widerschein wird von französischen Kriegsschiffen bemerkt, die sich der Küste nähern.

Intervention der „Guichen“
Der französische Kreuzer „Guichen“ eröffnet das Feuer auf türkische Stellungen. Um keine neue Front im Weltkrieg zu provozieren, ziehen sich die türkischen Truppen zurück. Die Überlebenden werden evakuiert.


IV. Gabriel Bagradians Ende

Rückzug in die Einsamkeit
Bagradian verlässt heimlich das Lager, als die Rettung erfolgt. Er will nicht Teil der Flucht sein. In einer letzten, fast mystischen Szene begibt er sich zum Grab seines Sohnes.

Tod am Grab
Er wird von einer türkischen Kugel tödlich getroffen, fällt auf das Grab seines Sohnes – das Kreuz seines Sohnes landet auf seiner Brust.


Fazit

Franz Werfels „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ ist ein literarisches Mahnmal gegen den Genozid und für den Widerstand einer bedrohten Minderheit. Der Roman verarbeitet historische Quellen und persönliche Eindrücke zu einem bewegenden Epos menschlichen Mutes, moralischer Konflikte und tiefster Tragödien. Er erinnert an das oft vergessene Schicksal der Armenier – und bleibt bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis gegen das Vergessen.

Franz Werfel – Biographie

Franz Werfel wurde am 10. September 1890 in Prag geboren und starb am 26. August 1945 in Beverly Hills, Kalifornien. Er war ein österreichischer Schriftsteller, Dichter und Dramatiker, dessen Werke oft von humanistischen und spirituellen Themen geprägt sind.

Frühes Leben und Bildung

Werfel wuchs in einer jüdischen Familie auf. Sein Vater war ein wohlhabender Handschuhfabrikant. Schon früh zeigte Werfel literarische Begabung und schrieb Gedichte und Theaterstücke. Er besuchte das Gymnasium und später die Deutsche Universität Prag, wo er deutsche Literatur und Philosophie studierte.

Literarische Karriere

Franz Werfel begann seine Karriere als Lyriker und veröffentlichte 1911 seinen ersten Gedichtband „Der Weltfreund“. Sein dichterisches Werk wurde von der expressionistischen Bewegung beeinflusst, zu der er enge Kontakte pflegte, insbesondere zu Franz Kafka und Max Brod.

Während des Ersten Weltkriegs diente Werfel in der österreichischen Armee, was seine pazifistischen und humanistischen Ansichten weiter stärkte. Nach dem Krieg wandte er sich zunehmend der Prosa zu und verfasste Romane, die sich durch tiefes Mitgefühl und moralische Komplexität auszeichnen.

Emigration und Späteres Leben

1938, nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland, musste Werfel aufgrund seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Ansichten aus Europa fliehen. Er emigrierte zunächst nach Frankreich und 1940 in die USA, wo er sich in Kalifornien niederließ.

Tod und Erbe

Franz Werfel starb 1945 an einem Herzinfarkt. Sein literarisches Erbe umfasst eine Vielzahl von Gedichten, Theaterstücken und Romanen, die bis heute gelesen und geschätzt werden.

Wichtige Werke von Franz Werfel

Das Lied von Bernadette (1941)

Dieser Roman basiert auf der wahren Geschichte von Bernadette Soubirous, einem französischen Bauernmädchen, das behauptete, die Jungfrau Maria gesehen zu haben. Das Lied von Bernadette wurde 1943 von Henry King verfilmt und gewann mehrere Oscars. Es ist ein Beispiel für Werfels Fähigkeit, religiöse Themen auf bewegende Weise darzustellen.

Der Abituriententag (1928)

In diesem Roman erzählt Werfel die Geschichte einer Gruppe von Abiturienten, die sich nach vielen Jahren wieder treffen und mit ihren alten Konflikten und Geheimnissen konfrontiert werden. Der Abituriententag untersucht Themen wie Schuld, Reue und das Vergehen der Zeit.

Der veruntreute Himmel (1939)

Dieser Roman handelt von einer alten Frau, die ihr gesamtes Vermögen einem betrügerischen Priester überlässt, in der Hoffnung, dass er ihr einen Platz im Himmel sichert. Der veruntreute Himmel ist eine scharfsinnige Kritik an religiösem Missbrauch und zeigt Werfels Fähigkeit, soziale und moralische Themen zu behandeln.

Die Geschwister von Neapel (1931)

In diesem Roman erzählt Werfel die Geschichte einer Familie in Neapel und ihrer Herausforderungen. Die Geschwister von Neapel beleuchtet die sozialen und politischen Spannungen in Italien und ist ein Beispiel für Werfels Fähigkeit, komplexe Charaktere und Beziehungen darzustellen.

Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933)

Dieses Buch ist eines von Werfels bekanntesten Werken und behandelt den Völkermord an den Armeniern. Die vierzig Tage des Musa Dagh erzählt die Geschichte des armenischen Widerstands gegen die osmanischen Truppen. Der Roman ist ein Zeugnis von Werfels Engagement für Menschenrechte und historische Gerechtigkeit.

Die wahre Geschichte vom wiederhergestellten Kreuz (1938)

Diese Geschichte handelt von der Wiederherstellung eines zerstörten Kreuzes und ist eine Allegorie für den menschlichen Geist und die Möglichkeit der Erlösung. Werfel nutzt in Die wahre Geschichte vom wiederhergestellten Kreuz religiöse Symbole, um tiefere philosophische Fragen zu erforschen.

Eine blaßblaue Frauenschrift (1941)

In diesem Roman untersucht Werfel die Auswirkungen eines alten Liebesbriefs auf das Leben eines erfolgreichen Beamten im Wien der 1930er Jahre. Eine blaßblaue Frauenschrift beleuchtet die Themen Schuld und Erinnerung in einer turbulenten politischen Zeit.

Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig (1920)

Dieser Roman dreht sich um einen Mordfall, der die sozialen und moralischen Verwerfungen der Zeit reflektiert. Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig nutzt den Krimi, um gesellschaftliche Kritik zu üben und moralische Fragen zu stellen.

Verdi (1924)

In diesem biographischen Roman schildert Werfel das Leben des italienischen Komponisten Giuseppe Verdi. In Verdi beleuchtet er nicht nur Verdis musikalisches Schaffen, sondern auch seine persönlichen und politischen Kämpfe.

Häufige Fragen

Warum schrieb Franz Werfel „Die vierzig Tage des Musa Dagh“?
Werfel wurde während einer Reise durch den Nahen Osten 1929 mit Berichten über den Völkermord an den Armeniern konfrontiert. Die Erlebnisse erschütterten ihn so sehr, dass er beschloss, ein literarisches Denkmal des Widerstands und der Menschlichkeit zu schaffen. Das Buch sollte Zeugnis ablegen und aufklären – in einer Zeit, in der viele die damaligen Ereignisse ignorierten oder leugneten.

Was symbolisiert der Musa Dagh (Berg Moses)?
Der Musa Dagh steht sinnbildlich für Widerstandskraft, Würde und kollektive Selbstbehauptung angesichts drohender Vernichtung. Der Berg wird zum Zufluchtsort, zum Ort der Hoffnung – aber auch zum Ort der Prüfung, an dem der moralische und physische Kampf der Menschen sichtbar wird.

Welche Rolle spielt Gabriel Bagradian im Roman?
Gabriel Bagradian ist die zentrale Figur des Romans: ein Rückkehrer aus Frankreich, der als Mittler zwischen westlicher Aufklärung und armenischer Tradition agiert. Er wird wider Willen zum Anführer der Selbstverteidigung und verkörpert sowohl Verantwortung als auch persönliche Zerrissenheit. Sein Schicksal spiegelt den inneren Konflikt zwischen Pflicht, Liebe und Schuld wider.

Ist „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ historisch korrekt?
Der Roman basiert auf einer wahren Begebenheit: dem bewaffneten Widerstand armenischer Dorfbewohner am Musa Dagh im Jahr 1915. Werfel hielt sich eng an historische Berichte, ergänzte sie jedoch durch fiktive Figuren und dramaturgische Zuspitzungen. Der Roman ist daher eine literarische, aber fundierte Auseinandersetzung mit der Geschichte.

Warum wurde das Buch später zensiert oder verboten?
Nach seiner Veröffentlichung wurde das Buch in der Türkei sofort verboten – wegen seiner offenen Darstellung des Völkermords. Auch im nationalsozialistischen Deutschland war das Werk unerwünscht, da es sich deutlich gegen Gewaltideologien, Rassismus und staatliche Unterdrückung richtet. Bis heute ist das Buch in bestimmten Ländern politisch brisant.

Welche Bedeutung hat das Buch heute?
„Die vierzig Tage des Musa Dagh“ gilt als eines der wichtigsten literarischen Werke zum armenischen Genozid und wird weltweit als Symbol für Widerstand und Erinnerungskultur gelesen. Es mahnt zur Wachsamkeit gegenüber Unterdrückung, Gewalt und dem Vergessen historischer Verbrechen.

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2024