Georg Büchner - Woyzeck

Woyzeck

Georg Büchners Drama „Woyzeck“ gehört zu den bedeutendsten Texten des Vormärz.

Das fragmentarisch überlieferte Stück erzählt die tragische Geschichte eines einfachen Soldaten, der durch Armut, Demütigung und psychische Belastung in den Mord getrieben wird.

In diesem Artikel findest du eine Zusammenfassung, Figurenkonstellation, Szenenübersicht und Interpretation des Werkes.

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Woyzeclk – Klassiker der Weltliteratur

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Woyzeck – Inhaltsangabe

Der einfache Soldat Woyzeck lebt in großer Armut und versucht, mit zusätzlichen Arbeiten etwas Geld zu verdienen, um seine Freundin Marie und ihren gemeinsamen Sohn zu unterstützen. Unter anderem stellt er sich für medizinische Experimente zur Verfügung: Ein Doktor zwingt ihn, sich ausschließlich von Erbsen zu ernähren. Die einseitige Kost führt bald zu schweren Halluzinationen und verstärkt Woyzecks ohnehin labile seelische Verfassung.

Neben seiner gesundheitlichen Belastung wird Woyzeck von seinem Hauptmann regelmäßig verspottet und erniedrigt. Als er schließlich entdeckt, dass Marie ihn mit dem Tambourmajor betrügt, zerbricht sein letzter Halt. In einem Zustand von Eifersucht, Verzweiflung und Wahn ersticht er Marie.

Woyzeck – Figurenkonstellation

Die Figuren in Georg Büchners „Woyzeck“ sind klar umrissen und stehen jeweils für bestimmte gesellschaftliche Rollen und Haltungen. Im Mittelpunkt steht der einfache Soldat Woyzeck, dessen Leben von Armut, Demütigung und innerer Zerrissenheit geprägt ist.

Um ihn herum formt sich ein Umfeld aus Personen, die ihn auf unterschiedliche Weise unter Druck setzen: der Hauptmann und der Doktor als Vertreter einer kalten Obrigkeit, der Tambourmajor als übermächtiger Rivale und Marie als zugleich geliebte und verratene Partnerin.

Ergänzt wird dieses Geflecht durch Nebenfiguren wie den Kameraden Andres, den Narr Karl und das gemeinsame Kind Christian, die Woyzecks Isolation und Ausweglosigkeit noch deutlicher machen.

  • Friedrich Johann Franz Woyzeck

    • etwa 30 Jahre alt

    • einfacher Soldat mit mehreren Nebenjobs

    • hat mit Marie einen unehelichen Sohn

    • psychisch labil, leidet an Halluzinationen

    • stark misstrauisch und von Eifersucht geprägt

  • Marie Zickwolf

    • Woyzecks Freundin und Mutter des Kindes

    • hübsch und lebenslustig

    • beginnt eine Affäre mit dem Tambourmajor

    • empfindet später Reue, wird aber von Woyzeck ermordet

  • Tambourmajor

    • Anführer der Militärkapelle

    • stark, attraktiv, gepflegt

    • macht Marie teure Geschenke

    • körperlich überlegen gegenüber Woyzeck

  • Hauptmann

    • Vorgesetzter von Woyzeck

    • arrogant und konservativ

    • verspottet Woyzeck wegen seines unehelichen Kindes

    • lehnt Eile und Hetzerei ab, steht für gesellschaftliche Überheblichkeit

  • Doktor

    • führt mit Woyzeck medizinische Experimente durch

    • skrupellos und menschenverachtend

    • demütigt Woyzeck öffentlich

    • betrachtet ihn nur als Versuchsobjekt

  • Weitere Figuren

    • Andres: Woyzecks Kamerad, der ihm zur Seite steht

    • Narr Karl: groteske Figur, bringt Unruhe und Spott ins Geschehen

    • Christian: Woyzecks und Maries Sohn, weist am Ende seinen Vater zurück

Woyzeck – Zusammenfassung Szenen

Da Georg Büchner sein Drama nie vollenden konnte, ist die genaue Reihenfolge der Szenen bis heute unklar. Deshalb wird „Woyzeck“ als dramatisches Fragment bezeichnet: Es besteht aus einzelnen Bruchstücken, die von den Herausgebern zu einer Handlung zusammengesetzt werden. Unsere Zusammenfassung orientiert sich an einer möglichen Abfolge. Der Schauplatz ist eine deutsche Kleinstadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Szene 1–5

Woyzeck arbeitet gemeinsam mit seinem Kameraden Andres für den Hauptmann. Dabei leidet er unter Halluzinationen: Er sieht unheimliche Lichter am Himmel, hört Posaunen und fürchtet, Totenköpfe im Gebüsch zu entdecken. Andres versucht, ihn zurück in die Kaserne zu drängen. Unterdessen beobachtet Marie mit dem gemeinsamen Kind Christian die vorbeiziehenden Soldaten. Ihr fällt der Tambourmajor ins Auge, den sie sofort attraktiv findet. Kurz darauf erzählt Woyzeck Marie von seinen Visionen, was sie beunruhigt. Auf einem Jahrmarkt begegnen sie erneut dem Tambourmajor, der großes Interesse an Marie zeigt.

