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Moderne (Epoche)

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Die Moderne in der deutschsprachigen Literatur markiert eine Epoche des umfassenden Umbruchs, die durch das Aufbrechen traditioneller Erzählstrukturen und das Erschließen neuer literarischer Ausdrucksformen gekennzeichnet ist.

Definition Moderne (Literatur)

Die Moderne ist eine Literaturepoche, die durch Innovationen in Form und Inhalt, eine verstärkte Fokussierung auf die subjektive Perspektive und eine Auseinandersetzung mit den tiefgreifenden Veränderungen der Gesellschaft gekennzeichnet ist. Diese literarische Phase betont die Darstellung von Brüchen und die kritische Reflexion über die Moderne.

Moderne – Podcast über Thomas Mann

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Moderne Epoche – geschichtlicher Hintergrund

Die literarische Moderne im deutschsprachigen Raum ist eng mit den sozialen, politischen und kulturellen Umwälzungen der Zeit verbunden. Diese Periode ist durch den Einfluss tiefgreifender historischer Ereignisse wie der beiden Weltkriege und der raschen Industrialisierung geprägt.

  • Beginn der Moderne: Markiert durch das Aufkommen neuer Technologien und die Urbanisierung Ende des 19. Jahrhunderts.
  • Einflüsse der Wissenschaft: Revolutionäre Theorien wie Einsteins Relativitätstheorie und Freuds Psychoanalyse beeinflussten das Weltbild und die künstlerischen Ausdrucksformen erheblich.

Die sich ändernden Lebensbedingungen und das zunehmende Tempo des Alltags spiegelten sich in einer neuen Art des literarischen Ausdrucks wider, die versuchte, die Komplexität und Mehrdeutigkeit der modernen Existenz zu erfassen.

  • Weimarer Republik: Eine Zeit der kulturellen Blüte und gleichzeitig politischer Unsicherheit, die viele wichtige literarische Werke hervorbrachte.
  • Nachkriegszeit und Exil: Viele Schriftsteller reagierten auf die traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und der späteren Machtergreifung der Nationalsozialisten mit Werken, die eine tiefgehende Desillusionierung und Kritik an der modernen Zivilisation thematisierten.

Diese Epoche erlebte eine Vielzahl von literarischen Experimenten und eine Abkehr von traditionellen Erzählformen, um die veränderten Wahrnehmungen und Erfahrungen der modernen Welt adäquat darstellen zu können.

Moderne (Literatur) Merkmale – Welt- und Menschenbild

Die literarische Moderne zeichnet sich durch ein komplexes Welt- und Menschenbild aus, das stark von den Unsicherheiten und der Zerrissenheit der Zeit beeinflusst wird. Diese Epoche reflektiert die tiefgreifenden Veränderungen in der Wahrnehmung der Welt und des Selbst.

  • Fragmentierung: Die Literatur der Moderne spiegelt eine fragmentierte Weltanschauung wider, in der lineare Erzählungen und kohärente Identitäten aufgelöst werden.
  • Subjektivität: Ein Schlüsselmerkmal ist die Betonung der subjektiven Erfahrung und Perspektive, die oft durch Techniken wie den Bewusstseinsstrom dargestellt wird.

In dieser Epoche wird das Individuum oft als isoliert oder entfremdet von der Gesellschaft dargestellt, was eine tiefgehende Untersuchung der menschlichen Psyche und ihrer Komplexitäten nach sich zieht.

  • Relativismus: Die Moderne zeichnet sich durch einen erkenntnistheoretischen Relativismus aus, der absolute Wahrheiten in Frage stellt und multiple Perspektiven gleichzeitig zulässt.
  • Existenzialismus: Fragen nach dem Sinn des Lebens und der Existenz des Einzelnen in einer scheinbar gleichgültigen oder feindlichen Welt sind zentral.

Diese Merkmale prägen die literarischen Werke der Moderne, die versuchen, die veränderte Realität des 20. Jahrhunderts und die neue Rolle des Individuums in einer sich schnell wandelnden Welt darzustellen.

Moderne: Merkmale – Strömungen, Themen und Motive

Die Moderne zeichnet sich durch eine Vielzahl literarischer Strömungen aus, die jeweils ihre eigenen Themen, Motive und Stilmittel entwickeln, um die Komplexität der modernen Welt darzustellen. Diese Strömungen, von Impressionismus bis Dekadenz, nutzen unterschiedliche Techniken, um die subjektive Erfahrung der Realität zu erfassen und die oft brüchige Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft zu erforschen.

Impressionismus

Themen und Motive

  • Alltägliche Begebenheiten
  • Persönliche Wahrnehmung und Stimmungen
  • Flüchtigkeit und Vergänglichkeit

Stilmittel und Textformen

  • Detaillierte Beschreibung von Licht und Farbe
  • Skizzierende, unvollständige Darstellung
  • Fokus auf Sinneseindrücke

Typische Vertreter

Expressionismus

Themen und Motive

  • Städtische Isolation und Entfremdung
  • Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft
  • Angst, Wahnsinn, Tod

Stilmittel und Textformen

  • Verzerrung und Übertreibung
  • Symbolische und allegorische Darstellung
  • Sprachliche Innovation und Experimente

Typische Vertreter

Dadaismus

Themen und Motive

  • Ablehnung der etablierten Kunst und Kultur
  • Absurdes und Irrationales
  • Gesellschaftskritik und politische Satire

Stilmittel und Textformen

  • Montage und Collage
  • Sprachspiele und Wortzerlegungen
  • Einsatz von Zufallstechniken

