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Die besten Bücher von Franz Kafka

franz kafka die besten bücherKafka ist wohl der einzige Autor, dessen Name aufgrund seiner besonderen Art der Schilderungen zu einem Adjektiv wurde: kafkaesk. Die Wirklichkeit war für Franz Kafka lediglich der Funke an dem sich seine wundersamen Geschichten entzünden. 

Neben zahlreichen Erzählungen besteht Kafkas Werk aus drei Romanfragmenten und wurde zu einem Großteil erst nach seinem Tod und entgegen seines letzten Willens veröffentlicht.

Franz Kafka führte zwei Leben. Tagsüber arbeitete er für eine Versicherung, befasste sich mit Arbeitsunfällen in Fabriken und überlegte, wie diese zu verhindern wären. Abends, wenn Stille herrschte im Haus, widmete er sich dem Schreiben.

„Er hat das Bewusstsein gehabt, dass er in der Sprache lebt. Die Sprache war sozusagen sein Sauerstoff, sein Lebensstoff“, sagt sein Biograf Reiner Stach. 

Keine Geringeren als Grillparzer, Kleist, Flaubert und Dostojewski nannte Kafka seine „literarischen Brüder“. So verarbeitete er den in Dostojewskis Roman Aufzeichnungen aus dem Kellerloch vorkommenden Gedanken der Verwandlung eines Menschen in ein Insekt in seinem wohl bekanntesten Werk Die Verwandlung. Und wie Flaubert nutzt Kafka Sprache gleich einem Werkzeug. Gefällige, leicht zu lesende Prosa sucht man bei ihm vergebens. 

Die fünf wichtigsten Werke Kafkas stellen wir im Folgenden vor:

1. Die Verwandlung – plötzlich Insekt

Franz Kafka - Die VerwandlungHauptfigur Gregor Samsa ist Handlungsreisender. Er ist jung und pflichtbewusst. Er lebt noch bei seinen Eltern zu Hause und zeigt sich dort auch als braver Sohn. Doch eines Morgens erwacht Gregor und seine Welt ist auf den Kopf gestellt. Er befindet sich nicht mehr in seinem menschlichen Körper. Er wurde über Nacht zu einem übergroßen Käfer.

Und der Leser nimmt fortan Teil an der Trostlosigkeit und Vereinsamung, die mit Gregors Verwandlung einhergeht. Eingesperrt in sein Zimmer fristet Gregor fortan sein Dasein und hat genug Zeit, sein Leben zu reflektieren. Und seine seltsame Veränderung wird dabei weder von ihm noch von seiner Familie hinterfragt.

Die Erzählung Die Verwandlung wurde 1912 zunächst in einer Zeitschrift veröffentlicht, bevor sie drei Jahre später erstmals in Buchform erschien. Das Werk hat viele kluge Köpfe zu unterschiedlichsten Deutungen veranlasst.

Diese reichen von religiösen bis hin zu politischen Interpretationen. Letztendlich werden in diesem Werk viele zentrale Fragen wie die nach Individualität, Lebenssinn, Entwicklung und Veränderung angesprochen. Dabei hat das Buch in seiner Interpretationsvielfalt nie an Aktualität verloren.

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2. Der Prozess – die Mühlen der Justiz

Franz Kafka Der Prozeß Max BrodDer Prokurist Josef K. wird an seinem 30 Geburtstag verhaftet. Er weiß nicht, was man ihm vorwirft und bemüht sich vergeblich herauszubekommen, wessen man ihn anklagt. Weder Gericht noch Gesetz sind für Josef K. greifbar. Josef darf sich trotz seiner Verhaftung frei bewegen.

Nur der Zugang zum Gericht, das auf einem Dachboden tagt, bleibt ihm verwehrt. Dort wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Ausschluss des Angeklagten selbst über sein Schicksal entschieden. Josef K. wird zum Tode verurteilt.

In Der Prozess tritt Kafka weder als Erzähler noch als Kommentator auf. Alles, was der Leser erfährt, erfährt er aus der Sicht des Protagonisten Josef K. Und Josef ist mit seiner Wahrnehmung völlig allein.

Denn alle, denen er begegnet, empfinden das, was ihm widerfährt, als vollkommen normal und wundern sich ihrerseits über Josefs Verhalten. So entsteht ein groteskes und surreales Bild und lässt auch dieses Romanfragment zum Ausgangspunkt unterschiedlicher Interpretationen werden.

Geht es um die Unmöglichkeit der umfassenden Rechtfertigung eines menschlichen Lebens? Ist die Geschichte eine Metapher für eine grundlegende menschliche Schuld, nicht zuletzt im religiösen Sinne? Oder ist es eine biografische Auseinandersetzung mit den eigenen Schuldgefühlen?

