Die Welt von Gestern - Stefan Zweig

Leutnant Gustl

„Und nachmittag um vier… na wart‘, mein Lieber, wart‘, mein Lieber! Ich bin grad gut aufgelegt… Dich hau‘ ich zu Krenfleisch!“

Arthur Schnitzler.
Leutnant Gustl.
Erstdruck: Neue Freie Presse (NFP), Weihnachtsbeilage, Wien 1900.
Erstausgabe als Buch: S. Fischer Verlag, Berlin 1901.

Vollständige Neuausgabe, Göttingen 2018.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

ISBN: 3965420755
EAN: 9783965420755
Paperback 28 Seiten
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„Leutnant Gustl“ – Zusammenfassung / Inhaltsangabe

Der Vorfall im Konzerthaus

Arthur Schnitzler Buch ZusammenfassungDie Novelle „Leutnant Gustl“ beginnt mit einem nächtlichen Vorfall im Wiener Konzerthaus, bei dem der Protagonist, Leutnant Gustav von Aschenbach, genannt Gustl, von einem Bäckermeister öffentlich gedemütigt wird.

Während der Pause eines Konzerts geraten Gustl und der Bäckermeister in einen Streit, der damit endet, dass der Bäckermeister Gustls Säbel an sich nimmt und droht, ihn nicht zurückzugeben.

Gustl, der sich durch die Worte und die Handlung des Bäckermeisters in seiner Ehre als Offizier verletzt sieht, fühlt sich tief gedemütigt.

In der damaligen Gesellschaft, in der die Ehre eines Offiziers über allem stand, wird Gustl klar, dass er nicht in der Lage sein wird, den Bäckermeister zum Du herauszufordern, da dieser ein Zivilist ist.

Diese Erkenntnis stürzt Gustl in eine tiefe innere Krise, da der Gedanke an eine öffentliche Schande für ihn unerträglich ist.

Der Vorfall im Konzerthaus setzt somit die Handlung in Gang und führt zu Gustls nächtlicher Seelenwanderung, bei der er mit seinen Vorstellungen von Ehre, Identität und den gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit konfrontiert wird.

Gustls nächtliche Wanderung

Nach dem Vorfall im Konzerthaus irrt Gustl durch die nächtlichen Straßen Wiens, geplagt von Gedanken an den erlittenen Ehrverlust und die daraus resultierenden Konsequenzen für sein Leben.

Diese nächtliche Wanderung wird zu einer introspektiven Reise, auf der Gustl nicht nur über den Vorfall mit dem Bäckermeister, sondern auch über sein bisheriges Leben, seine Werte und die Oberflächlichkeit seiner sozialen Beziehungen nachdenkt.

Während seines Umherirrens betrachtet Gustl die Möglichkeit des Suizids als einzigen Ausweg, um der Schande zu entkommen und seine Ehre als Offizier zu bewahren.

Die Stadt bei Nacht, mit ihren leeren Straßen und dunklen Ecken, spiegelt Gustls innere Leere und Verzweiflung wider.

Diese Phase intensiver Selbstreflexion und Zweifel offenbart Gustls Verletzlichkeit und menschliche Schwächen, die im krassen Gegensatz zu seinem sonst so selbstsicheren Auftreten als Offizier stehen.

Gustls Gedanken kreisen um Themen wie Ehre, Männlichkeit, Freundschaft und Liebe, wobei er zu der Erkenntnis gelangt, dass viele seiner bisherigen Überzeugungen und Beziehungen oberflächlich und fragwürdig sind.

Diese nächtliche Wanderung markiert einen Wendepunkt in Gustls Leben und zwingt ihn, sich mit seinen persönlichen und gesellschaftlichen Dilemmata auseinanderzusetzen.

Die Auflösung des Konflikts

Als der Morgen anbricht und Gustl sich auf den Weg macht, sein Vorhaben des Suizids umzusetzen, erfährt er durch einen Zufall, dass der Bäckermeister in der Nacht an einem Herzschlag verstorben ist.

Diese unerwartete Wendung befreit Gustl plötzlich von der Last, die ihm die Drohung des Bäckermeisters und die damit verbundene Schande auferlegt hatten.