Typische Vertreter

  • Hugo Ball, Kurt Schwitters, Hans Arp

Jugendstil

Themen und Motive

  • Schönheit und Ästhetik
  • Natur und organische Formen
  • Mystik und Erotik

Stilmittel und Textformen

  • Ornamentale und dekorative Elemente
  • Fließende, natürliche Linienführung
  • Vereinigung von Text und Bildkunst

Typische Vertreter

Symbolismus

Themen und Motive

  • Das Unbewusste und Traumhafte
  • Spirituelle und mystische Themen
  • Entfremdung und Melancholie

Stilmittel und Textformen

  • Symbolische Sprache und Mehrdeutigkeit
  • Komplexe Metaphern und Symbole
  • Dichte, musikalische Textgestaltung

Typische Vertreter

  • Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke

Ästhetizismus

Themen und Motive

  • Kunst um der Kunst willen
  • Elite und Dekadenz
  • Flucht aus der Realität

Stilmittel und Textformen

  • Verfeinerung der Sprache
  • Betonung der Form über den Inhalt
  • Kunstvolle, oft manierierte Prosa

Typische Vertreter

  • Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke

Neuromantik

Themen und Motive

  • Sehnsucht und Idealismus
  • Naturverbundenheit und Landschaftsdarstellung
  • Innerlichkeit und Seelenleben

Stilmittel und Textformen

  • Emotionale, bildhafte Sprache
  • Rückgriff auf romantische Motive
  • Lyrische und elegische Formen

Typische Vertreter

Dekadenz

Themen und Motive

  • Dekadenz und Verfall
  • Exzess und Sittenverfall
  • Zynismus und Pessimismus

Stilmittel und Textformen

  • Elaborierte, oft überladene Sprache
  • Darstellung von Tabus und Exzessen
  • Ironische und satirische Elemente

Typische Vertreter

  • Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Stefan George

Moderne – Gattungen und wichtige Vertreter

Epik

In der Epik der Moderne werden traditionelle Erzählstrukturen oft aufgebrochen, um die innere Realität der Charaktere und die Fragmentierung der modernen Welt darzustellen. Zu den herausragenden Vertretern gehören:

  • Thomas Mann, dessen Romane wie Der Zauberberg (1924) und Buddenbrooks (1901) tief in die Psychologie der Charaktere eintauchen und gleichzeitig eine präzise Gesellschaftsanalyse bieten.
  • Franz Kafka, dessen Werke wie Die Verwandlung (1915) und Das Schloss (1926) durch ihre surreale und oft beklemmende Atmosphäre die Absurdität und die Entfremdung des Individuums in der modernen Gesellschaft verdeutlichen.
  • Robert Musil, dessen unvollendetes Meisterwerk Der Mann ohne Eigenschaften (1930-1943) als einer der bedeutendsten Romane des 20. Jahrhunderts gilt und eine kritische Auseinandersetzung mit den Werten und der Identitätskrise der Moderne darstellt.

Lyrik

Die Lyrik der Moderne zeichnet sich durch eine intensive Nutzung symbolischer Sprache und innovative formale Experimente aus. Wichtige lyrische Stimmen sind:

  • Rainer Maria Rilke, dessen Duineser Elegien (1923) und Die Sonette an Orpheus (1922) die existenziellen Themen der Moderne wie Tod, Vergänglichkeit und die Suche nach einem tieferen Sinn des Lebens erkunden.
  • Georg Trakl, dessen Gedichte durch ihre düstere Symbolik und intensive Bildsprache die innere Zerrissenheit und den Kulturpessimismus der Zeit widerspiegeln.
  • Else Lasker-Schüler, die in ihrer Lyrik expressive Bildsprache mit tiefgründiger emotionaler Ausdruckskraft verbindet und dabei häufig avantgardistische Formen nutzt.

Dramatik

Das moderne Drama reflektiert die Komplexität der menschlichen Psyche und die Brüche in der modernen Gesellschaft. Zu den bedeutenden Dramatikern gehören:

  • Bertolt Brecht, dessen Entwicklung des epischen Theaters und Stücke wie Die Dreigroschenoper (1928) und Mutter Courage und ihre Kinder (1939) politisch engagiert sind und das Publikum zur kritischen Reflexion anregen.
  • Ödön von Horváth, der in Werken wie Geschichten aus dem Wiener Wald (1931) und Kasimir und Karoline (1932) die sozialen Verwerfungen der Zeit mit einer Mischung aus Volksstücktradition und scharfer Gesellschaftskritik darstellt.
  • Marieluise Fleißer, deren Dramen wie Pioniere in Ingolstadt (1928) und Fegefeuer in Ingolstadt (1926) die Unterdrückung und die sozialen Spannungen innerhalb der deutschen Provinzgesellschaft kritisch beleuchten.

Diese Autoren und ihre Werke illustrieren die Vielfalt der Gattungen in der Moderne und zeigen, wie unterschiedlich die literarische Antwort auf die Herausforderungen der Zeit ausfallen kann.

Moderne (Epoche) – wichtige Autoren und Werke

  • Thomas MannDer Zauberberg (1924),  Buddenbrooks (1901)
  • Franz KafkaDie Verwandlung (1915). Das Schloss (1926)1906
  • Robert MusilDer Mann ohne Eigenschaften (1930-1943), Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906)
  • Rainer Maria RilkeDuineser Elegien (1923), Die Sonette an Orpheus (1922)
  • Georg TraklGedichte (wie z.B. Verfall, posthum 1919)
  • Else Lasker-SchülerGesammelte Gedichte (1917)
  • Bertolt BrechtDie Dreigroschenoper (1928), Mutter Courage und ihre Kinder (1939)
  • Ödön von HorváthGeschichten aus dem Wiener Wald (1931), Der ewige Spießer (1930)

Quellen und Links

Siehe auch:

Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 22. Juni 2024