Alessandro Manzoni - Die Verlobten

Die Verlobten

„Durch den ganzen Landstrich, welchen die Kriegsscharen durchzogen, hatten sich in Häusern und auf Straßen Leichname gefunden. Bald verrieten sich an diesem oder jenem Orte Krankheiten; einzelne wie ganze Familien starben an gewaltsamen, außerordentlichen Übeln, deren Zeichen dem größten Teile des lebenden Geschlechtes unbekannt waren.“

Der berühmteste Roman Italiens, hier in der vielgelesenen Übersetzung von Daniel Lessmann.

Die Verlobten – Zusammenfassung / Inhalt

Kapitel 1-4: Einführung und das Dorfleben

Die Verlobten – Ausgabe von 1840

Der Roman beginnt mit der Vorstellung des Schauplatzes, eines kleinen Dorfes in der Nähe des Comer Sees im Jahr 1628. Die Hauptfiguren, Renzo Tramaglino und Lucia Mondella, sind ein junges Paar, das verlobt ist und plant zu heiraten. Ihre Pläne werden jedoch durch die Machenschaften des lokalen Tyrannen, Don Rodrigo, vereitelt, der ein Auge auf Lucia geworfen hat. Don Abbondio, der Pfarrer des Dorfes, wird von Don Rodrigos Schergen eingeschüchtert und weigert sich, das Paar zu trauen.

Kapitel 5-10: Flucht und Zuflucht

Renzo und Lucia sind gezwungen, aus dem Dorf zu fliehen, um sich vor Don Rodrigos Nachstellungen zu schützen. Lucia findet Zuflucht in einem Kloster unter dem Schutz von Schwester Gertrude, der „Monaca di Monza“, während Renzo nach Mailand geht. In Mailand gerät Renzo in die Wirren eines Aufstands der Bevölkerung gegen die spanische Herrschaft und wird fälschlicherweise des Aufruhrs beschuldigt.

Kapitel 11-17: Renzo in Mailand und die Pest

Renzo entkommt den Behörden und findet schließlich Zuflucht bei seinem Vetter Bortolo in Bergamo. Währenddessen bleibt Lucia im Kloster und wird von dem heiligen Kardinal Federigo Borromeo beschützt. Don Rodrigo, der weiterhin Lucia verfolgt, wird selbst Opfer der Pest, die Mailand und die umliegenden Gebiete heimsucht. Die Pest spielt eine zentrale Rolle im Roman und symbolisiert das Chaos und die Unordnung der Zeit.

Kapitel 18-25: Wiedervereinigung und Erlösung

Renzo kehrt nach Mailand zurück und sucht nach Lucia. Er erfährt von ihrer Gelübde, niemals zu heiraten, wenn sie aus den Fängen ihrer Peiniger befreit würde. Mit Hilfe von Fra Cristoforo, einem weisen und frommen Mönch, und Kardinal Borromeo, der als moralischer Leuchtturm dient, wird Lucia überzeugt, dass ihr Gelübde nicht bindend ist, da es unter Zwang abgelegt wurde. Schließlich finden Renzo und Lucia wieder zueinander und kehren in ihr Dorf zurück, wo sie endlich heiraten können.

Themen und Motive

Glaube und Religion

Der Roman ist stark durchdrungen von religiösen Motiven und der christlichen Moral. Die Figuren Fra Cristoforo und Kardinal Borromeo repräsentieren die positiven Aspekte der Kirche, während die Monaca di Monza und Don Abbondio die Schwächen und Korruption innerhalb der religiösen Institutionen aufzeigen.

Soziale Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch

Manzoni kritisiert die sozialen Ungerechtigkeiten und den Machtmissbrauch der Aristokratie und der Kirche. Don Rodrigo und seine Schergen symbolisieren die Unterdrückung der einfachen Leute durch die Mächtigen.

Liebe und Opfer

Die Liebesgeschichte von Renzo und Lucia steht im Zentrum des Romans und zeigt die Kraft der Liebe und des Opfers. Trotz aller Widrigkeiten bleiben sie sich treu und kämpfen für ihr Recht auf ein gemeinsames Leben.

Historische Genauigkeit

Manzoni legt großen Wert auf historische Genauigkeit und nutzt zahlreiche historische Ereignisse und Figuren, um die Authentizität seiner Erzählung zu unterstreichen. Die Darstellung der Pest und der sozialen und politischen Verhältnisse des 17. Jahrhunderts ist detailliert und gründlich recherchiert.

Stil und Struktur

Manzoni verwendet einen klaren und prägnanten Stil, der oft ironisch und kritisch ist. Der Erzähler tritt gelegentlich direkt in den Text ein, um Kommentare und Reflexionen anzubieten, was dem Roman eine zusätzliche Dimension verleiht. Die Struktur des Romans ist linear, aber Manzoni nutzt Rückblenden und Einschübe, um die Hintergrundgeschichten der Figuren und die historischen Umstände zu beleuchten.

Bedeutung und Rezeption

„Die Verlobten“ ist nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Dokument. Es reflektiert die sozialen, politischen und religiösen Spannungen seiner Zeit und bietet gleichzeitig eine zeitlose Geschichte über Liebe, Gerechtigkeit und menschliche Würde. Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt und ist Pflichtlektüre in italienischen Schulen.