Mit dem Tod des Bäckermeisters erübrigt sich Gustls Sorge um seinen Ruf und die ehrbewahrende Tat des Suizids. Er erkennt, dass seine Ehre nicht länger bedroht ist, da es keinen Zeugen mehr gibt, der seine Demütigung bezeugen könnte.

Diese Erkenntnis führt bei Gustl zu einer plötzlichen Erleichterung und einem Gefühl der Befreiung aus den Fesseln der gesellschaftlichen Erwartungen und der eigenen rigiden Ehrvorstellungen.

Dennoch hinterlässt die nächtliche Krise ihre Spuren in Gustls Bewusstsein. Er beginnt, die Rigidität und Leerheit der gesellschaftlichen Normen und Werte, die sein Leben bislang bestimmt haben, zu hinterfragen.

Gustls innere Wandlung zeigt sich in seiner neuen Sichtweise auf das Leben und seine Rolle in der Gesellschaft. Er erkennt die Bedeutungslosigkeit der starren Ehrenkodizes im Vergleich zu den wahren menschlichen Werten wie Mitgefühl, Verständnis und persönliche Integrität.

Die Auflösung des Konflikts in „Leutnant Gustl“ lässt den Protagonisten zwar unmittelbar von der sozialen Katastrophe verschont, stellt aber zugleich seine moralische und psychologische Entwicklung dar, die durch die intensive Selbstreflexion und die Konfrontation mit dem eigenen Tod angestoßen wurde.

„Leutnant Gustl“ – Charakterisierung der Figuren

In „Leutnant Gustl“ beschränkt sich die Personenkonstellation auf eine überschaubare Anzahl von Charakteren, wobei der Fokus stark auf dem Protagonisten, Leutnant Gustav von Aschenbach, liegt. Die anderen Figuren dienen vorrangig als Spiegel oder Katalysatoren für Gustls innere Entwicklungen und Konflikte.

Leutnant Gustav von Aschenbach (Gustl)

  • Leutnant Gustl ist ein junger Offizier der österreichisch-ungarischen Armee, dessen Charakter durch Stolz, Impulsivität und eine tiefe Verhaftung in den militärischen Ehrenkodex geprägt ist.
  • Über die innere Monologform der Erzählung werden Gustls Ängste, Unsicherheiten und Vorurteile offenbart, die ein komplexes Bild seiner Persönlichkeit zeichnen.
  • Die Konfrontation mit der eigenen Verletzlichkeit und der Oberflächlichkeit seiner bisherigen Lebensanschauungen löst eine psychologische Krise aus, die in einer tiefgreifenden Selbstreflexion mündet.

Der Bäckermeister

  • Der Bäckermeister ist die Figur, die den zentralen Konflikt auslöst, indem er Gustl in der Öffentlichkeit demütigt. Er tritt nur kurz in Erscheinung, hat aber einen nachhaltigen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte.
  • Obwohl er kaum persönlich charakterisiert wird, symbolisiert der Bäckermeister die gesellschaftliche Ordnung außerhalb der militärischen Hierarchie und fordert Gustls starre Ehrvorstellungen heraus.

Nebenfiguren

  • Die Nebenfiguren, darunter andere Offiziere und Bekannte Gustls, dienen hauptsächlich dazu, Gustls soziales Umfeld und die gesellschaftlichen Erwartungen zu illustrieren, mit denen er sich konfrontiert sieht.
  • Diese Charaktere spiegeln die Werte und Normen der Zeit wider und setzen Gustls innere Konflikte in einen größeren sozialen und kulturellen Kontext.

In „Leutnant Gustl“ wird die Charakterisierung hauptsächlich durch Gustls innere Monologe und seine Reaktionen auf die anderen Figuren geleistet. Die Personenkonstellation offenbart die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Fassade und die tiefen psychologischen Spaltungen, die die Charaktere – allen voran Gustl selbst – durchleben. Die Erzählung ist somit nicht nur ein psychologisches Porträt eines einzelnen Mannes, sondern auch eine kritische Betrachtung der gesellschaftlichen Strukturen und Wertvorstellungen der Wiener Moderne.

