Die Welt von Gestern - Stefan Zweig

Der Schimmelreiter

„Es war im dritten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts, an einem Oktobernachmittag – so begann der damalige Erzähler -, als ich bei starkem Unwetter auf einem nordfriesischen Deich entlangritt. … „

Die berühmte Novelle von Theodor Storm erschien zuerst im Jahr 1888 und wurde bald zu einem der großen Klassiker der Deutschen Literatur. „Der Schimmelreiter“ ist bis heute das meistgelesene Werk des Autors und nun in einer vollständigen Neuausgabe erschienen.

Der Schimmelreiter – Zusammenfassung / Inhaltsangabe

Einleitung: Der geheimnisvolle Reiter

Franz Karl Basler-Kopp 1879–1937 Der Schimmelreiter

Illustration von Franz Karl Basler-Kopp 1879–1937 

Ein Erzähler berichtet von einer alten Sage, die ihm von einem Schimmelreiter erzählt wurde. Diese Sage handelt von einem unheimlichen Reiter, der auf einem weißen Pferd über die Deiche reitet. Der Erzähler interessiert sich für die Geschichte und erfährt mehr über den Mann hinter der Legende.

Hauke Haiens Jugend

Hauke Haien wächst als Sohn eines einfachen Deichbauers in einer kleinen Gemeinde an der Nordsee auf. Schon als Kind zeigt Hauke eine außergewöhnliche Begabung für Mathematik und eine große Faszination für die Deiche und das Meer. Sein Vater, Tede Haien, unterstützt seine Interessen und fördert seine Bildung.

Der Aufstieg zum Deichgrafen

Hauke träumt davon, Deichgraf zu werden und das Deichsystem zu verbessern. Durch seinen Fleiß und seine Intelligenz gelingt es ihm, die Gunst des amtierenden Deichgrafen zu gewinnen und schließlich dessen Tochter Elke zu heiraten. Nach dem Tod des Deichgrafen übernimmt Hauke dessen Position.

Innovationen und Widerstand

Als Deichgraf führt Hauke innovative Methoden im Deichbau ein, die auf seinen genauen Berechnungen und Beobachtungen beruhen. Sein größtes Projekt ist der Bau eines neuen, stärkeren Deiches. Diese Neuerungen stoßen jedoch auf Widerstand in der Gemeinde, insbesondere bei den konservativen Bauern und seinem Konkurrenten Ole Peters, die seine Pläne als unnötig und gefährlich betrachten.

Der Bau des neuen Deiches

Trotz des Widerstands beginnt Hauke mit dem Bau des neuen Deiches. Sein Einsatz und seine Beharrlichkeit führen dazu, dass der Deich unter schwierigen Bedingungen und mit großem persönlichen Einsatz fertiggestellt wird. Doch die Spannungen in der Gemeinde nehmen zu, und es entstehen Gerüchte und Misstrauen gegenüber Haukes Methoden.

Persönliche Opfer und Tragödien

Während des Baus des Deiches muss Hauke viele persönliche Opfer bringen. Seine Ehefrau Elke steht ihm treu zur Seite, doch das Paar verliert ihr erstes Kind. Diese Tragödie belastet Hauke schwer und verstärkt seinen inneren Konflikt zwischen Pflichtbewusstsein und persönlichen Verlusten.

Der große Sturm

Eines Nachts zieht ein gewaltiger Sturm auf und bedroht die Küste und den neuen Deich. Hauke stellt sich mutig der Naturgewalt entgegen, um die Gemeinde zu schützen. Er reitet auf seinem weißen Schimmel entlang des Deiches, um die Schäden zu kontrollieren und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Haukes Tod und die Legende

Trotz aller Bemühungen bricht der Deich unter dem Druck des Sturms zusammen. Hauke, der bis zuletzt versucht hat, die Katastrophe abzuwenden, wird mit seinem Pferd ins Meer gerissen und stirbt. Seine Frau Elke überlebt, ist aber durch den Verlust ihres Mannes tief traumatisiert.

Schluss: Die Entstehung der Sage

Nach Haukes Tod verbreitet sich die Geschichte von seinem heldenhaften Einsatz und seinem tragischen Ende in der Gemeinde. Aus der Realität wird eine Sage, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Der unheimliche Schimmelreiter bleibt als Warnung und Erinnerung an die Macht der Natur und die Opferbereitschaft eines visionären Deichgrafen im kollektiven Gedächtnis der Region verankert.

