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Postmoderne (Literatur)
Postmoderne als Literaturepoche – verständlich erklärt
Die Postmoderne in der Literatur umfasst eine Periode, in der traditionelle narrative Techniken und Ausdrucksformen in Frage gestellt und häufig durch eine Fragmentierung der Form und eine Verschmelzung von Genres ersetzt werden. Diese literarische Epoche entwickelte sich als Reaktion auf die modernistischen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts und strebt danach, die Grenzen dessen, was in der Literatur möglich ist, neu zu definieren.
Postmoderne Epoche Definition
Die Postmoderne Literatur ist eine literarische Epoche, die sich als Reaktion und Weiterentwicklung auf die Modernistische Literatur, die in den 1920er Jahren vor allem in den USA und Großbritannien prominent wurde, versteht. Charakteristisch für die Postmoderne, die ihren Ursprung in den 1960er Jahren fand und von Theoretikern wie Jean-François Lyotard, Michel Foucault und Jacques Derrida geprägt wurde, sind die Abkehr von linearen Erzählstrukturen und die Vorliebe für Metafiktion, Intertextualität sowie eine oft kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Themen. Der Höhepunkt der Epoche wird grob von den 1990ern bis in die 2010er Jahre datiert.
Postmoderne Übersicht: Das Wichtigste in Kürze
- Zeitraum: Höhepunkt ca. 1990-2010
- Einordnung: Literarische Strömung als Reaktion auf den Modernismus
- Geschichte: Entstand im Kontext gesellschaftlicher und kultureller Umwälzungen
- Weltbild: Skeptisch, subjektiv, betont die Relativität von Wahrheiten
- Themen: Identität, Kulturkritik, Metafiktion, Ironie
- Literatur: Experimentelle Formen, Spiel mit Erzählperspektiven
- Wichtige Vertreter: Patrick Süskind, Daniel Kehlmann, Bernhard Schlink
Postmoderne – Podcast
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Postmoderne Literatur – Geschichtlicher Hintergrund
Die Postmoderne Literatur entstand als Reaktion auf die als starr und begrenzend empfundenen Konventionen des Modernismus. Sie begann sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu entwickeln und erreichte in der deutschsprachigen Literatur in den 1960er Jahren einen ersten Höhepunkt.
- Schriftsteller wie Günter Grass und Uwe Johnson hinterfragten traditionelle Erzählstrukturen und literarische Formen.
- Die Zeit war geprägt von politischen Unruhen und sozialen Veränderungen, was sich in der Literatur durch die Auseinandersetzung mit Identitätskrisen, kultureller Fragmentierung und der Unzuverlässigkeit von Sprache und Bedeutung widerspiegelte.
In den 1970er und 1980er Jahren erlebte die postmoderne Literatur im deutschsprachigen Raum eine neue Stufe der Experimentierfreude.
- Autoren wie Elfriede Jelinek und Peter Handke nutzten Techniken wie Metafiktion, Intertextualität und Pastiche.
- Die Literatur dieser Jahrzehnte betonte die sozialen und politischen Dimensionen stärker, was sie sowohl herausfordernder als auch zugänglicher für ein breiteres Publikum machte.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts und zu Beginn des 21. Jahrhunderts verlagerte sich der Fokus zunehmend auf die Auswirkungen der Globalisierung und die digitale Revolution.
- Werke von Daniel Kehlmann und Juli Zeh reflektierten die Rolle des Individuums in einer vernetzten und technologisch fortgeschrittenen Welt.
- Diese Literatur zeichnete sich durch eine größere Diversität an Stimmen und Perspektiven aus, die globale Spannungen und ein erweitertes Bewusstsein für verschiedene Kulturen und deren Geschichten widerspiegelten.
Postmoderne Literatur – Welt- und Menschenbild
Das Welt- und Menschenbild der postmodernen Literatur ist geprägt von einer grundlegenden Skepsis gegenüber den etablierten Narrativen und Wahrheiten früherer literarischer Epochen. Diese Literatur hinterfragt die Objektivität der Erzählstimme und die Idee einer einheitlichen Realität.
- Texte zeigen oft eine Gesellschaft, die von Ambiguität, Pluralismus und einer Abkehr von universellen Wahrheiten geprägt ist.
- Charaktere sind keine eindeutigen Helden oder Bösewichte, sondern vielschichtige Persönlichkeiten mit widersprüchlichen Motiven.
In der postmodernen Literatur wird oft die Vorstellung eines kohärenten, stabilen Selbst hinterfragt. Stattdessen wird das Individuum als ein sich ständig wandelndes Konglomerat von Identitäten dargestellt, das durch Sprache, Kultur und Medien beeinflusst wird.
- Die Texte fordern die Leser dazu auf, die Art und Weise, wie Geschichten und Charaktere konstruiert werden, kritisch zu reflektieren.
- Techniken wie Metafiktion und narrative Fragmentierung regen die Leserschaft an, aktiv an der Bedeutungskonstruktion teilzunehmen und traditionelle passive Rezeptionsweisen zu hinterfragen.
