Franz Kafka Die Brücke

Die Brücke

„Ich war steif und kalt, ich war eine Brücke, über einem Abgrund lag ich. Diesseits waren die Fußspitzen, jenseits die Hände eingebohrt, in bröckelndem Lehm habe ich mich festgebissen. Die Schöße meines Rockes wehten zu meinen Seiten. In der Tiefe lärmte der eisige Forellenbach. Kein Tourist verirrte sich zu dieser unwegsamen Höhe, die Brücke war in den Karten noch nicht eingezeichnet.“

Franz Kafkas berühmte Geschichte „Die Brücke“ ist einer der ersten Texte, der außerhalb seines Elternhauses in der Prager Alchimistengasse entstand. Geschrieben 1916/17, veröffentlicht erstmals postum 1931, zählt die Geschichte bis heute zu seinen meistgelesenen Texten. Hier in der Textfassung der Erstausgabe (Neuausgabe 2020) zusammen mit der Geschichte „Beim Bau der Chinesischen Mauer“.

Franz Kafka.
Die Brücke.
Enthält die Erzählungen „Die Brücke“ und „Beim Bau der Chinesischen Mauer“.
Durchgesehener Neusatz, diese Ausgabe folgt dem Erstdruck in:
Kafka, Franz: Beim Bau der Chinesischen Mauer. Ungedruckte Erzählungen und Prosa aus dem Nachlaß. Herausgegeben von Max Brod und Joachim Schoeps, Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin 1931.

Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.

EAN: 9783965423145
ISBN: 3965423142
Paperback.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
Mai 2020 – 24 Seiten

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Leseprobe

„Ich war steif und kalt, ich war eine Brücke, über einem Abgrund lag ich. Diesseits waren die Fußspitzen, jenseits die Hände eingebohrt, in bröckelndem Lehm habe ich mich festgebissen. Die Schöße meines Rockes wehten zu meinen Seiten. In der Tiefe lärmte der eisige Forellenbach. Kein Tourist verirrte sich zu dieser unwegsamen Höhe, die Brücke war in den Karten noch nicht eingezeichnet. – So lag ich und wartete; ich mußte warten. Ohne einzustürzen kann keine einmal errichtete Brücke aufhören Brücke zu sein.

Einmal gegen Abend war es – war es der erste, war es der tausendste, ich weiß nicht, – meine Gedanken gingen immer in einem Wirrwarr und immer in der Runde. Gegen Abend im Sommer, dunkler rauschte der Bach, da hörte ich einen Mannesschritt! Zu mir, zu mir. – Strecke dich Brücke, setze dich in Stand, geländerloser Balken, halte den dir Anvertrauten. Die Unsicherheit seines Schrittes gleiche unmerklich aus, schwankt er aber, dann gib dich zu erkennen und wie ein Berggott schleudere ihn ans Land.“

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