„Leutnant Gustl“ – Analyse

Aufbau

Der Aufbau von Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“ ist bemerkenswert für seine Innovativität und Einfachheit, die zusammen eine tiefgreifende Wirkung erzielen.

  • Monologform: Die gesamte Novelle wird als innerer Monolog des Leutnant Gustl präsentiert, eine narrative Technik, die direkten Zugang zu Gustls Gedankenwelt und emotionalen Zuständen bietet. Diese Form ermöglicht eine intensive Charakterstudie und eine unmittelbare psychologische Tiefe.
  • Echtzeit-Erzählung: Die Handlung entfaltet sich in Echtzeit, beginnend mit dem Moment, in dem Gustl nach dem Konzertbesuch den Streit mit dem Bäckermeister erlebt, bis zum nächsten Morgen, als er die Nachricht vom Tod des Bäckermeisters erfährt. Diese zeitliche Kompaktheit verstärkt das Gefühl der Dringlichkeit und der unmittelbaren Erfahrung.
  • Strukturierung durch Konflikt: Der innere Konflikt Gustls strukturiert die Erzählung. Die Entwicklung dieses Konflikts, von der initialen Demütigung bis zur Auflösung durch die unerwartete Wendung, treibt die Handlung voran und spiegelt Gustls innere Reise wider.
  • Fehlen äußerer Handlung: Abgesehen von Gustls nächtlichem Umherwandern und seinen Begegnungen gibt es wenig äußere Handlung. Der Fokus liegt stattdessen auf der inneren Dynamik und den psychologischen Veränderungen, die Gustl durchlebt.
  • Kontrast zwischen Anfang und Ende: Der Aufbau nutzt den starken Kontrast zwischen dem anfänglichen Selbstbewusstsein Gustls und seiner späteren Verzweiflung sowie der abschließenden Erleichterung, um die Transformation des Charakters und seiner Weltanschauung zu unterstreichen.

Die Struktur von „Leutnant Gustl“ ist eng mit der Thematik und der Charakterentwicklung verknüpft. Schnitzler nutzt den innovativen Aufbau, um tief in die Psyche seines Protagonisten einzudringen und gleichzeitig gesellschaftskritische Perspektiven zu eröffnen.

Sprache

Die Sprache in Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“ spielt eine entscheidende Rolle in der Übermittlung der inneren Welt des Protagonisten und der Atmosphäre der Novelle.

  • Innerer Monolog: Die Verwendung des inneren Monologs ermöglicht eine unmittelbare und intime Einsicht in Gustls Gedanken und Gefühle. Schnitzlers Sprachgebrauch hierbei ist fließend und assoziativ, was den Eindruck von Gustls spontanen und ungefilterten Gedankenströmen verstärkt.
  • Sprachliche Einfachheit und Direktheit: Trotz der Tiefe der psychologischen Einsichten zeichnet sich die Sprache durch Einfachheit und Direktheit aus. Schnitzler vermeidet übermäßig komplexe oder verschachtelte Satzstrukturen, was die Authentizität von Gustls innerem Erleben betont.
  • Dialogische Elemente: Obwohl die Erzählung hauptsächlich aus Gustls innerem Monolog besteht, integriert Schnitzler dialogische Elemente, indem Gustl imaginäre Gespräche mit anderen Charakteren führt oder sich deren mögliche Antworten vorstellt. Dies verleiht der Sprache eine dynamische und lebendige Qualität.
  • Sprachliche Ironie und Selbstreflexion: Die Sprache offenbart auch die Ironie und Selbstreflexion, mit der Gustl seine eigene Situation und die gesellschaftlichen Konventionen betrachtet. Schnitzlers subtile Verwendung von Ironie ermöglicht es, die kritischen Untertöne der Novelle zu verstärken, ohne die Ernsthaftigkeit von Gustls Krise zu unterminieren.
  • Kontrastierung von Sprachstilen: Die Kontrastierung verschiedener Sprachstile spiegelt die unterschiedlichen sozialen Schichten und Einstellungen wider, die in der Novelle thematisiert werden. Die formelle und teilweise affektierte Sprache der Militärwelt steht im Gegensatz zu den alltäglicheren und direkteren Ausdrucksweisen der zivilen Charaktere.