Der Schimmelreiter – Figurenkonstellation

Hauke Haien

  • Rolle: Protagonist
  • Charakter: Intelligent, ehrgeizig, visionär, pflichtbewusst
  • Entwicklung: Vom talentierten, wissbegierigen Jungen zum innovativen, aber tragisch endenden Deichgrafen
  • Beziehung zu anderen Figuren:
    • Elke Haien: Ehefrau, unterstützt ihn trotz der persönlichen Opfer, die sie gemeinsam bringen müssen
    • Tede Haien: Vater, fördert Haukes Bildung und Interessen
    • Ole Peters: Konkurrent und Gegenspieler, stellt sich gegen Haukes innovative Methoden

Elke Haien (geb. Volkerts)

  • Rolle: Haukes Ehefrau
  • Charakter: Treu, liebevoll, unterstützend
  • Entwicklung: Vom jungen Mädchen zur mittragenden Ehefrau, die persönliche Tragödien erleidet
  • Beziehung zu anderen Figuren:
    • Hauke Haien: Ehemann, steht ihm treu zur Seite, auch in schwierigen Zeiten
    • Tede Haien: Schwiegervater, respektiert ihn und seine Unterstützung für Hauke

Tede Haien

  • Rolle: Haukes Vater
  • Charakter: Einfach, aber klug, unterstützend
  • Entwicklung: Stets fördernder Vater, der Haukes Bildung und Interesse für Deiche unterstützt
  • Beziehung zu anderen Figuren:
    • Hauke Haien: Sohn, fördert dessen Bildung und Interessen
    • Elke Haien: Schwiegertochter, respektiert sie und ihre Unterstützung für Hauke

Ole Peters

  • Rolle: Haukes Konkurrent und Antagonist
  • Charakter: Konservativ, misstrauisch gegenüber Innovationen
  • Entwicklung: Stellt sich gegen Haukes Methoden und Projekte, repräsentiert die skeptischen Dorfbewohner
  • Beziehung zu anderen Figuren:
    • Hauke Haien: Gegner, steht für den Widerstand gegen Haukes innovative Ideen

Wiebke

  • Rolle: Dienstmagd im Hause Haien
  • Charakter: Hilfsbereit, loyal
  • Entwicklung: Nebenfigur, die das alltägliche Leben im Hause Haien unterstützt
  • Beziehung zu anderen Figuren:
    • Elke Haien: Arbeitgeberin, unterstützt sie im Haushalt
    • Hauke Haien: Arbeitgeber, respektiert ihn und seine Visionen

Die Dorfgemeinschaft

  • Rolle: Kollektiver Gegenspieler und Unterstützer
  • Charakter: Konservativ, misstrauisch, teilweise unterstützend
  • Entwicklung: Zeigt die Spannungen zwischen Tradition und Innovation in der Gemeinde
  • Beziehung zu Hauke Haien:
    • Misstrauisch gegenüber seinen Methoden, teilweise feindselig, aber auch anerkennend für seinen Einsatz im Kampf gegen die Naturgewalten

Der Schimmelreiter – Aufbau

Erzählstruktur: „Der Schimmelreiter“ ist in eine Rahmen- und Binnenhandlung gegliedert. Die Rahmenerzählung wird von einem namenlosen Ich-Erzähler präsentiert, der eine Sage über den Schimmelreiter erzählt, die ihm von einem Schulmeister berichtet wurde.

Rahmenerzählung:

  • Einführung: Ein namenloser Erzähler berichtet von einer Reise an die Nordsee, bei der er von einer alten Sage erfährt.
  • Übergang: Der Erzähler gibt die Geschichte weiter, die er von einem Schulmeister gehört hat.

Binnenhandlung: Die Binnenhandlung ist die eigentliche Geschichte von Hauke Haien, erzählt von dem Schulmeister.

Hauke Haiens Jugend:

  • Haukes Kindheit und Jugend in einer kleinen Gemeinde an der Nordsee.
  • Seine frühe Faszination für Mathematik, Deiche und das Meer.

Aufstieg zum Deichgrafen:

  • Haukes Heirat mit Elke und seine Übernahme der Position des Deichgrafen.
  • Seine innovativen Ideen und Projekte zur Verbesserung des Deichsystems.