Epoche der Postmoderne – Literatur und typische Vertreter
Die Epoche der Postmoderne in der Literatur zeichnet sich durch ihre Vielfalt an Stilen und Themen aus, die sich konventionellen Kategorisierungen entziehen. Zu den herausragenden Vertretern gehören deutschsprachige Autoren wie Elfriede Jelinek, Thomas Bernhard, und Peter Handke, die die literarische Szene mit Werken geprägt haben, welche traditionelle Erzählstrukturen aufbrechen.
- Diese Autoren zeichnen sich durch eine starke Neigung zur Metafiktion, Ironie und den spielerischen Umgang mit intertextuellen Bezügen aus.
- Ihre Werke werfen tiefgründige kulturelle sowie philosophische Fragen auf und laden zur Reflexion über die Natur von Geschichten und deren Erzählweisen ein.
Epik in der Postmoderne
In der epischen Literatur der Postmoderne manifestiert sich eine Neigung zur komplexen, nicht-linearen Erzählstruktur und einer intensiven Auseinandersetzung mit der Form selbst. Deutschsprachige Romanautoren wie Christoph Ransmayr und Daniel Kehlmann nutzen eine Vielfalt von Genres und Medien, um ihre Geschichten zu erzählen.
- Oft herrscht eine selbstreflexive Erzählweise vor, die über das Erzählen an sich reflektiert.
- Diese Werke fordern die Leser auf, über die Konstruktion von Geschichten und deren Wirkungen nachzudenken, was zur aktiven Bedeutungskonstruktion einlädt.
Lyrik in der Postmoderne
Die postmoderne Lyrik bricht oft mit traditionellen lyrischen Formen und setzt sich intensiv mit der Sprachgestaltung auseinander. Dichter wie Durs Grünbein und Barbara Köhler nutzen die Lyrik, um die Fragmentierung des Selbst und die Unmöglichkeit, absolute Wahrheiten zu kommunizieren, zu erforschen.
- Werke reflektieren die Zersplitterung persönlicher und gesellschaftlicher Identitäten und nutzen die Sprache, um die Grenzen des Ausdrucks auszuloten.
- Lyriker spielen mit der Form, einschließlich der Verwendung von freien Versen und visuellen Gedichten, um die konventionelle Leseerfahrung zu stören und zu erweitern.
Dramatik in der Postmoderne
In der postmodernen Dramatik wird das traditionelle Theater oft durch das Brechen der vierten Wand, durch Meta-Theatralität und durch ein Spiel mit verschiedenen Realitätsebenen herausgefordert. Dramatiker wie Botho Strauß, Dea Loher und Elfriede Jelinek haben Werke geschaffen, die nicht nur die Struktur des Dramas selbst hinterfragen, sondern auch die Erwartungen des Publikums an das Theatererlebnis.
- Diese Stücke nutzen Paradoxien, absurden Humor und eine direkte Ansprache des Publikums, um traditionelle Vorstellungen von Charakter, Handlung und Zeit zu untergraben.
- Das postmoderne Theater ist ein Ort der experimentellen Formgebung und der tiefen inhaltlichen Auseinandersetzung, was es zu einem dynamischen und oft provokativen Bestandteil der postmodernen Literatur macht.
Durch diese verschiedenen Ausdrucksformen bietet die Postmoderne ein reichhaltiges Feld literarischer Experimente und tiefgehender Reflexionen, die die Grundannahmen über Literatur, ihre Formen und ihre Wirkungen ständig in Frage stellen und neu definieren.
Wichtige Autoren und Werke der Postmoderne (Literatur)
- Juli Zeh: „Corpus Delicti“ – Erstveröffentlichung 2009
- Daniel Kehlmann: „Die Vermessung der Welt“ – Erstveröffentlichung 2005
- Bernhard Schlink: „Der Vorleser“ – Erstveröffentlichung 1995
- Christian Kracht: „Faserland“ – Erstveröffentlichung 1995
- Patrick Süskind: „Das Parfüm“ – Erstveröffentlichung 1985
- Elfriede Jelinek: „Die Klavierspielerin“ – Erstveröffentlichung 1983, „Lust“ 1985
- Sten Nadolny: „Die Entdeckung der Langsamkeit“ 1983
- Botho Strauß: „Paare, Passanten“ 1981
Quellen und Links
- Wolfgang Beutin u. a.: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 9., aktualisierte und erweiterte Aufl. 2019. Metzler, Stuttgart.
- Albert Meier: Neuere deutsche Literaturgeschichte. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 2023. (Abgerufen: 21. Juni 2024)
- Helmut de Boor und Richard Newald: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Beck, München 1971 ff
- Seite „Epoche (Literatur)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Oktober 2023, 04:39 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Epoche_(Literatur)&oldid=237886605 (Abgerufen: 21. Juni 2024)
- Prof. Dr. Volker Frederking: Literarische Epochen, in ARD alpha, Stand: 22.11.2016 URL: https://www.ardalpha.de/lernen/alpha-lernen/faecher/deutsch/6-literarische-epochen-literatur100.html (Abgerufen: 21. Juni 2024)
Siehe auch:
Verfasst von Thomas Löding, LIWI Blog, zuletzt aktualisiert am 22. Juni 2024