Später schenkt der Tambourmajor Marie Ohrringe, die sie heimlich im Spiegel bewundert. Als Woyzeck sie danach fragt, weicht sie aus. Obwohl er misstrauisch ist, stellt er keine weiteren Fragen, lässt ihr aber Geld da. Von Schuldgefühlen geplagt, bleibt Marie zurück. Um zusätzliches Geld zu verdienen, rasiert Woyzeck den Hauptmann. Dieser verspottet ihn dabei wegen seines unehelichen Kindes. Woyzeck rechtfertigt sich: Für eine Heirat fehlt ihm das Geld.

Szene 6–10

Marie und der Tambourmajor kommen sich näher, ob zufällig oder verabredet, bleibt offen. Woyzeck beobachtet sie und stellt Marie zur Rede, doch sie weist alles zurück. Neben der Rasur verdient er Geld als Versuchsperson für den Doktor. Auf dessen Befehl ernährt er sich nur noch von Erbsen, was seine geistige Verwirrung verschärft. Als der Doktor ihn beim Wasserlassen auf der Straße erwischt, demütigt er ihn öffentlich. Gleichzeitig fasziniert ihn Woyzecks wirres Gerede als Forschungsobjekt.

Bei einem Treffen des Doktors und des Hauptmanns wird Woyzeck erneut zum Thema. Der Hauptmann deutet Maries Untreue an, worauf Woyzeck bestürzt flieht.

Szene 11–15

In einem Wirtshaus sieht Woyzeck, wie Marie mit dem Tambourmajor tanzt. Verzweifelt läuft er hinaus in die Natur. Dort glaubt er, Stimmen des Windes und des Bodens zu hören, die ihn zum Mord anstiften. In der Nacht plagen ihn Stimmen und Musik, sodass er seinen Kameraden Andres weckt. Dieser meint, Woyzeck habe nur Fieber.

Später kommt es zu einer Prügelei zwischen Woyzeck und dem Tambourmajor, die Woyzeck klar verliert. Danach beschließt er, sich ein Messer zu kaufen.

Szene 16–20

Marie empfindet inzwischen Reue und liest in der Bibel Stellen über Ehebruch. Währenddessen verschenkt Woyzeck seinen gesamten Besitz an Andres, der ihn drängt, sich behandeln zu lassen. Doch Woyzeck spricht davon, dass man nie wisse, wann man sterbe.

Vor ihrem Haus sitzt Marie mit Kindern und einer Großmutter, die ein düsteres Märchen erzählt. Woyzeck erscheint und überredet Marie zu einem Spaziergang vor die Stadt. Als es dunkel wird, zieht er das Messer und ersticht sie. Zwei Spaziergänger finden später ihre Leiche.

Szene 21–26

Nach dem Mord kehrt Woyzeck ins Wirtshaus zurück. Auf seinen blutigen Ärmel angesprochen, verstrickt er sich in Ausreden und flieht. Bald spricht sich der Mord herum, und die Leute strömen neugierig zum Tatort. Auch Woyzeck kehrt dorthin zurück, weil er das Messer vergessen hat. Er holt es, wäscht sich im Teich die Blutflecken ab und versucht, Spuren zu verwischen.

In der letzten Szene sitzt Woyzeck mit dem Narr Karl und seinem Sohn Christian zusammen. Als er das Kind auf den Arm nehmen will, schreit es und wendet sich von ihm ab. Woyzeck gibt dem Narren Geld, worauf dieser mit Christian davonläuft.

Woyzeck – Interpretation

Georg Büchners Drama „Woyzeck“ ist ein vielschichtiges Werk, das Raum für verschiedene Deutungen lässt. Im Zentrum steht jedoch das Bild eines Menschen, der durch Armut, gesellschaftliche Unterdrückung und seelische Krankheit immer stärker vereinsamt und in die Verzweiflung getrieben wird. Büchner zeigt, wie Woyzeck Stück für Stück seine Bindungen an die Gesellschaft verliert und schließlich in die Katastrophe stürzt.

Woyzeck wird von seiner Umwelt auf unterschiedliche Weise erniedrigt und instrumentalisiert:

  • Der Hauptmann verspottet ihn wegen seiner Armut und seines unehelichen Kindes.

  • Der Doktor reduziert ihn auf ein Versuchsobjekt und missbraucht ihn für Experimente.

  • Der Tambourmajor nimmt ihm mit seiner körperlichen Überlegenheit und Attraktivität Marie weg.