Widerstand und Konflikte:

  • Haukes Pläne stoßen auf Widerstand in der Gemeinde, insbesondere bei Ole Peters.
  • Die zunehmenden Spannungen und Gerüchte über Haukes Methoden und Persönlichkeit.

Tragödie und Opfer:

  • Persönliche Opfer, die Hauke und seine Frau Elke bringen müssen, einschließlich des Verlusts ihres Kindes.
  • Haukes innerer Konflikt zwischen Pflichtbewusstsein und persönlichem Leid.

Der große Sturm:

  • Der Sturm, der den neuen Deich bedroht.
  • Haukes heldenhafter Einsatz und sein tragischer Tod.

Schluss:

  • Die Legende vom Schimmelreiter verbreitet sich in der Gemeinde.
  • Der Erzähler kehrt zur Rahmenerzählung zurück und reflektiert über die Geschichte.

Der Schimmelreiter – Analyse von Sprache und Stil

Sprache:

1. Realistische Darstellung: Theodor Storm verwendet eine präzise und klare Sprache, die typisch für den Realismus ist. Die Beschreibungen der Landschaft, der Arbeit am Deich und der sozialen Verhältnisse sind detailliert und lebensnah.

2. Symbolische Elemente: Obwohl die Sprache realistisch ist, nutzt Storm auch symbolische Elemente, um tiefere Bedeutungen zu vermitteln. Der Schimmel, auf dem Hauke reitet, symbolisiert sowohl seine Macht als auch sein Schicksal.

3. Dialekte und Umgangssprache: Storm integriert regionale Dialekte und Umgangssprache, um die Authentizität der Figuren und der Handlung zu unterstreichen. Dies verstärkt das realistische Setting und die Charakterisierung der Dorfbewohner.

4. Poetische Beschreibungen: Trotz der realistischen Sprache gibt es in der Novelle auch poetische Passagen, besonders in den Naturbeschreibungen. Diese Passagen reflektieren die Stimmungen und inneren Zustände der Figuren.

Stil:

1. Rahmenerzählung und Binnenhandlung: Die Kombination aus Rahmenerzählung und Binnenhandlung ist ein stilistisches Mittel, das die Legendenbildung und die historische Distanz betont. Es verleiht der Geschichte eine tiefere Ebene und lässt sie wie eine überlieferte Sage erscheinen.

2. Detaillierte Naturbeschreibungen: Storms detaillierte Naturbeschreibungen sind ein Kennzeichen seines Stils. Sie dienen nicht nur als Kulisse, sondern spiegeln die innere Welt der Charaktere wider und betonen die unbändige Kraft der Natur.

3. Kontraste: Storm arbeitet mit starken Kontrasten, beispielsweise zwischen Haukes rationalen Deichbauplänen und den abergläubischen Vorstellungen der Dorfbewohner. Diese Kontraste verdeutlichen die Spannungen zwischen Fortschritt und Tradition.

4. Innerer Monolog und Gedankenrede: Der innere Monolog und die Gedankenrede sind wichtige stilistische Mittel, um die inneren Konflikte und Gedanken der Figuren darzustellen. Besonders bei Hauke Haien wird diese Technik genutzt, um seine Zerrissenheit und sein Pflichtbewusstsein zu zeigen.

5. Spannungsaufbau: Storm baut die Spannung durch die zunehmenden Konflikte und die sich anbahnende Katastrophe des großen Sturms auf. Der Höhepunkt der Novelle wird sorgfältig vorbereitet und dramatisch inszeniert.

Der Schimmelreiter – Interpretation

1. Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition: Ein zentrales Thema der Novelle ist der Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition. Hauke Haien repräsentiert den Fortschritt und die wissenschaftliche Rationalität. Seine innovativen Ideen und Berechnungen zum Deichbau stehen im Gegensatz zu den traditionellen Methoden und dem Aberglauben der Dorfbewohner. Dieser Konflikt wird besonders deutlich in der Figur von Ole Peters, der Haukes Ideen ablehnt und die alten Methoden bevorzugt.

2. Symbolik des Schimmels: Der Schimmel, auf dem Hauke reitet, hat eine starke symbolische Bedeutung. Er steht für Macht und Autorität, aber auch für das Schicksal und den Untergang. Der Schimmel ist sowohl ein Zeichen von Haukes Ambition und seiner Rolle als Deichgraf, als auch ein Vorbote seines tragischen Endes. Die weiße Farbe des Pferdes kann Reinheit und Unschuld, aber auch Geisterhaftes und Tod symbolisieren.