Manzonis Werk hat die Entwicklung des italienischen Romans stark beeinflusst und gilt als Wegbereiter für spätere Autoren. Die Mischung aus realistischen Beschreibungen, tiefgründigen Charakterstudien und moralischen Fragen macht „Die Verlobten“ zu einem Klassiker, der auch heute noch relevant und lesenswert ist.

Alessandro Manzoni: Leben und Werk

Alessandro Manzoni - 1841 - Porträt von Francesco Hayez

Alessandro Manzoni – 1841 – Porträt von Francesco Hayez

Alessandro Francesco Tommaso Manzoni wurde am 7. März 1785 in Mailand, Italien, geboren. Er entstammte einer aristokratischen Familie; sein Vater, Pietro Manzoni, war ein wohlhabender Landbesitzer, und seine Mutter, Giulia Beccaria, war die Tochter des berühmten Aufklärers Cesare Beccaria. Manzoni erhielt eine umfassende Bildung und besuchte verschiedene religiöse Schulen, darunter ein Augustinerkloster in Merate und das Collegio dei Barnabiti in Mailand. Diese strenge Erziehung prägte seine intellektuelle und moralische Entwicklung tief.

Literarische Anfänge

Manzoni begann seine literarische Karriere als Lyriker und schrieb zunächst in einem neoklassizistischen Stil. Seine frühen Werke umfassen Gedichte wie „In morte di Carlo Imbonati“ (1806), das den Tod eines Familienfreundes betrauert. In den folgenden Jahren erweiterte er sein literarisches Schaffen um Theaterstücke und Essays.

Religiöse Konversion

Ein wichtiger Wendepunkt in Manzonis Leben war seine Konversion zum Katholizismus im Jahr 1810. Diese religiöse Erweckung hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf sein Werk und seine Weltsicht. Nach seiner Heirat mit Enrichetta Blondel, einer gläubigen Calvinistin, zog er nach Paris, wo er sich mit den Ideen der französischen Aufklärung und Romantik auseinandersetzte. Diese Einflüsse flossen in seine späteren Werke ein.

„Die Verlobten“ und literarischer Ruhm

Manzonis bekanntestes Werk, „Die Verlobten“ (italienisch: „I Promessi Sposi“), erschien erstmals 1827 und erlangte sofort große Anerkennung. Der Roman gilt als Meisterwerk der italienischen Literatur und setzte neue Maßstäbe für den historischen Roman. Manzoni überarbeitete den Roman mehrmals, und die endgültige Fassung wurde 1842 veröffentlicht.

„Die Verlobten“ ist nicht nur eine spannende Liebesgeschichte, sondern auch eine präzise Darstellung der sozialen, politischen und religiösen Verhältnisse im Italien des 17. Jahrhunderts. Manzoni verwendete eine lebendige und zugängliche Sprache, die zur Entwicklung der modernen italienischen Prosa beitrug.

Spätere Jahre und Einfluss

Nach dem Erfolg von „Die Verlobten“ zog sich Manzoni weitgehend aus dem literarischen Leben zurück und widmete sich philosophischen und theologischen Studien. Er schrieb einige bedeutende Essays, darunter „Storia della colonna infame“ (1840), eine historische Untersuchung über einen berüchtigten Justizirrtum während der Pest in Mailand.

Manzoni war auch politisch aktiv und unterstützte die italienische Einheitsbewegung (Risorgimento). Er wurde zum Senator des Königreichs Italien ernannt und erhielt zahlreiche Ehrungen für seinen Beitrag zur italienischen Kultur und Literatur.

Tod und Vermächtnis

Alessandro Manzoni starb am 22. Mai 1873 in Mailand. Sein Tod wurde in ganz Italien betrauert, und er erhielt ein Staatsbegräbnis. Sein literarisches und kulturelles Erbe lebt bis heute weiter, und „Die Verlobten“ bleibt ein zentrales Werk in der italienischen Literatur und im Schulkanon.

Manzoni gilt als Vater des modernen italienischen Romans und hat durch seine Werke und seine stilistischen Innovationen einen nachhaltigen Einfluss auf die italienische Sprache und Literatur ausgeübt. Seine tiefe Auseinandersetzung mit moralischen und religiösen Fragen sowie seine präzise Beobachtungsgabe machen ihn zu einem der bedeutendsten Autoren seiner Zeit.

Die Verlobten – Buch

Alessandro Manzoni - Die VerlobtenAlessandro Manzoni.
Die Verlobten.
Eine Mailänder Geschichte aus dem Siebzehnten Jahrhundert.
Übersetzt von Daniel Lessmann.
Durchgesehener Neusatz, diese Ausgabe folgt: Gutenberg Verlag, Hamburg 1929. Nach der Übersetzung von Daniel Lessmann; hrsg., bearb. u. eingel. von Dr. Hermann Tiemann (inkl. Nachwort von Hermann Tiemann).
Erstdruck des italienischen Originals: I Promessi Sposi. Storia milanese del secolo XVII,
scoperta e rifatta da Alessandro Manzoni. Mailand 1825 – 1827.

Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 02. Juni 2024