Die Sprache in „Leutnant Gustl“ dient nicht nur der Charakterisierung und der Darstellung von Gustls innerem Konflikt, sondern ist auch ein Mittel der sozialen Kritik. Schnitzler nutzt sie, um die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Fassade und die Tiefenschichten der menschlichen Psyche aufzudecken.

„Leutnant Gustl“ – Interpretation

„Leutnant Gustl“ – Gesellschaftskritik

Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“ bietet eine scharfe Gesellschaftskritik, die sich vor allem gegen die starren Strukturen und Wertvorstellungen der österreichisch-ungarischen Gesellschaft richtet.

  • Ehre und Oberflächlichkeit: Die Novelle beleuchtet die Oberflächlichkeit der gesellschaftlichen Konzepte von Ehre und Reputation, die Gustls Leben beherrschen. Gustls Angst vor gesellschaftlicher Ächtung nach der Konfrontation mit dem Bäckermeister zeigt, wie extern definierte Ehrenkodizes das individuelle Handeln bestimmen und zu irrationalen Entscheidungen führen können.
  • Männlichkeit und Identität: Schnitzler kritisiert auch die Vorstellungen von Männlichkeit und militärischer Identität, die eng mit dem Konzept der unantastbaren Ehre verknüpft sind. Gustls anfängliche Überlegungen zum Suizid als einziger Lösung für den vermeintlichen Ehrenverlust stellen die rigiden männlichen Rollenbilder und die damit verbundene psychische Belastung in Frage.
  • Isolation und Entfremdung: Die innere Monologform unterstreicht Gustls Isolation und Entfremdung von der Gesellschaft. Seine nächtlichen Wanderungen und Gedankengänge offenbaren eine tiefe Sehnsucht nach authentischen zwischenmenschlichen Beziehungen, die jenseits gesellschaftlicher Konventionen liegen.

Die Kritik am Militär

  • Kritische Reflexion: Schnitzler nutzt „Leutnant Gustl“, um den militärischen Ehrenkodex kritisch zu reflektieren. Der Protagonist Gustl, der sein Leben nach diesem Kodex ausrichtet, wird mit dessen Absurdität und Lebensfeindlichkeit konfrontiert, als er über Suizid nachdenkt, um seine Ehre zu wahren.
  • Infragestellung der Werte: Die Infragestellung des Ehrenkodex durch die Ereignisse der Novelle verdeutlicht die Brüchigkeit und Anachronismen der militärischen Werte in einer sich wandelnden Gesellschaft. Gustls innere Konflikte und seine schlussendliche Erleichterung, als er vom Tod des Bäckermeisters erfährt, zeigen, dass die strengen Ehrenvorstellungen nicht mehr tragfähig sind.
  • Symbol für gesellschaftliche Konflikte: Der militärische Ehrenkodex steht symbolisch für die widerstreitenden Kräfte innerhalb der Gesellschaft, die zwischen Tradition und Moderne, Individuum und Kollektiv sowie Authentizität und Fassade schwankt.

In „Leutnant Gustl“ nutzt Schnitzler die persönliche Krise eines einzelnen Mannes, um weitreichende Fragen nach der Validität und Humanität gesellschaftlicher und militärischer Normen zu stellen. Die Novelle ist somit nicht nur eine psychologische Studie eines Individuums, sondern auch eine zeitlose Kritik an den Mechanismen sozialer Kontrolle und den damit verbundenen menschlichen Kosten.

„Leutnant Gustl“ – Epoche: Wiener Moderne

„Leutnant Gustl“ ist fest in der Epoche der Wiener Moderne verankert, einer Zeit des kulturellen und gesellschaftlichen Umbruchs in der österreichisch-ungarischen Monarchie um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Diese Periode war geprägt von einer intensiven Auseinandersetzung mit den Themen Identität, Moral und Psychologie, die in der Literatur, Kunst und Philosophie dieser Zeit ihren Ausdruck fanden.