3. Die Natur als unberechenbare Kraft: Die Natur spielt eine zentrale Rolle in der Novelle und wird als mächtige und unberechenbare Kraft dargestellt. Der Deichbau ist ein ständiger Kampf gegen die Naturgewalten. Haukes Versuche, die Natur zu beherrschen und zu zähmen, enden letztlich in einer Katastrophe, was die Grenzen menschlicher Kontrolle und den Respekt vor der Natur betont.

4. Tragik und Heroismus: Hauke Haien wird als tragischer Held dargestellt. Seine Ambitionen und sein Streben nach Fortschritt sind bewundernswert, aber sie führen auch zu seiner Isolation und letztlich zu seinem Untergang. Haukes Tod im Sturm zeigt seine Hingabe und Opferbereitschaft, aber auch die tragische Unvermeidlichkeit seines Schicksals.

5. Soziale Isolation und Außenseitertum: Hauke ist ein Außenseiter in der Gemeinschaft. Seine Intelligenz und seine fortschrittlichen Ideen isolieren ihn von den anderen Dorfbewohnern, die ihn nicht verstehen und ihm misstrauen. Diese soziale Isolation trägt zu seinem tragischen Ende bei und verdeutlicht die Schwierigkeiten, die innovative Denker oft in traditionellen Gemeinschaften erleben.

6. Realismus und Symbolismus: „Der Schimmelreiter“ ist ein Werk des Realismus, das eine präzise und detaillierte Darstellung der sozialen und natürlichen Welt bietet. Gleichzeitig enthält die Novelle symbolische und mythische Elemente, die ihr eine tiefere Bedeutungsebene verleihen. Der Schimmelreiter selbst wird zu einer mythischen Figur, die über die reale Geschichte hinausweist und zu einer Legende wird.

7. Verantwortung und Pflichtbewusstsein: Haukes Charakter ist geprägt von einem starken Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl gegenüber der Gemeinschaft und dem Deichbau. Seine Verpflichtung führt ihn zu großen persönlichen Opfern, einschließlich seiner eigenen Gesundheit und seines Lebens. Diese Hingabe stellt die Frage nach den Grenzen der individuellen Verantwortung und dem Preis des Fortschritts.

8. Rolle der Frauen: Die Frauen in der Novelle, insbesondere Elke Haien, spielen unterstützende, aber auch leidende Rollen. Elke steht ihrem Mann treu zur Seite und erleidet persönliche Tragödien. Ihre Stärke und Unterstützung sind zentral für Haukes Arbeit, zeigen aber auch die Belastungen und Opfer, die Frauen in solchen Konstellationen oft tragen müssen.

Der Schimmelreiter – Epoche und historischer Hintergrund

Epoche: Realismus

realismus-literatur epoche uebersicht1. Merkmale des Realismus: „Der Schimmelreiter“ ist ein typisches Werk des literarischen Realismus, der etwa von 1848 bis 1890 andauerte. Der Realismus ist gekennzeichnet durch eine genaue und objektive Darstellung der Wirklichkeit. Die Autoren des Realismus versuchten, das Alltägliche und das Typische des menschlichen Lebens darzustellen, ohne dabei zu idealisieren. Wichtige Merkmale des Realismus, die auch in „Der Schimmelreiter“ zu finden sind, umfassen:

  • Detailgenaue Beschreibungen: Die präzise Darstellung der Umwelt, der sozialen Verhältnisse und der Charaktere.
  • Alltägliche Themen: Die Fokussierung auf das alltägliche Leben und die realistischen Probleme der Menschen.
  • Objektivität: Eine sachliche und nüchterne Erzählweise, die die Realität so darstellt, wie sie ist, ohne moralische Wertung.
  • Psychologische Tiefe: Eine genaue Darstellung der inneren Zustände und Motive der Charaktere.

2. Historischer Hintergrund:

Industrialisierung und gesellschaftliche Veränderungen: Die Zeit des Realismus war geprägt von großen gesellschaftlichen Veränderungen. Die Industrialisierung führte zu einem Wandel in der Arbeitswelt und der sozialen Strukturen. Diese Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Menschen und ihre Lebensweise sind häufige Themen in realistischer Literatur.