Vielleicht gerade aufgrund der unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten ist Der Prozess ein zeitloses Werk, das dem Leser viel Spielraum für eigene Gedanken lässt.

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3. Brief an den Vater – ein Brief, der den Empfänger nie erreichte

Franz Kafka Brief an den VaterDer Brief an den Vater ist ein umfassendes Schreiben, das Franz Kafka 1919 an seinen Vater Hermann richtete. Allerdings schickte er das Schriftstück niemals ab. Erst viele Jahre nach Kafkas Tod wurde der Brief in der Literaturzeitschrift Neue Rundschau veröffentlicht.

Dem Brief voraus ging ein Streit zwischen Kafka und seinem Vater um Kafkas geplante Heirat mit der Sekretärin Julie Wohryzek. Dieser Streit wird zum Anlass, sich mit der Tyrannei, mit der Strenge und Unberechenbarkeit, der Kafka sich seine gesamte Kindheit über durch den Vater ausgesetzt sah und mit den eingepflanzten Schuldgefühlen, unter denen er zeitlebens litt, auseinanderzusetzen.

„Ich war ein ängstliches Kind, trotzdem war ich gewiß auch störrisch, wie Kinder sind, gewiß verwöhnte mich die Mutter auch, aber ich kann nicht glauben, daß ich besonders schwer lenkbar war, ich kann nicht glauben, das ein freundliches Wort, ein stilles Bei-der-Hand-nehmen, ein guter Blick mir nicht alles hätte abfordern können, was man wollte.“

Der Brief wird von vielen Literaturwissenschaftlern nicht nur als Abrechnung des Sohnes mit seinem übermächtigen tyrannischen Vater gelesen, sondern gilt vor allem als eines der wichtigsten Dokumente für ein tieferes Verständnis von Kafkas Leben und Werk.

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4. Das Urteil – Schuldspruch eines Vaters

Franz Kafka das urteil buch kaufenDas Urteil schrieb Kafka 1912. Veröffentlicht wurde es ein Jahr später. Es ist das am häufigsten gedeutete und interpretierte Werk Kafkas. 

Protagonist ist Georg Bendemann. Bendemann ist der Sohn eines Kaufmanns. Er führt für den kranken und seit dem Tod seiner Frau immer mehr in sich zurückgezogenen Vater das Geschäft und ist damit auch recht erfolgreich. Für Georg selbst macht seine bevorstehende Hochzeit sein Glück perfekt. Doch dann entbrennt über einen Brief an einen Freund ein Streit mit dem Vater und es stellt sich heraus, dass dieser eine vollkommen andere Sichtweise auf Georgs Lebensweise hat.

Der Vater meint, Georg hätte seinen Gesundheitszustand ausgenutzt, um das Geschäft an sich zu reißen. Und Georgs Verlobte hält er für eine unpassende Partie. Der Vater fällt am Ende des Streits ein schicksalhaftes Urteil über den Sohn, dem dieser ohne zu zögern nachkommt. 

In nur einer Nacht soll Kafka Das Urteil niedergeschrieben haben. Mit Georg Bendemann schuf er einen Charakter, der dem seinen in seiner Unsicherheit ähnelt. Auch der Vater-Sohn-Konflikt scheint sich aus eigenen Erfahrungen Kafkas zu speisen. Nicht zuletzt deshalb sollte, wer Das Urteil liest, auch den oben vorgestellten Brief an den Vater zur Hand nehmen. 

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5. Das Schloß – unsichtbare Mächte

Franz Kafka Das Schloß buch kaufen liwi verlagDas Romanfragment Das Schloß entstand 1922 und ist zweifelsohne eines der rätselhaftesten und faszinierendsten Werke der Literaturgeschichte. Das Schloss wird häufig als Pendant zu Der Prozess verstanden. Während der Protagonist im Prozess Josef K. heißt, wird der Hauptcharakter im Schloss schlicht K. genannt. Während Josef K. von einer Behörde verfolgt wird, versucht K. zu einer Behörde durchzudringen.

Und auch der Aufbau der Ämter zeigt deutliche Parallelen. Ohne Zugang von der Außenwelt entscheiden sie über existenzielle Fragen. Wie auch Der Prozess ist Das Schloss auf unterschiedliche Weise gedeutet worden.

Viele dieser Deutungen stimmen darin überein, dass die Werke von der Grunderfahrung des Menschen in der modernen Gesellschaft handeln. Da ist dieses grundlegende Gefühl einer unbestimmten Unfreiheit in einer immer komplexer werdenden Welt. Und da ist die Unsicherheit gegenüber den Mächten, die unser Leben bestimmen.

Entsprechend düster und bedrückend ist die Stimmung im Buch. Der Protagonist, der Landvermesser K., der eigentlich einfach nur seiner Arbeit nachgehen möchte, sieht all seine Mühen von der geheimnisvollen Schlossbehörde und ihrer endlosen Macht durchkreuzt und bleibt ein Fremder in dem Dorf, in dem er nach Anerkennung sucht. 