  • Gesellschaft im Wandel: Die Wiener Moderne spiegelt eine Gesellschaft im Wandel wider, die mit den Herausforderungen der Modernisierung, Urbanisierung und den sozialen Veränderungen ringt. Schnitzlers Werk fängt diese Übergangsphase ein, in der traditionelle Werte und soziale Ordnungen hinterfragt und oft als überholt empfunden wurden.
  • Psychologisierung: Ein kennzeichnendes Merkmal dieser Epoche ist die zunehmende Psychologisierung der Literatur. Inspiriert von den Erkenntnissen Sigmund Freuds, erforschten Schriftsteller wie Schnitzler die Tiefen der menschlichen Psyche, die Ambivalenzen des Bewusstseins und die Komplexität menschlicher Emotionen und Motivationen.
  • Kritik an Autoritäten: In der Wiener Moderne findet sich häufig eine kritische Auseinandersetzung mit Autoritäten und Institutionen, einschließlich der Militärhierarchie, der Kirche und der bürgerlichen Moralvorstellungen. „Leutnant Gustl“ ist ein Paradebeispiel für diese kritische Haltung, indem es die Rigidität und Absurdität des militärischen Ehrenkodexes und dessen Einfluss auf das Individuum hinterfragt.
  • Sprach- und Formexperimente: Die literarischen Werke der Wiener Moderne zeichnen sich durch experimentelle Erzählformen und eine innovative Sprachverwendung aus. Schnitzlers Entscheidung, die gesamte Novelle als inneren Monolog zu gestalten, ist beispielhaft für die formale Experimentierfreude dieser Zeit, die darauf abzielte, neue Wege der Darstellung innerer Realitäten zu erschließen.
  • Ambivalenz und Dekadenz: Die Literatur der Wiener Moderne ist durchzogen von Gefühlen der Ambivalenz und Dekadenz, die sich in einer tiefgreifenden Skepsis gegenüber dem Fortschritt und den Errungenschaften der Moderne äußern. „Leutnant Gustl“ reflektiert diese Ambivalenz, indem es die Zerrissenheit des Einzelnen zwischen traditionellen Werten und der Suche nach individueller Authentizität darstellt.

„Leutnant Gustl“ – Arthur Schnitzler

arthur schnitzlerArthur Schnitzler (1862–1931) war ein österreichischer Schriftsteller und Arzt, der als einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Moderne gilt. Sein Werk ist geprägt von einer tiefen Auseinandersetzung mit den Themen Sexualität, Tod und den psychologischen Untiefen des menschlichen Bewusstseins.

  • Medizinischer Hintergrund: Schnitzlers medizinische Ausbildung und Praxis als Arzt beeinflussten sein literarisches Schaffen erheblich. Er nutzte sein Verständnis der menschlichen Psyche, um die komplexen emotionalen und psychologischen Zustände seiner Charaktere zu erforschen.
  • Literarische Themen: In Schnitzlers Werken finden sich wiederkehrende Motive der Vergänglichkeit, existentiellen Unsicherheit und sozialen Entfremdung. Er porträtierte das Individuum oft im Konflikt mit den gesellschaftlichen Normen und Konventionen seiner Zeit.
  • Erzähltechniken: Schnitzler war ein Pionier des inneren Monologs und des Stream-of-Consciousness, Techniken, die er in Werken wie „Leutnant Gustl“ und „Fräulein Else“ meisterhaft anwendete. Diese narrative Herangehensweise ermöglichte es ihm, die Subjektivität und Innenschau seiner Charaktere in den Vordergrund zu stellen.
  • Gesellschaftskritik: Schnitzler kritisierte scharf die Doppelmoral und Heuchelei der bürgerlichen Gesellschaft Wiens um die Jahrhundertwende. Seine Werke enthalten oft subtile soziale und kulturelle Kritik, die den Leser dazu einlädt, die moralischen und ethischen Grundlagen der Gesellschaft zu hinterfragen.
  • Kontroversen: Aufgrund seiner offenen Auseinandersetzung mit Sexualität und der kritischen Betrachtung sozialer Konventionen war Schnitzler zu Lebzeiten oft umstritten. Seine Werke wurden teilweise zensiert und er selbst von konservativen Kreisen der Gesellschaft kritisiert.
  • Erbe und Einfluss: Arthur Schnitzler gilt heute als einer der großen Erzähler der Moderne. Sein Werk hat nicht nur die Literatur, sondern auch das Theater und das Kino beeinflusst. Schnitzlers Fähigkeit, die Tiefen der menschlichen Seele zu ergründen und gleichzeitig die Brüchigkeit der sozialen Fassaden zu entlarven, macht ihn zu einem zeitlosen Autor, dessen Themen und Fragestellungen bis in die Gegenwart relevant bleiben.