Wissenschaftlicher Fortschritt: Der Realismus war auch eine Zeit des wissenschaftlichen Fortschritts und der technologischen Innovationen. In „Der Schimmelreiter“ spiegelt sich dies in Hauke Haiens wissenschaftlichem und rationalem Ansatz zum Deichbau wider. Seine Methoden stehen im Kontrast zu den traditionellen und abergläubischen Vorstellungen der Dorfbewohner.

Regionale Besonderheiten: Theodor Storms „Der Schimmelreiter“ spielt in Nordfriesland, einer Region an der Nordseeküste, die stark von der Natur und den Gezeiten geprägt ist. Die Darstellung des Lebens und der Arbeit am Deich ist eng mit der regionalen Geschichte und den natürlichen Gegebenheiten verknüpft.

Über den Autor: Theodor Storm

Biografie:

  • Geburtsdatum: 14. September 1817
  • Geburtsort: Husum, Herzogtum Schleswig (heute Deutschland)
  • Sterbedatum: 4. Juli 1888
  • Sterbeort: Hanerau-Hademarschen, Schleswig-Holstein, Deutschland

Familie und Kindheit: Theodor Storm wurde als Sohn eines Advokaten geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Husum, einer Kleinstadt an der Nordseeküste, die auch in vielen seiner Werke eine wichtige Rolle spielt. Die nordfriesische Landschaft und die Küstenregion prägten seine spätere literarische Arbeit stark.

Ausbildung und berufliche Laufbahn: Storm studierte Jura in Kiel und Berlin. Nach seinem Studium arbeitete er zunächst als Anwalt in Husum und später in anderen norddeutschen Städten. Aufgrund seiner liberalen Ansichten und seiner politischen Aktivitäten geriet er jedoch in Konflikt mit den Behörden und musste zeitweise ins Exil nach Preußen gehen. Später kehrte er nach Husum zurück und arbeitete als Richter.

Literarisches Schaffen: Theodor Storm ist vor allem als Novellist und Lyriker bekannt. Seine Werke zeichnen sich durch eine genaue Beobachtungsgabe, psychologische Tiefe und eine poetische Sprache aus. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des poetischen Realismus.

Hauptwerke:

  • „Immensee“ (1851): Eine Novelle über unerfüllte Liebe und Erinnerung.
  • „Der Schimmelreiter“ (1888): Eine Novelle über den Deichgrafen Hauke Haien und den Kampf gegen die Naturgewalten.
  • „Aquis submersus“ (1877): Eine Novelle über Schuld, Sühne und die Macht des Schicksals.
  • Gedichte: Storms Lyrik ist geprägt von Naturbeschreibungen und melancholischen Stimmungen.

Stil und Themen:

  • Naturbeschreibungen: Storms Werke enthalten detaillierte und stimmungsvolle Beschreibungen der Natur, insbesondere der nordfriesischen Landschaft.
  • Psychologische Tiefe: Seine Charaktere sind komplex und vielschichtig, mit tiefen inneren Konflikten und Emotionen.
  • Realistische Darstellung: Storms Stil ist geprägt von einer realistischen und präzisen Darstellung des alltäglichen Lebens und der sozialen Verhältnisse.
  • Melancholie und Vergänglichkeit: Viele seiner Werke thematisieren die Vergänglichkeit des Lebens und die melancholische Stimmung des Abschieds und der Erinnerung.

Einfluss und Rezeption: Theodor Storm beeinflusste zahlreiche Schriftsteller und Dichter des 19. und 20. Jahrhunderts. Seine Werke wurden vielfach rezipiert und sind fester Bestandteil des deutschen Literaturkanons. „Der Schimmelreiter“ gilt als eines seiner Meisterwerke und wird bis heute in Schulen und Universitäten gelesen und analysiert.

Privatleben: Storm war zweimal verheiratet und hatte insgesamt sieben Kinder. Seine erste Frau Constanze Esmarch starb nach langer Krankheit, woraufhin er seine zweite Frau Dorothea Jensen heiratete. Seine Familie und sein Heimatort Husum spielten eine zentrale Rolle in seinem Leben und Schaffen.

Der Schimmelreiter – Die häufigsten Fragen

1. Worum geht es in „Der Schimmelreiter“?

Die Novelle erzählt die Geschichte von Hauke Haien, einem Deichgrafen, der durch seine visionären Baupläne zur Verbesserung des Deichsystems sowohl Bewunderung als auch Feindschaft auf sich zieht und schließlich in einem tragischen Sturm sein Leben verliert.