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Häufige Fragen zu Franz Kafka

Zu welcher Epoche zählt Franz Kafka?

ie handschriftlich erste Seite von Kafkas (nicht abgeschicktem) Brief an den Vater (1919)

Die erste Seite von Kafkas  Brief an den Vater (1919)

Kafkas Stil gilt bis heute als einzigartig. Sein Werk lässt sich weder einer literarischen Epoche noch einer bestimmten literarischen Strömung zuordnen. Es zählt zur literarischen Moderne und ist teilweise vom Expressionismus beeinflusst, jedoch nimmt sein Werk eine Sonderstellung innerhalb des Expressionismus ein.

Der Expressionismus ist beeinflusst vom 1. Weltkrieg. Dieser Krieg gilt als erster „moderner“ Krieg der Menschheitsgeschichte, welcher durch technisch ausgereifte Waffen zu extrem hohen Opferzahlen führte. Ein weiteres Kennzeichen der Epoche ist die Urbanisierung.

Viele Arbeiter flohen vom Land in die Stadt, es kam es zu einer zunehmenden Versstädterung. Zwar fanden die Menschen in den Städten neue Arbeit, zugleich war das großstädtische Leben jedoch weniger vertraut und brachte eine hohe Anonymität mit sich. Ein wichtiges Motiv der Epoche ist daher auch Identitätsverlust.

Welches Motiv prägt Kafkas Texte?

Das wichtigste Motiv in Kafkas Texten ist der Vater-Sohn-Konflikt. Es basiert auf Kafkas eigenem Konflikt mit seinem Vater Herrmann. Ein dominanter, herschsüchtiger, geradezu tyrannischer Vater tritt einem jungen, sensiblen, in-sich-gekehrten Sohn gegenüber. Dies wird besonders in dem oben beschriebenen „Brief an den Vater“ deutlich.

Welches sind die Besonderheiten von Kafkas Texten?

Eine realistische, sachliche und detailgenaue Beschreibung steht bei Kafka häufig im Kontrast zu einer fantastischen, übernatürlichen oder surrealen Begebenheit – wie der Verwandlung eines Menschen in einen Käfer in „Die Verwandlung“. Sein Schriftstellerkollege Herrmann Hesse ureteilte über Kafka, dessen Texte seien „Ätherisch wie ein Traum und exakt wie ein Logarithmus“.

War Franz Kafka zu Lebzeiten unbekannt? Und warum ist er heute so berühmt?

Zu Lebzeiten war Franz Kafka zwar kein vollkommen unbekannter Schriftsteller, jedoch bei weitem nicht so berühmt, wie er es heute ist. Dies liegt auch daran, dass er zu Lebzeiten nur sechs Texte veröffentlichte. Zudem handelte es sich bei diesen Werken um Erzählungen, und nicht um Romane. Letztere gelten bei Verlagen damals wie heute als leichter zu vermarkten. Seine großen Romane erschienen erst nach seinem Tod.

Berühmt wurden sie in den 1940er Jahren allerdings durch Übersetzungen im englischsprachigen Raum, bevor sie nach dem zweiten Weltkrieg auch im deutschspraschigen Raum ihre bis heute andauernde Berühmtheit erlangten.

War Franz Kafka Deutscher?

Als Franz Kaflka geboren wurde, lag seine Geburtststadt Prag im damaligen Österreich-Ungarn. Seine Nationalität ist daher österreichisch. Er lebte als Teil der deutschsprachigen Minderheit in Prag und beherrschte wie seine Eltern auch Tschechisch. Seine Werke schrieb er in deutscher Sprache.

Berühmte Zitate von Franz Kafka

„[…] ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“
An Oskar Pollak, 27. Januar 1904. In: Briefe 1902-1924,
„Liebe ist, daß Du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle.“
An Milena, Prag, 14. September 1920. In: Brief an Milena,
„Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“
Franz Kafka, Der Prozess, Roman


Biographie und weitere Empfehlungen

Franz Kafka (1883 – 1924) war ein Autor, der die Schriftstellerei stets nur als Nebenberuf betrieb. Er war studierter Jurist mit Doktortitel und ging ab 1908 seiner Arbeit bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt Böhmen nach, bei der er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1922 blieb.

Kafkas Stil gilt bis heute als einzigartig. Sein Werk lässt sich weder einer literarischen Epoche noch einer bestimmten literarischen Strömung zuordnen.

Zu guter Letzt: Interview mit Max Brod, Freund von Kafka und Herausgeber seiner Werke

Max Brod verdanken wir, dass viele Werke Kafkas überhaupt veröffentlicht wurden. Hier ist er in seinem vermutlich letzten Interview zu sehen und zu hören.

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, September 2022