  • Am Ende wendet sich sogar sein eigener Sohn von ihm ab – ein besonders drastisches Zeichen für die völlige Isolation.

Diese fortschreitende Entsozialisierung lässt Woyzeck in eine existentielle Leere fallen. Er verliert das Vertrauen in seine Mitmenschen, erlebt die Welt zunehmend als bedrohlich und fremd, und die Stimmen in seinem Kopf verstärken diesen Zustand.

Der Mord an Marie ist vor diesem Hintergrund mehr als nur ein Eifersuchtsdrama. Er kann als Akt der Selbstbehauptung verstanden werden – ein verzweifelter Versuch, in einer ausweglosen Situation Kontrolle zu gewinnen. Doch Woyzecks Gewalt richtet sich nicht gegen jene, die ihn tatsächlich unterdrücken, sondern gegen die einzige Person, die schwächer ist als er. Büchner zeigt damit die bittere Logik einer Gesellschaft, in der Unterdrückte ihre Ohnmacht nicht nach oben, sondern nach unten weitergeben.

Gleichzeitig macht das Stück die sozialen Missstände seiner Zeit sichtbar. Woyzeck verkörpert die unterste Schicht, die von materieller Not, Abhängigkeit und fehlender Bildung geprägt ist. Sein Schicksal erscheint weniger als persönliche Schuld, sondern vielmehr als Ergebnis einer unmenschlichen Gesellschaftsordnung, die ihre Schwächsten nicht schützt, sondern ausnutzt. Büchner entlarvt in „Woyzeck“ die Mechanismen sozialer Gewalt und verweist damit auf die Frage nach Verantwortung, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit.

Damit ist „Woyzeck“ nicht nur eine individuelle Tragödie, sondern auch eine sozialkritische Anklage: Es zeigt, wie die Kombination aus psychischer Krankheit, ökonomischer Not und gesellschaftlicher Ausgrenzung einen Menschen zerstören kann.

Woyzeck – Zeitgeschichtlicher Hintergrund

vormaerz-epocheGeorg Büchners Drama „Woyzeck“ wird der Literaturepoche des Vormärz zugeordnet, die zwischen 1815 und 1845 angesiedelt ist. Diese Zeit war geprägt von politischer Restauration nach dem Wiener Kongress: Die alten absolutistischen Machtverhältnisse wurden wiederhergestellt, obwohl die Französische Revolution zuvor für Freiheit und Gleichheit gekämpft hatte. Viele Menschen reagierten enttäuscht auf diese Rückschritte und begannen, die gesellschaftliche und politische Ordnung zunehmend in Frage zu stellen.

Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller des Vormärz forderten demokratische Rechte, etwa Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung, und machten in ihren Werken die sozialen Missstände sichtbar. Genau hier setzt Büchners „Woyzeck“ an: Das Drama zeigt die Ungleichheit der Klassen und die Ausbeutung der unteren Schichten. Der Soldat Woyzeck steht am unteren Ende der Gesellschaft. Er wird von Vertretern höherer Stände wie dem Doktor und dem Hauptmann schamlos benutzt, verspottet und erniedrigt.

Büchners Werk ist somit mehr als die tragische Geschichte eines Einzelnen: Es ist eine sozialkritische Anklage, die Missstände seiner Zeit offenlegt und die Frage nach der Verantwortung einer Gesellschaft für das Schicksal ihrer Schwächsten stellt.

Woyzeck – Häufigste Fragen

Worum geht es in „Woyzeck“?
Im Drama steht der einfache Soldat Woyzeck im Mittelpunkt. Er wird von seinen Vorgesetzten verspottet, von einem Arzt für Experimente missbraucht und von seiner Geliebten Marie betrogen. In einem Zustand aus Eifersucht, Verzweiflung und Wahn ermordet er schließlich Marie.

Was ist die Kernaussage von „Woyzeck“?
Das Stück zeigt, wie stark das menschliche Verhalten durch soziale Umstände geprägt wird. Woyzeck zerbricht an Armut, Abhängigkeit und Ausgrenzung. Seine Tat ist nicht allein persönliche Schuld, sondern das Ergebnis einer Gesellschaft, die ihn erniedrigt und ausstößt.

Wann wurde „Woyzeck“ veröffentlicht?
Das Fragment wurde erst posthum veröffentlicht, also nach Büchners Tod. Die erste Ausgabe erschien 1879, also Jahrzehnte nach seiner Entstehung. Manche Quellen nennen auch das Jahr 1877 als früheste Veröffentlichung.

Wurde „Woyzeck“ verfilmt?

Ja, mehrmals. Hier der Trailer der Verfilmung mit Kaus Kinski:

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Woyzeck – Buch

Georg Büchner - WoyzeckGeorg Büchner.
Woyzeck.

Erstdruck 1879 als „Wozzeck“ (Fragment)
Uraufführung: Residenztheater München 1913.
Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 29. September 2025

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