Decameron – Zusammenfassung
John William Waterhouse Decameron 1916
Das Decameron, auch bekannt unter dem italienischen Titel Il Decamerone, ist eine Sammlung von 100 Novellen, die von Giovanni Boccaccio verfasst wurde.
Die Entstehungszeit des Werks wird zwischen 1349 und 1353 datiert, eine Zeit, die durch die Verwüstungen der Pest in Europa geprägt war.
Der Titel „Decameron“ leitet sich aus dem Griechischen ab (δέκα déka für „zehn“ und ἡμέρα hēméra für „Tag“) und bedeutet somit „Zehn-Tage-Werk“.
Decameron – Handlung und Struktur
Die Rahmenhandlung des Decameron ist in einem Landhaus in den Hügeln von Florenz, genauer gesagt im Vorort Fiesole, angesiedelt. Sieben Frauen und drei Männer fliehen dorthin, um der Pestepidemie zu entkommen, die 1348 Florenz heimsuchte. Um sich gegenseitig zu unterhalten und die schwere Zeit zu überbrücken, beschließen sie, dass täglich eine Person zum König oder zur Königin ernannt wird, die ein Thema vorgibt. Jedes Gruppenmitglied erzählt dann eine Geschichte zu diesem Thema, was zu insgesamt 100 Novellen führt.
Die Novellen decken eine breite Palette von Themen ab – von der Liebe und Betrug bis zu Geschichten über Klugheit und Dummheit. Viele dieser Erzählungen bieten Einblicke in die Gesellschaft des mittelalterlichen Italiens und enthalten oft scharfe Kritiken an der moralischen Doppelmoral, insbesondere innerhalb der Kirche und anderer gesellschaftlicher Autoritäten.
Decameron – Literarische Bedeutung und Merkmale
Flämische Illustration zum Dekameron, 1432
Das Decameron gilt als ein stilbildendes Werk der Renaissance und hat als solches die westliche Literatur nachhaltig beeinflusst. Die Sammlung wird oft als Vorbild für spätere europäische Novellensammlungen angesehen. Die Erzählungen sind bekannt für ihre klare und direkte Sprache und ihre lebendige Darstellung der Charaktere und Schauplätze. Boccaccio zeigt eine meisterhafte Fähigkeit, ernste und humorvolle Elemente zu mischen, und schafft es, sowohl Tragik als auch Komik effektiv zu vermitteln.
Decameron – Einfluss und Nachwirkungen
Das Decameron war richtungsweisend für viele nachfolgende Schriftsteller und hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung der Erzählliteratur. Es diente als Inspiration für Werke wie Geoffrey Chaucers „Canterbury Tales“, die „Heptaméron“ von Margarete von Navarra und die „Novelas ejemplares“ von Miguel de Cervantes. Auch in der modernen Literatur finden sich Echoes von Boccaccios Geschichten.
Decameron – Kontroversen und Kritik
Aufgrund seiner oft freizügigen Darstellung von sexuellen und ethischen Themen war das Decameron Gegenstand von Zensur und Kritik, insbesondere von der Kirche. Trotz dieser Kritik blieb das Werk durch die Jahrhunderte ein beliebter und geschätzter Bestandteil der Weltliteratur.
Giovanni Boccaccios Decameron bleibt ein unverzichtbares Werk der Weltliteratur, das nicht nur wegen seiner literarischen Qualität, sondern auch wegen seiner Fähigkeit, tiefgreifende menschliche Erfahrungen und Emotionen zu vermitteln, geschätzt wird. Es bietet einen Einblick in das Leben und die Kultur des mittelalterlichen Europas und bleibt ein lebendiges Zeugnis der menschlichen Natur und der gesellschaftlichen Dynamik seiner Zeit.
Decameron – Giovanni Boccaccio: Schriftsteller und Dichter
Andrea del Castagno Giovanni Boccaccio um 1450
Giovanni Boccaccio war ein italienischer Schriftsteller, Dichter und ein bedeutender Vertreter des frühen Renaissance-Humanismus. Geboren am 16. Juni 1313 in Certaldo oder Florenz, verstarb er am 21. Dezember 1375 in Certaldo. Boccaccio ist vor allem für sein Hauptwerk, das Decamerone, bekannt, eine Sammlung von 100 Novellen, die die facettenreiche Gesellschaft des 14. Jahrhunderts porträtiert und ihn zum Begründer der prosaischen Erzähltradition in Europa erhob.
Frühes Leben und Bildung
Giovanni Boccaccio wurde als unehelicher Sohn des Kaufmanns Boccaccio di Chellino geboren. Seine Mutter starb kurz nach seiner Geburt. Trotz dieser ungewissen Anfänge erhielt Boccaccio eine Bildung, die ihn tief in die Kultur der damaligen Zeit eintauchen ließ. In seiner Jugend wurde er nach Neapel geschickt, um bei der Compagnia dei Bardi zu arbeiten, was seinen ersten Kontakt mit dem Handel darstellte. Jedoch zog es ihn mehr zur Literatur und er nutzte die Möglichkeit, am Hof von Robert von Anjou zu verkehren, wo er sich ein breites kulturelles Wissen aneignete.
Literarische Karriere
In Neapel begann Boccaccio mit der Schaffung seiner ersten literarischen Werke. Diese Zeit war geprägt von seiner Liebe zur Literatur und dem Einfluss der höfischen Kultur, was ihn zu Werken wie dem Filocolo inspirierte, einem der ersten volkssprachlichen Prosaromane. Boccaccio kehrte 1340 nach Florenz zurück, wo er begann, das Decamerone zu verfassen, beeinflusst durch die tragischen Umstände der Pestepidemie 1348.
Das Decamerone
Das Decamerone gilt als Boccaccios Meisterwerk und wurde zwischen 1349 und 1353 verfasst. Die Sammlung von Geschichten, die in einem Landhaus außerhalb von Florenz erzählt werden, bot einen Einblick in die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Emotionen während der Pestzeit. Die Novellen zeigen sowohl die Leichtigkeit des Seins als auch die schwere Bürde der menschlichen Existenz und kritisieren oft die Heuchelei der religiösen und sozialen Normen der Zeit.
Einfluss und Erbe
Boccaccios Arbeiten, insbesondere das Decamerone, hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf die europäische Literatur. Er ebnete den Weg für spätere Meisterwerke wie Geoffrey Chaucers Canterbury Tales und beeinflusste zahlreiche andere Schriftsteller. Sein literarisches Erbe umfasst die Förderung der volkssprachlichen Literatur und die Verfeinerung der Novellenform, die später in ganz Europa populär wurde.
Spätere Jahre und Tod
In seinen späteren Jahren widmete sich Boccaccio vermehrt dem Studium der klassischen Texte, beeinflusst durch seinen Freund Francesco Petrarca. Er kopierte und studierte antike Werke und setzte sich intensiv mit der griechischen und römischen Literatur auseinander. Sein Interesse an der Antike führte zur Schaffung des ersten Lehrstuhls für Griechisch in Florenz, was die Renaissance-Humanismusbewegung weiter vorantrieb.