„Leutnant Gustl“ – Häufige Fragen

Was ist das Hauptthema in „Leutnant Gustl“?

Das Hauptthema in „Leutnant Gustl“ ist die Kritik am militärischen Ehrenkodex und die damit verbundenen gesellschaftlichen Konventionen. Es geht um die innere Krise und Selbstreflexion eines jungen Offiziers, der nach einer öffentlichen Demütigung mit den starren und überholten Wertvorstellungen seiner Zeit konfrontiert wird.

Warum ist „Leutnant Gustl“ ein bedeutendes Werk der Literatur?

„Leutnant Gustl“ gilt als bedeutendes Werk der Literatur, weil es innovative narrative Techniken wie den inneren Monolog und den Stream-of-Consciousness verwendet, um psychologische Tiefe und gesellschaftskritische Perspektiven zu vermitteln. Es spiegelt zudem die kulturellen und sozialen Umbrüche der Wiener Moderne wider und stellt tradierte Wertvorstellungen in Frage.

Wie endet „Leutnant Gustl“?

„Leutnant Gustl“ endet mit einer unerwarteten Wendung, als Gustl erfährt, dass der Bäckermeister, der Grund für seine Krise, plötzlich verstorben ist. Diese Nachricht befreit Gustl von dem Druck, den Vorfall öffentlich zu machen oder Suizid zu begehen, um seine Ehre zu wahren, lässt ihn aber auch über die Absurdität seines bisherigen Wertesystems nachdenken.

Welche Erzähltechnik verwendet Schnitzler in „Leutnant Gustl“?

Schnitzler verwendet in „Leutnant Gustl“ die Erzähltechnik des inneren Monologs. Diese Technik ermöglicht einen tiefen Einblick in Gustls Gedanken und Gefühle und illustriert seine innere Zerrissenheit und den Konflikt zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Erwartungen.

Was sagt „Leutnant Gustl“ über die österreichisch-ungarische Gesellschaft aus?

„Leutnant Gustl“ bietet eine scharfe Kritik an der österreichisch-ungarischen Gesellschaft, insbesondere an deren militärischen und bürgerlichen Werten. Die Novelle beleuchtet die Rigidität des Ehrenkodexes, die Oberflächlichkeit sozialer Interaktionen und die Isolation des Einzelnen innerhalb der gesellschaftlichen Konventionen.

Inwiefern ist „Leutnant Gustl“ heute noch relevant?

„Leutnant Gustl“ bleibt relevant, da es Themen wie die Konstruktion von Identität, die Bedeutung von Ehre und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen behandelt. Diese universellen Fragen der menschlichen Existenz und die Kritik an starren Wertesystemen sind auch in der heutigen Zeit von Bedeutung.

Literatur und Links

  • Markus Schwahl: Arthur Schnitzler, Leutnant Gustl/Traumnovelle. Oldenbourg Textnavigator für Schüler – Inhaltsangabe, Analyse des Textes und Abiturvorbereitung. Oldenbourg, München 2011
  • Ursula Renner: Dokumentation eines Skandals. Arthur Schnitzlers „Lieutenant Gustl“. In: Hofmannsthal-Jahrbuch 15/2007, S. 33–216
  • Seite „Lieutenant Gustl“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. September 2023, 07:13 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lieutenant_Gustl&oldid=237159541 (Abgerufen: 26. März 2024)

„Leutnant Arthur Schnitzler - Leutnant Gustl“ – Buch

Arthur Schnitzler.
Leutnant Gustl.
Erstdruck: Neue Freie Presse (NFP), Weihnachtsbeilage, Wien 1900.
Erstausgabe als Buch: S. Fischer Verlag, Berlin 1901.

Vollständige Neuausgabe, Göttingen 2018.
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag

ISBN: 3965420755
EAN: 9783965420755
Paperback 28 Seiten

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Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 22. Juni 2024