2. Was sind die zentralen Themen der Novelle?

  • Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition: Haukes innovative Deichbaupläne stehen im Gegensatz zu den traditionellen Methoden und dem Aberglauben der Dorfbewohner.
  • Macht der Natur: Die unberechenbare und mächtige Natur wird als zentrale Herausforderung für den Menschen dargestellt.
  • Tragik und Heroismus: Haukes ambivalente Rolle als visionärer Held und tragische Figur.
  • Soziale Isolation: Haukes Außenseiterposition in der Dorfgemeinschaft und die Folgen seiner isolierten Stellung.

3. Welche Bedeutung hat der Schimmel in der Novelle?

Der Schimmel, auf dem Hauke reitet, symbolisiert sowohl seine Macht als Deichgraf als auch sein Schicksal. Er steht für die Autorität, aber auch für die mystische und tragische Dimension von Haukes Leben und Tod.

4. Wie wird der Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition dargestellt?

Haukes wissenschaftliche und rationale Ansätze zum Deichbau stehen im Gegensatz zu den traditionellen Methoden und dem Aberglauben der Dorfbewohner. Dieser Konflikt wird besonders deutlich in der Figur von Ole Peters, der Haukes Ideen ablehnt und die alten Methoden bevorzugt.

5. Welche Rolle spielt die Natur in der Novelle?

Die Natur wird als unberechenbare und mächtige Kraft dargestellt, die den Menschen ständig herausfordert. Der Deichbau ist ein Kampf gegen die Naturgewalten, und Haukes Scheitern zeigt die Grenzen menschlicher Kontrolle über die Natur.

6. Was ist die zentrale Botschaft von „Der Schimmelreiter“?

Die zentrale Botschaft der Novelle ist die Ambivalenz des Fortschritts und die Grenzen menschlicher Macht gegenüber der Natur. Haukes tragisches Schicksal zeigt, dass selbst die besten Absichten und größten Anstrengungen den unberechenbaren Kräften der Natur unterlegen sein können.

7. Wie wird Hauke Haien charakterisiert?

Hauke Haien wird als intelligent, ehrgeizig und visionär dargestellt. Er ist ein rationaler Denker, der wissenschaftliche Methoden im Deichbau anwendet. Gleichzeitig ist er eine tragische Figur, die an den Widerständen der Dorfgemeinschaft und den Naturgewalten scheitert.

8. Welche Rolle spielt Elke Haien in der Novelle?

Elke Haien ist Haukes treue und unterstützende Ehefrau. Sie steht ihm trotz der persönlichen Opfer zur Seite und symbolisiert Liebe und Loyalität. Ihre Rolle unterstreicht die persönlichen Tragödien, die Hauke und seine Familie erleiden müssen.

9. Warum wird „Der Schimmelreiter“ bis heute in der Schule gelesen?

„Der Schimmelreiter“ wird bis heute in der Schule gelesen, weil die Novelle zeitlose Themen wie den Konflikt zwischen Fortschritt und Tradition, die Macht der Natur und die Tragik des menschlichen Schicksals behandelt. Zudem bietet die Novelle eine detaillierte und realistische Darstellung der nordfriesischen Kultur und der Herausforderungen des Deichbaus.

10. Inwiefern ist „Der Schimmelreiter“ ein Werk des Realismus?

„Der Schimmelreiter“ ist ein Werk des Realismus, weil es eine präzise und objektive Darstellung der Wirklichkeit bietet. Die Novelle beschreibt das alltägliche Leben und die sozialen Verhältnisse der Dorfgemeinschaft detailliert und realistisch. Gleichzeitig werden die psychologischen Tiefen und inneren Konflikte der Charaktere genau beleuchtet.

Der Schimmelreiter – Buch

Theodor Storm - Der Schimmelreiter

Theodor Storm – Der Schimmelreiter

Theodor Storm.
Der Schimmelreiter.
Erstdruck: Paetel Verlag, Berlin, 1888.

ISBN: 3965420658
EAN: 9783965420656
Paperback 88 Seiten
Vollständige Neuausgabe, 1. Auflage, Göttingen 2018.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

Buch bestellen

(Anzeige / Affiliatelink)*

buch amazon
buch thalia
buch geniallokal

„Die besten Bücher aller Zeiten“ – Listen zum Stöbern:

„Die besten Bücher“ – Auswahl des LIWI Blogs:

„Literaturpreis – Gewinner“:

Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2024